BLADE RUNNER 2049
Originaltitel: Blade Runner 2049 – Erscheinungsjahr: 2017 – Regie: Denis Villeneuve
Erscheinungstermin: Jetzt im Kino
Darsteller: Ryan Gosling, Jared Leto, Harrison Ford, Dave Bautista, Robin Wright, Ana de Armas, Sylvia Hoeks, u.A.
Filmkritik: Was ist nun eigentlich BLADE RUNNER 2049, nachdem so viel Geheimniskrämerei um den Inhalt gemacht wurde? Replikanten, ein Blade Runner (Gosling) der auf eine Verschwörung trifft und dabei auf Deckard (Harrison Ford) trifft. Schurkische Hintermänner, Enthüllungen und Co. Braucht es mehr Inhalt? Ja, nein? Villeneuve fragte per Textbotschaft extra danach, dass man auch ja nicht sein Werk spoilern möge, also lassen wir es mal dabei …
Eine fantastischer Stil
Das Gute zuerst: BLADE RUNNER 2049 sieht richtig gut aus und hört sich zum großen Teil auch richtig gut an. Die langen, eleganten Aufnahmen einer dystopischen Welt, die oft in Farben getauchten Visionen einer Existenz, die nahe am gesellschaftlichen Abgrund steht. All das wirkt wunderbar und bleibt am längsten nach der Sichtung im Hinterkopf … ok, zumindest ist es das Positivste, was nach der Sichtung am längsten im Hinterkopf bleibt.
Der Soundtrack ist ähnelt sehr dem des Erstlings, wurde aber noch elektronischer verzerrt. Melodien wirken gestreckt, unwirklicher und fremdartiger, als noch während der 80er Jahre. Vielleicht soll auch dies zeigen, dass die Menschheit sich nach den Geschehnissen des Originals nicht in die richtige Richtung entwickelt hat?
Generell bietet BLADE RUNNER 2049 verschiedene symbolträchtige Elemente. Mit das wichtigste ist das Wasser. Ob es nun ständig wabernd die Räume der schurkischen Klon-Fabrikanten auftritt, oder gleich in seiner kraftvollsten Form in den Showdown integriert wurde. Auch hier kann Villeneuve auftrumpfen, denn, wie gesagt, wenn es um die generelle Optik und den Stil geht, dann ist er auf der sicheren Seite. Wenn es allerdings um den eigentlichen Inhalt geht …
Blade Runner – Das Big-Budget-DTV-Sequel?
Gleich zu Beginn bekommt der Zuschauer per Texttafel noch einmal die groben Infos aus dem ersten Teil erklärt, damit auch ja jeder weiß, was ein Replikant ist. Dabei ist ohnehin ein jeder aufgeschmissen, der Ridley Scotts Original nicht gesehen hat, so heftig wie das Skript sich oftmals an dessen Geschehnissen anbiedert. Bereits zu Beginn mit Dave Bautista versucht der Streifen einen ähnlichen Moment zu kreieren wie mit Rutger Hauer am Ende des Erstlings. Und dies gelingt so lala. Zumindest besser als viele weitere Elemente.
Denn BLADE RUNNER 2049 geht die aktuelle „World-Building“-Route und wirkt an etlichen Stellen wie AMAZING SPIDER-MAN 2, oder andere Superhelden-Streifen, die krampfhaft die Saat für weitere Storylines legen wollen. Richtig schmerzhaft wird dies dadurch, dass zahlreiche der philosophischen Ansätze durchaus interessant sind, dann jedoch im Zuge der epischen Erzählung durch immer weitere Twists und Enthüllungen schnell beiseite gedrängt werden.
Ryan Gosling darf ein wahres Meer an Gefühlen durcharbeiten, während er – mehr oder weniger – von einem Set-Piece zum nächsten stolpert. Dass man dabei ohne Probleme gut eine halbe Stunde hätte entfernen können, ist ebenfalls ein Problem. Denn, wie gesagt, etliche Sequenzen sind einzig und allein dafür da, um anscheinend im nächsten Teil ihren Payoff zu haben.
Wenn man jetzt ganz gemein wäre, könnte man sogar sagen, dass BLADE RUNNER 2049 sich wie eine Multi-Millionen-Dollar-DTV-Fortsetzung anfühlt. Texttafel für alle die Teil 1 verpasst haben? Check! Massiver Ideenklau beim Original, beziehungsweise „Fan-Service“? Check! Sequelbait, um bei einem Erfolg gleich weiter zu machen? Check! Eine kleinere Rolle für den Hauptdarsteller des Erstlings, bei der dieser oft einfach rumsitzt? Check, Check und Check die Dritte!
Figuren zum Aussortieren – Cartoon-Schurken-Alarm!
Übel wird es auch, wenn man sich mal die Figuren anschaut. Die besten Aspekte von BLADE RUNNER 2049 bestehen einer kompletten Nebenhandlung, die ziemlich exakt Spike Jonze‘ HER kopiert, aber wenigstens etliche Momente variiert. Das Problem ist jedoch, dass all dies zwar mit das Beste ist, was BLADE RUNNER 2049 zu bieten hat, aber eben nicht nur nicht neu ist, sondern auch hier wieder ständig überfahren wird von der krampfhaft epischen Handlung.
Ein absoluter Schlag ins Gesicht der differenzierten Figuren von Ridley Scotts Original sind die „Schurken“. Gab es beim ersten BLADE RUNNER eigentlich nur Grauzonen, so darf sich hier Jared Leto mit seiner Bitch-Bot-2000 Untergebenen – die „Luv“ heißt, because it’s deep and shit – durch einige Szenen chargieren, die manchem Zeichentrick-Bösewicht zu dick aufgetragen wären. Dass sein Plan dabei sogar kaum bis gar keinen Sinn macht, ist ein willkommener Bonus, genauso wie der Faktor, dass „Luv“ mit ihrer penetranten Art oftmals unangenehm an Kate Beckinsales Figur aus dem TOTAL RECALL-Remake erinnert. Autsch.
Wenn dann schließlich Harrison Ford für dreieinhalb Szenen vorbeischaut, ist BLADE RUNNER 2049 bereits über all seine Story-Stränge gestolpert. Die letzten Offenbarungen werden dabei mit einem leichten Schulterzucken wahrgenommen. Frei nach dem Motto: Fortsetzung folgt, oder was auch immer.
Fazit: BLADE RUNNER 2049 ist das Paradebeispiel für einen cineastischen Blender. Eine gekonnte Inszenierung und ein charmanter Stil machen leider noch keinen gelungenen Film. Warum der Streifen aktuell so gut ankommt? Gute Frage, nächste Frage. Es wäre schwer dafür eine Ansage zu geben, ohne komplett menschenfeindlich zu wirken. BLADE RUNNER 2049 ist vielleicht so etwas wie ein Kinderbuch für eine neue Generation von Zuschauern. Quasi „Babys erste Dystopie“, oder so, bei der eben zahlreiche Elemente im Einmal-Alles-Mix vorkommen, ohne jedoch sinnvoll vertieft zu werden.
Ganz abgesehen davon: Wir leben nun in einer Welt, die eine Fortsetzung zu BLADE RUNNER hat, welche voll ist von Sequelbait und einer klaren Gut- und Böse-Einteilung. Was für eine schöne neue Welt …
Filmbewertung 5 von 10
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