Once Upon a Time … in Hollywood

Originaltitel: Once Upon a Time … in Hollywood
Erscheinungsjahr: 2019
Regie: Quentin Tarantino
Erscheinungstermin: Seit dem 15. August 2019 im Kino

Besetzung von Once Upon a Time … in Hollywood

Leonardo DiCaprio, Brad Pitt, Margot Robbie, Emile Hirsch, Margaret Qualley, Timothy Olyphant, Julia Butters, Austin Butler, Dakota Fanning, Bruce Dern, Mike Moh, Luke Perry, Damian Lewis, Al Pacino, Nicholas Hammond

Die Handlung von Once Upon a Time … in Hollywood

Wir befinden uns im Los Angeles von 1969, zu einer Zeit, als alles im Umbruch ist. Auch TV-Star Rick Dalton (Leonardo DiCaprio) und sein langjähriges Stunt-Double Cliff Booth (Brad Pitt) müssen sich in einer Branche zurechtfinden, die sie kaum mehr wiedererkennen.

Filmkritik zu Once Upon a Time … in Hollywood

Endlich war es wieder soweit. Zum vielleicht vorletzten Mal (wer weiß das beim Meister schon so genau) kam ein neuer Film von Quentin Tarantino ins Kino. Nach seinen beiden Ausflügen in den Wilden Westen ging es nun nach L.A. im Jahr 1969. Klar war das sich die Handlung irgendwie um Sharon Tate, die damalige Ehefrau von Regisseur Roman Polanski drehen sollte, genauer um ihren bestialischen Mord durch einige Mitglieder der Sekte um Charles Manson. Herausgekommen ist das, ganz Tarantino, irgendwie doch wieder etwas anderes. Erwartungen? Was ist das?

It’s official old buddy, I’m a has-been.

In der ersten Stunde, der mit 161 Minuten recht stattlichen Laufzeit, verbringen wir die meiste Zeit mit dem Tagewerk von dem dahinscheidenden Schauspieler Rick Dalton und seinem Kumpel und Helfer Cliff Booth. Margot Robbie als Sharon Tate bekommt erst spät im Film etwas mehr Spielzeit und die Menge ihrer Dialoge ist ähnlich begrenzt wie einst beim Terminator. Dennoch schafft Tarantino es auch ihre Figur recht gut zu beleuchten.

Der Cowboy…

Hauptsächlich widmet er sich aber den Figuren von Leonardo DiCaprio und Brad Pitt. Vor allem von Rick Daltons Alltag sieht man sehr viel. Mitunter könnte man meinen, man schaut plötzlich einen gänzlich anderen Film. Das ist immer dann der Fall, wenn die Dreharbeiten am Set von Daltons neuem Film gezeigt werden. Denn Dalton, ehemals Hauptdarsteller in der sehr erfolgreichen Western Serie „Bounty Law“, hat eine Rolle in der Westernserie „Lancer“ ergattert. Doch Dalton ist alles andere als gefestigt, hat mit Alkoholproblemen und Selbstzweifeln zu kämpfen. In dieser Rolle brilliert Leonardo DiCaprio. Er verkörpert Dalton nahezu perfekt. Er weiß genau wie er seine Stimmungsschwankungen darstellen muss und ihm gelingt es, diese nicht ganz einfache Figur perfekt in den Film zu integrieren.

… der Stuntman …

Auf der anderen Seite ist dann Cliff Booth, der Stuntman den Brad Pitt darstellt. Er ist ein gänzlich anderer Charakter als Dalton. Booth hat sich komplett damit arrangiert die zweite oder dritte Geige zu spielen. Der Job als Stuntman und Handlanger (Fahrer, Mechaniker, Haushaltshelfer) von Dalton ist ihm genug. Er genießt das Leben und wirkt komplett mit sich im Reinen. Pitt gelingt hier der Figur die nötige Ruhe zu geben, ohne dabei zu vergessen das man jederzeit damit rechnen kann, dass der stille Vulkan urplötzlich explodiert. Denn Booth war vor seiner Stuntman-Phase im Krieg, kennt sich mit Kampftechniken aus und ist, auch für seinen Job, nach wie vor perfekt durchtrainiert. Um all das zu illustrieren baut Tarantino einen Rückblick zu einer Auseinandersetzung zwischen Booth und niemand geringerem als Bruce Lee ein. Diese doch eher kurze aber prägnante und sehr lustige Sequenz (u.a. mit Gastauftritten von Kurt Russel und Zoë Bell) fasst die ganze Figur Booth fast perfekt zusammen.

… und der Engel

Margot Robbie hat hingegen einen deutlich anderen Job mit der Darstellung von Sharon Tate. Da es ihr etwas an prägnanten Szenen mangelt, muss sie sich in der Handvoll Set-Pieces bestmöglich darstellen. Herausstechend ist dabei eine Sequenz in der sie, quasi unerkannt, eine Kinovorstellung ihres eigenen Films „The Wrecking Crew“ besucht. Hier gießt sie alles hinein was sie hat und heraus kommt das bestmögliche Abbild von Sharon Tate.

Back to the roots

„Once Upon a Time … in Hollywood“ besteht aus jeder Menge grandioser Einzelsequenzen. In seiner Episodenhaftigkeit erreicht der Film vermutlich erstmals seit „Pulp Fiction“ wieder diese Art der Filmstruktur bei Tarantino. Die Handlung springt munter hin und her zwischen den Protagonisten. Da auch Booth und Dalton den Tag nicht zusammen verbringen (weil er den Stuntman Job bei der neuen Serie nicht bekommt) erlebt jeder seine eigene kleine Storyline. Zusammengehalten und aufgelockert werden diese Handlungsstücke immer wieder von längeren Sequenzen in denen mal minutenlang durch L.A. gefahren wird, untermalt von Musik. Aber auch die teils sehr langen Sequenzen am Set von Daltons neuer Serie erscheinen teils als völlig Handlungsunabhängig. Erst mit fortschreitender Handlung stellt sich heraus, dass diese ein wichtiger Schritt in der Ausarbeitung des Charakters sind.

You know, you’re kinda pretty for a stuntman.

Eingefasst ist das alles in einer perfekten Abbildung der ausgehenden 60er Jahre. Ausgeschmückt mit Fake-Werbeclips, Fake-Filmpostern, Radioeinspielern, jeder Menge Oldtimern, viel Zigarettenqualm und Hippies.

Jede der Figuren hat zudem auf die eine oder andere Art und Weise Kontakt mit dem Kult um Charles Manson. Mancher sogar mit dem „Teufel“ höchstselbst, andere mit seinen Anhängern. Das intensivste und zugleich wirkungsvollste Aufeinandertreffen erfolgt über Brad Pitts Charakter. Er lernt Pussycat (Margaret Qualley) kennen und bringt sie „nach Hause“ zur Ranch von Manson. Hier dreht Tarantino dann langsam die Spannungsschrauben an, öffnet das Ventil aber auch mal wieder, alles auf seine unnachahmliche Art und Weise. Zudem leitet er nun langsam den letzten Akt ein.

Das Who is Who

„Once Upon a Time … in Hollywood“ vereint ein unnachahmliches Ensemble an Top-Schauspielern vor der Kamera. Neben dem tollen Trio vorne weg geben sich in den Nebenrollen ebenfalls einige bekannte Darsteller die Klinke in die Hand und sei es nur für Mini-Szenen. Timothy Olyphant, Damian Lewis (faszinierend als Steve McQueen), Al Pacino (als Filmproduzent), Lena Dunham (für mich mit die größte Casting Überraschung), Michael Madsen (der mal eine neuartige Rolle für einen Tarantino Film bekommen hat) und Bruce Dern (der nach “The Hateful Eight” erneut einschlägt wie eine Bombe) sowie verschiedene Schauspielkinder: Rumer Willis, Harley Quinn Smith und Maya Hawke.
Wenn Tarantino ruft kommen sie halt alle angelaufen. Schade, dass Tim Roth der Schere zum Opfer fiel. Doch damit war er scheinbar nicht der einzige bzw. seine Szene war zumindest nicht die einzige. Denn ein erster Rohschnitt lief über 4 Stunden. Eine Extended-Version ist bereits gerüchtweise bestätigt. Selbiges gab es ja erst kürzlich auch für „The Hateful Eight“ (neben der damaligen Roadshow Version).

You fuckin‘ hippies came up here to smoke dope on a dark road, huh?

Dabei kann man es wohl niemandem verübeln, wenn er in der ersten Stunde des Films auf die Uhr schaut. Denn die Mischung die der Großmeister hier auftischt wird nicht jedem schmecken. War „Django Unchained“ der zugänglichste Film von ihm, sollte es „Once Upon a Time … in Hollywood“ wohl schaffen den König „Jackie Brown“ vom Thron zu stoßen. Denn wem es nicht gelingt in die Hommage an das Kino der 60er Jahre einzutauchen und sich in erster Linie am „Look and Feel“ zu ergötzen, dem stehen zu Beginn langwierige 60 bis 90 Minuten bevor, bis die Handlung etwas in Gang kommt. Alle anderen, vor allem wohl Film-Nerds und Liebhaber von Bildkomposition gepaart mit einem erstklassigen Soundtrack, werden hingegen jede Szene aufsaugen wie ein Schwamm.

Wie im Märchen

Unvermeidbar ist hingegen das Ende welches hier nur am Rande erwähnt werden sollte. Das der Filmtitel mit „Once upon a time…“ beginnt ist auf jeden Fall nicht nur eine Hommage an Legende Sergio Leone sondern auch ein Indiz dafür, dass hier nicht unbedingt alles der Realität entsprechen muss. Selbst für Leute die mit dem Rest des Films nicht viel anfangen können aber es trotzdem bis zum Ende schaffen, sollte das Finale ein mehr als befriedigender Gewaltexzess sein… und zwar im aller positivsten Sinne.

Falls wir wirklich nur noch einen Film von Quentin Tarantino bekommen werden, ist es wohl unwahrscheinlich das er „Once Upon a Time … in Hollywood“ toppen wird. Zwar kommt er mit diesem, von ihm bescheiden „magnum opus“ genannt, nicht ganz an seine besten Filme heran. Doch er ist wieder einmal nahe an der Perfektion angelangt. Hier und da vielleicht etwas zu ausschweifend verspielt, dafür aber wohl noch nie so toll bebildert. Wer weiß was die verlängerte Fassung in ein paar Jahren noch zu bieten haben wird. Bis dahin haben wir eine gute:

Filmbewertung: 9/10