Die Mumie

Die Mumie
Originaltitel: The Mummy – Erscheinungsjahr: 2017 – Regie: Alex Kurtzman

Erscheinungstermin: Ab 8. Juni

Darsteller: Tom Cruise, Annabelle Wallis, Sofia Boutella, Russel Crowe, u.A.

Filmkritik: Es tut echt weh diese Kritik zu schreiben. Ok, zugegeben, nicht so weh wie den Film zu sehen, aber … Was war denn das? Ganz ernsthaft: Was war die Idee, Universal, jenseits von „Wir wollen ein ‚Dark Universe‘ mit unseren Monster-Figuren etablieren!“?!? Das allumfassende Problem von „Die Mumie“ ist ganz einfach: Es gibt ein paar großangelegte Actionszenen, es gibt ein paar Horrorsequenzen mit durchaus gut aussehenden Kreaturen, dann gibt es Buddy-Comedy-Humor und so etwas wie eine Liebesgeschichte. Ach ja, und eine geheimnisvolle Organisation sammelt mysteriöse Monstersachen überall auf der Welt, damit wir auch einen Dreh- und Angelpunkt für die weiteren Teile des „Shared Universe“ haben.

Dabei wirken die Humor-Momente wie zwanghaft von der 1999er Mumie transplantiert, nur ohne den Charme. Die Horror-Sequenzen fokussieren sich überraschender-(und angenehmer)-weise oft auf gut aussehende Zombies, aber haben leider viel PG-13-Jumpscares. Die Action läuft ab wie bei einem „Mission: Impossible“-Streifen, aber jenseits von drei, vier Setpieces stehen diese im Kontrast zum deutlich düstereren restlichen Werk. Eine Liebesgeschichte zwischen einer Archäologin, die absolut gar nichts tut, außer gerettet zu werden (Annabelle Williams) und einem Soldaten/Grabräuber (Tom Cruise) gibt es auch. Doch die Chemie zwischen der 32 jährigen Blondine und dem fast 55 Jahre alten Cruise stimmt so gar nicht.

Ladies und Gentleme: Bitte schnallen Sie sich an, denn „Die Mumie“ ist ziemlich holprig.

 

Figuren, die blasser sind als das Titelmonster

Überhaupt bleiben die Figuren auch komplett blass. Wenn die titelgebende Mumie die besten Sprüche im Film hat, dann sollten sich die rund sechs verschiedenen Drehbuchschreiber schon mal Sorgen machen. Universal wollte mit „Die Mumie“ so krampfhaft jede mögliche Zielgruppe befriedigen, dass sie sich damit zwischen alle Stühle gesetzt haben.

Am interessantesten ist noch Russel Crowe als Dr. Jekyll, der die geheime Monster-Behörde leitet und für einen – von der Idee her – ganz netten Schlenker in der Handlung sorgt, der allerdings ebenfalls viel zu kurz abgefrühstückt wird. Nein, Universal, nur weil zwei Dialogszenen aufeinander folgen, muss die zweite nicht gleich während eines Kampfs geschehen. Das garantiert nämlich nicht für die Aufmerksamkeit des Publikums, sondern maximal deren steigende Apathie.

Hoffentlich speichert jemand die gut aussehenden CGI-Zombies auf seinem Rechner ab und macht damit einen eigenen Film …

Zumindest die Zombies sind cool … Größtenteils …

Zumindest kann man der „Mumie“ nicht vorwerfen, dass sie nicht kurzweilig ist. Und, bei aller Negativität, manche Einzelsequenzen sind gelungen. Wenn etwa die Mumie etwa die Lebensenergie von ein paar Polizisten aussaugt – „Lifeforce“-Style – und diese zu ihren Untergebenen macht, so ist das überraschend atmosphärisch. Auch die folgende Actionszene in einer alten Kirche samt anschließender Verfolgungsjagd, bei der ständig Untote abgeschüttelt werden müssen, ist cool.
(Apropos geklaute Szenen: Tom Cruise erscheint sein getöteter Freund immer wieder in Visionen und mit jedem Mal ist er – PG-13, wenn nicht PG gültig – weiter verwest. Ist das hier auch ein Remake von „American Werewolf In London“?!?)

„Sie hatten eine Monster-Version von Marvels Crossover-Behörde ‚S.H.I.E.L.D.‘ geordert, Sir?“

Quo vadis, Dark Universe?!?

Generell sind die Szenen im Monster-Behörden-Hauptquartier interessant. Der Hintergrund – und manchmal auch im Vordergrund – gibt es viele nette Easter Eggs für Freunde der klassischen Gruselkreaturen zu entdecken. (Sogar bizarrerweise ein Querverweis auf die Brendan-Fraser-Mumie-Teile.) Aber, um mal zum Punkt zurückzukommen: Wenn man lieber im Hintergrund nach Verweisen auf andere Filme sucht, dann läuft irgendetwas falsch.

Man darf absolut gespannt sein, wie übel „Die Mumie“ floppen – oder ob der internationale Markt das Ganze etwas abfedern – wird. Warner und DC brauchten nach dem Depri-Fest „Man Of Steel“, der komplett zusammgekürzten Kinofassung von „Batman V Superman: Dawn Of Justice“ und dem ebenfalls kaputt-ge-focus-grouped-en „Suiced Squad“ ein paar Filme. Erst dann kam endlich mit „Wonder Woman“ eine ordentliche Comic-Adaption direkt in die Kinos und ihr „DC-Shared-Universe“. Zwar glaube ich nicht, dass Universal einen dermaßen langen Atem haben wird, was sein „Dark Universe“ angeht, aber hey, vielleicht lernen sie ja aus ihren Fehlern? Als nächstes soll theoretisch nämlich „Bride Of Frankenstein“ mit Javier Bardem als Monster kommen. Danach ist Johnny Depp als der Unsichtbare dran. (Bei Letztgenanntem könnte man so zumindest etwas Gage sparen und seinen meist Voice-Over-only-Darbietung ganz einfach als Nebenrolle abrechnen.) Aber egal was noch passiert: Ich möchte wenigstens ein gutes neuzeitliches Remake der „Creature From The Black Lagoon“ haben! Ist das denn zu viel verlangt?

So oder so drücke ich dem „Dark Universe“ weiterhin die Daumen. Denn die Universal-Monster sind ja eh das „OG Shared Universe“. (Auch wenn die eigentlichen Crossover-Streifen der schwarz-weißen Ära nicht immer so großartig waren.) Mit mehr Fokus auf eine durchgehende Atmosphäre und eben einer Beschränkung auf ein bestimmtes Genre, anstatt alle auf einmal bedienen zu wollen, wäre hier definitiv Potential vorhanden. Auch die Darsteller sind durchaus eine interessante Wahl. Naja, auch wenn „Die Mumie“ auch hier ein Problem hat, denn Cruise ist in dem Streifen wohl auf dem Charme-Tiefpunkt seiner Karriere. Aber dazu später mehr. Und als weiteren Bonus-Vorab-Meckerpunkt: Leider versaut die zwiespältige Inszenierung, von dem ansonsten  meist als Produzent arbeitenden Alex Kurtzman, auch noch das Ende. (Das zudem sogar einen typischen End-Monolog hat, der wirkt, als sei er einem Superheldenstreifen der ersten Generation entliehen.) … Ich glaube ich brauch etwas, um meine Stimmung aufzuheitern. Moment! Da hätte ich doch grad mal ein passendes Bild für diese Situation …

Kurz zum Durchatmen ein Bild aus einem Mumie-Film, der Action, Horror und Humor deutlich besser kombiniert.

Sechs Autoren = inhaltliches Chaos hoch 6

Nachdem der Streifen schon durch seiner gehetzten Struktur komplett auf die Nase gefallen ist, wirft er sich schließlich im extrem lahmen Finale selber komplett aus dem Fenster. Anstatt wenigsten den Krach-Bumm-Peng-Voll-Auf-Die-Schnauze-Actionstil des Streifens weiter zu fahren, gibt es unmotivierte Charaktermomente und so gut wie keinen Krawall. Frei nach T.S. Elliot: „It ended not with a bang, but with a wimper.“
Wenn man so darüber nachdenkt: „Die Mumie“ ist schon ein ziemliches Spektakel an exzellenter Eigensabotage. Denn wenn man einfach vielleicht drei der sechs Autoren genommen hätte – oder vielleicht sogar nur zwei oder einen – hätte man wahrscheinlich eine deutlich stimmigere Version erhalten. Allen ernstes haben nämlich Jenny Lumet, Alex Kurtzman und Jon Spaihts die Story geschrieben, während David Koepp, Christopher McQuarrie und Dylan Kussmann für das Drehbuch verantwortlich waren. Wow.

Und mal kurz als Auflistung: Kurtzman hat unter anderem die Stors für die ersten beiden „Transformer“- sowie die drei neuen „Star Trek“-Streifen geschrieben und ist einer der kreativen Eckpfeiler des „Dark Univers“ und schreibt nun an „Bride Of Frankenstein“ (da man den ersten Teil anscheinend überspringt und beide Originale in einmal verwurstet. Ein gutes Zeichen.) Jenny Lumet ist vor allem Schauspielerin und hat zuvor nur bei „Rachels Hochzeit“ von 2008 mitgeschrieben. (What the fuck?!?) Jon Spaihts hat zuvor wenigstens an „Doctor Strange“ und … oh … „Prometheus“ und … hm … „Darkest Hour“ gearbeitet. Eh.
Was das eigentliche Drehbuch angeht: Dylan Kussmann hat zuvor sehr wenig geschrieben und ist vor allem als Darsteller unterwegs. (Warum ist der dabei?) David Koepp ist Mr. All-Rounder, der von „Dark Angel“ mit Dolph Lundgren über „Jurassic Park“ bis hin zu „Spiel auf Zeit“ und „Spider-Man“. Wobei man „Krieg der Welten“ (2005) und „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ durchaus noch erwähnen sollte. Bleibt noch Christopher McQuarrie, oder besser gesagt: Mr. Tom Cruise-Autor. Ab „Operation Walküre“ hat er über die Jahre immer wieder Hand angelegt, wenn Cruise am Set war.

Bei all den Schreibern merkt man vor allem, dass eigentlich kaum er von denen Erfahrung hat mit … äh, wie hieß das Genre von „Die Mumie“ noch mal? Oh ja, richtig: HORROR! Oder zumindest „Grusel“. Bei diesem Flickenteppich an Autoren ist es kein Wunder, dass hier eine Priese „Mission: Impossible“, dort ein guter Schuss Superheld und zum Abschluss etwas Gefühlsgedöns ist. Ganz zu schweigen von den äußerst suspekten Zugaben in Form von „John Spaihts“ und „Jenny Lumet“. Warum waren die nochmal hier? Ok. Aber dieser Nebenschauplatz hat uns jetzt lange genug aufgehalten und die Puste aus der eigentlichen Kritik genommen. Fast so wie es „Die Mumie“ selbst immer wieder im Geschehen macht.

Neben Russel Crowe scheint einzig die Mumien-Darstellerin Sofia Boutella ihrer Rolle etwas abgewinnen zu können. Und gut aussehen tut sie auch noch. Pluspunkt!

Die Mumie: Cruise-Controll

Die merkwürdig eingearbeitete „Dr. Jekyll“-Substory, die ständigen inhaltlichen Stimmungsschwankungen hat, sowie die Tatsache, dass der Streifen nicht mal für fünf Minuten zur Ruhe kommen kann, zerstören viel des sogar trotz allem durchaus vorhandenen Flairs. Und, seien wir mal brutal ehrlich: Tom Cruise ist rund zwanzig Jahre zu alt für seine Rolle und passt so gar nicht als Mann, der sich zwischen Gut und Böse entscheiden muss. Denn Tom Cruise ist hier Tom Cruise. Nicht mehr und nicht weniger. Und das Bizarrste ist wohl, dass man mit einem sympathischen Hauptdarsteller-Pärchen sicherlich noch einiges hätte retten können. Doch so wie es ist, verpufft nun der elementaren Konflikte des Films – Cruise Figur muss sich entscheiden, wer er sein will; jupp, es ist eine von diesen Geschichten – völlig.

In seinen besten Momenten wirkt Cruise, als würde er eine schlechte Imitation von Nathan Drake aus den „Uncharted“-Games darstellen, in seinen schlimmsten scheint er komplett auf Autopilot zu sein. „The Mummy – Cruise Controll“, oder so. Und ich bin ja nun nicht der große Über-Feminist, aber es ist schon erschreckend, wie wenig Annabelle Williams als Blondielein zu tun bekommt. Selbst wenn Cruise unter dem Bann der Mumie steht und immer wieder zu ihr zurückfährt, übernimmt Blondie das Steuer? Pfff, warum? Die ist nur dafür da, um gerettet zu werden. Blondie tut so wenig, dass sie meistens nur atmen darf. Und selbst das in manchen Szenen nicht. (Upps. Spoiler-Alarm, oder so.)

Fazit: Das Fazit – und die eigentliche Pointe dieses Reviews – ist die: Wenn Universal schon so viele verschiedene unpassende Elemente aus alten Filmen abschneidet, um damit ein unheiliges Monstrum zum Leben zu erwecken, warum ist das Ganze nicht einfach eine Verfilmung von „Frankenstein“ geworden?
*badum-tisch* Danke, Ladies und Gentlemen und gute Nacht!

…. Oh ja, Mist. Bevor ich es vergesse … Ich wollte den Streifen wirklich gerne mögen und – wie gesagt, einzelne Szenen sind für sich durchaus unterhaltsam – also drücke ich jetzt einfach mal ein Auge zu und gebe die Filmbewertung 4 von 10 (und mit zwei zugedrückten Augen wären es auch 5 von 10 geworden).