Django Unchained

Django Unchained
Originaltitel: Django Unchained – Erscheinungsjahr 2012 – Regie: Quentin Tarantino

Darsteller: Jamie Foxx, Leonardo DiCaprio, Christoph Waltz, Samuel L. Jackson, Jonah Hill, Kerry Washington, Amber Tamblyn, Walton Goggins, Zoe Bell, James Remar, Don Johnson, Tom Savini, Franco Nero, Bruce Dern, M.C. Gainey, Michael Parks

Filmkritik: Angesiedelt in den Südstaaten, zwei Jahre vor dem Bürgerkrieg, erzählt Quentin Tarantino mit seinem neusten Werk die Geschichte von Django (Jamie Foxx), einem Sklaven, dessen brutale Vergangenheit mit seinen Vorbesitzern dazu führt, dass er dem deutschstämmigen Kopfgeldjäger Dr. King Schultz (Christoph Waltz) Auge in Auge gegenübersteht. Schultz verfolgt gerade die Spur der mordenden Brittle-Brüder und nur Django kann ihn ans Ziel führen. Der unorthodoxe Schultz sichert sich daher Djangos Hilfe, indem er ihm verspricht, ihn zu befreien, nachdem er die Brittles gefangen genommen hat – tot oder lebendig. Nach erfolgreicher Tat löst Schultz sein Versprechen ein und setzt Django auf freien Fuß. Dennoch gehen die beiden Männer ab jetzt nicht getrennte Wege. Stattdessen nehmen sie gemeinsam die meistgesuchten Verbrecher des Südens ins Visier. Während Django seine überlebensnotwendigen Jagdkünste weiter verfeinert, verliert er dabei sein größtes Ziel nicht aus den Augen: Er will seine Frau Broomhilda von Shaft (Kerry Washington) finden und retten, die er einst vor langer Zeit an einen Sklavenhändler verloren hat. Ihre Suche führt Django und Schultz zu Calvin Candie (Leonardo DiCaprio). Candie ist der Eigentümer von „Candyland“, einer berüchtigten Plantage. Als Django und Schultz das Gelände der Plantage unter Vorgabe falscher Identitäten auskundschaften, wecken sie das Misstrauen von Candies Haussklaven und rechter Hand Stephen (Samuel L. Jackson) welcher Ihren wahren Zielen schon bald auf die Schliche kommt…

Nachdem Quentin Tarantino bereits in mehreren seiner bisherigen Filme immer wieder mal mehr („Kill Bill Vol. 2“) mal weniger („Inglourious Basterds“) große Anleihen an das Westerngenre untergebracht hatte, war es nun an der Zeit das er sich endlich seinem eigenen Genre-Werk zuwendet. Doch Tarantino wäre nicht Tarantino wenn es ein stink normaler Genre-Film werden würde.

“I like the way you die boy.”

Angekündigt wurde der Film als ein Western, der mehr ein „Southern“ sei („Posse“), da er zur Zeit der Sklaverei spielt und einen Sklaven in der Hauptrolle des Titelgebenden Django verankert. Aber Tarantino vermengt erneut gänzlich andere Stile in seinem Film. Da erklingen neben den Soundtrack-Tönen aus Filmen wie „Mein Name ist Nobody“ und „Two Mules for Sister Sara“ plötzlich Hip Hop Beats während Jamie Foxx als Django in einem der wenigen Action-Spektakel im Film um sich schießt und viele Szenen schreien Lauthals „Blaxploitation“ von den Dächern.

Doch es gelingt Tarantino nicht immer diesen schönen Erzählfluss zu erzeugen, den er sonst so beherrscht. Seine Filme, wie zuletzt eben „Inglourious Basterds“ bestehen zu großen Teilen aus herausragenden Einzelszenen die mit viel Geschick und einigen erzählerischen Kniffen aus der Trickkiste in eine durchgehend gut erzählte Geschichte gesteckt werden. Bei „Django Unchained“ verzichtet er nun quasi zum ersten Mal auf diesen seinen markigen Erzählstil. Keine Kapiteleinblendungen, keine verbogene Erzählweise (lediglich einmal im Film wird eine Szene mittels Rückblende zu Erklärungszwecken kurz unterbrochen) und nur wenige Rückblenden. Ob er sich sicher war in seinem Script diesmal eine durchgehende Erzählung hinbekommen zu haben oder ob er einfach mal einen Film machen wollte ohne sein fast bekanntestes Markenzeichen, wird im Film nicht klar. Die durchgehende Erzählweise kann man dem Film aber klar absprechen, denn man bekommt erneut viele gute Einzelszenen die aber nicht so gut zusammengehangen wurden wie man es gewohnt ist. Berechtigte Fragen kommen also auf, ob der Tod seiner Stammcutterin Sally Menke im letzten Jahr doch Auswirkungen haben wird auf die Qualität seines weiteren Film-Outputs.

„Calm down. I’m simply a customer trying to conduct a transaction.”

„Django Unchained“ fühlt sich jedoch trotzdem zu fast jeder Zeit an wie ein waschechter Film von Quentin Tarantino. Er fühlt sich allerdings nur sehr selten wirklich wie ein echter Western an. Tarantino lies das Werk edel bebildern und visuell ist ihm durchweg ein Augenschmaus gelungen. Doch er legt dabei nicht immer Wert auf eine gute Western-Atmosphäre. Trotz scheinbar düsterem Settings ist der Film zu weiten Teilen gewohnte lakonisch ironisch und serviert staubtrockenen Humor. Extreme Blutfontänen und übertrieben dick aufgetragene Blutbeutel in den Schusswechseln tun ihr übriges, den Film nicht wirklich roh und brutal sondern Comichaft überzeichnet wirken zu lassen. Auch dies ist eines von Tarantinos Markenzeichen (geworden), was besonders bei den schrägen Figuren aus „Inglourious Basterds“ voll auf ging. Bei „Django Unchained“ hingegen funktioniert dieses schlaksig lakonische nicht immer so perfekt, denn dafür erscheinen diesmal einige der Figuren zu ernst angelegt zu sein und wirken nun in den überzeichneten Szenen teils etwas fremd

Darstellerisch wird erneut ein wahres Feuerwerk an Klasse abgebrannt. Mit den Oscarpreisträgern Christoph Waltz (in einer positiven Hans Landa Gedächtnisrolle) und Jamie Foxx in den Hauptrollen könnte der Film schon kaum besser besetzt zu sein. Es fällt schwer sich den eigentlich geplanten Will Smith in der Hauptrolle vorzustellen (Tarantino schrieb die Rolle mit ihm im Hinterkopf). Die Rolle steht dem etwas markigeren Foxx ziemlich gut und er füllt sie mit jeder Menge Leben, während Waltz in typischer Art und Weise neben ihm chargiert. Die geschwungenen Reden purzeln ihm wie eh und je aus dem Mund das es eine wahre Wonne ist.
Erst etwas später im Film stößt der zweite Schwung Top-Darsteller zum Ensemble dazu. Lenonardo DiCaprio als fieser aber auch nichts wissender Plantagenbesitzer Candie spielt genüsslich gegen seinen Ruf an und Samuel L. Jackson spielt den Schwarzen Skalven Stephen dem DiCaprios Figur aus der Hand frisst ohne dies zu Wissen. Ein tolles Schauspielduo das wunderbar miteinander interagiert.
In den Nebenrollen gibt es Western-Urgesteine wie Bruce Dern, Robert Carradine und Franco Nero, Tarantino Stammpersonal der Marke Michael Parks, Tom Savini und Zoe Bell und tolle Nebenrollen-Gesichter wie James Remar, M.C. Gainey oder Walton Goggins. Wohin man seinen Blick auch richtet, man erblickt immer einen bekannten und passenden Darsteller.

“Gentlemen, you had my curiosity. But now you have my attention.”

Tarantino lässt sich bei „Django Unchained“ Zeit, viel Zeit. Mit knapp 165 Minuten reiht sich der Film bei den längsten Titeln des Filmemachers ein. Und das Werk sollte noch länger sein. Weit über 3 Stunden waren angekündigt. Diesen Umstand merkt man auch, denn mancher Charakter steht die meiste Zeit nur im Hintergrund herum, da seine Handlung auf ein Minimum reduziert oder komplett weggekürzt wurde.
Doch trotzdem durchwandert der Film im Mittelteil auch mal eine kurze Dürre. Nach der packenden Einführung des Duos und einem ersten groben Handlungsfaden, schließt sich dieser bereits viel früher als man es erwarten durfte. Nach knapp einer Stunde erfolgt das erste Aufeinandertreffen mit DiCaprios Figur Candie, eingepackt in einen abstoßenden Mandingo-Kampf. Von nun an tänzeln die Figuren für eine gewisse Zeit lang umher, pinseln sich gegenseitig den Bauch und versuchen sich in die ungleich dynamischeren letzten 45 Minuten des Films zu schleppen. Statt dieses gewiss schwächsten Teil des Films in der Mitte, wünscht man sich stattdessen lieber noch die eine oder andere Hintergrundgeschichte zurück, die ähnlich losgelöst daher kommt wie eine kurze Parodie auf die ersten Mitglieder des Ku-Klux-Klan in der ersten Hälfte des Films. Diese an kurze Comic-Strips erinnernden Sequenzen hatte Tarantino gewiss noch zuhauf im Repertoire doch fielen sie (erst mal) unter den Schneidetisch. Für die Festigung der Charaktere rund um Plantagenbesitzer Candie ist das gewiss die richtige Entscheidung gewesen, so wirkt besonders des Schlussakt noch etwas besser und kräftiger, doch diese kleinen Episoden sind eben nicht ohne Grund ein Markenzeichen des Filmemachers, was ihm in „Django Unchained“ nun leider etwas abgeht.

Man hat das Gefühl mit „Django Unchained“ hat Tarantino versucht ein wenig seinen vorbestimmten Pfad zu verlassen und auch mal neue Dinge zu probieren. Im Kern ist auch „Django Unchained“ ein typischer Film von ihm, mit all seinen Zitaten, Hommagen, Soundtrack-Einschüben und Gastdarstellern. Er hat erneut seine Vision eines Western verfilmt und sich den einen oder anderen Traum erfüllt.
Doch diesmal wurde an den Nahtstellen geschlampt. Die Stücke passen nicht alle perfekt zueinander, an manchen Stellen fehlen sogar größere Teile und manche Teile sind zwar sauber abgestimmt aber zeigen kein spannendes Motiv. Man merkt dem Werk an, dass der sonst so sorgsam vorgenommene Feinschliff anderer Filme von ihm hier nicht derartig perfekt durchgezogen wurde. Es markiert den ersten Film von ihm der in seiner jetzigen Version nicht perfekt ist oder besser ausgedrückt, bei dem noch Verbesserungspotential vorhanden ist. Vielleicht wird es das erste Mal einen Director’s Cut geben, der das Werk nochmal neu strukturiert oder besser umstrukturiert. Bis dahin bleibt festzuhalten: „Django Unchained“ ist ein sehr guter Film, doch es ist diesmal kein Meisterwerk.

Filmbewertung: 8/10