Spider-Man: Homecoming

Spider-Man: Homecoming
Originaltitel: Spider-Man: Homecoming – Erscheinungsjahr: 2017 – Regie: Jon Watts

Erscheinungstermin: Jetzt im Kino

Darsteller: Tom Holland, Zendaya, Michael Keaton, Robert Downey Jr., Marisa Tomei, Jon Favreau. Laura Harrier, etc.

Filmkritik: Spider-Man ist zum dritten Mal in neuer Form auf der Kinoleinwand und scheinbar endlich dort angekommen, wo er immer hätte sein sollen: bei den Marvel-Studios! Denn mit leichter Hand wird hier viel von dem gereicht, was die letzten Inkarnationen bislang leider nicht präsentiert haben.

Origin, oder nicht Origin, das ist hier die Frage!

Nicht, dass die „Spider-Man“-Reihe von Sam Raimi schlecht war, absolut nicht. (Mit ein paar Ausnahmen.) Auch „The Amazing Spider-Man“ hatte eigentlich einen guten Einstieg, bevor es dann mit der Fortsetzung direkt mit dem Kopf gegen die Wand ging. Was merkt man an dieser Auflistung bereits? Irgendwie scheint jedes Mal die Herkunftsgeschichte, der klassische Origin-Teil, zu funktionieren. Und anschließend wird die Struktur entweder ziemlich genau kopiert („Spider-Man 2“), oder die Macher landen satt auf der Schnauze, nett gesagt. („Spider-Man 3“, „The Amazing Spider-Man 2“) Was macht also Marvel Studios? Die präsentieren einfach nur eine gute, in sich abgeschlossene Geschichte mit dem jungen Spinnenmann und überspringen komplett die eigentliche Herkunft, die Sache mit dem Bekommen der Kräfte und all das, was bislang so oft abgeklappert wurde.

Dazu kommt ein großer – und natürlich absolut passender – Fokus auf die Teenager-Aspekte der Geschichte. Nicht nur, weil Tom Holland als Hauptdarsteller der erste Spider-Man-Akteur ist, der auch wirklich noch aussieht, als müsse er zur Schule gehen. Die überraschend multi-national besetzten Klassenräume bieten dabei eine Fülle von sympathischen Figuren. Vom dicken besten Freund, über die Klassenschönheit (die dennoch in Nerd-Gruppen ist), bis hin zum Klassen-Arsch Flash und der irgendwo zwischen Emo-/Grunge-/Alternative- und SJW- (ernsthaft, keine Ahnung, was sie wirklich für einen Charakter hat) schwankenden Michelle, die als riesiges „Ich bin wichtig für die Fortsetzung!“-Schild durch die Gegend läuft.

Maske ab, Charme an – Die Darsteller

Nicht nur die jungen Darsteller sind eigentlich gut ausgewählt, sondern auch der erwachsene Supporting Cast macht seine Sache richtig gut. Robert Downey Jr. als Tony Stark ist glücklicherweise nicht so überpräsent im eigentlichen Film wie zuvor noch in den Trailern. Noch besser: Seine paar Auftritte bilden eine nette Nebenhandlung und schließen sogar inhaltlich perfekt an seinen Auftritt in „Civil War“ an. Einen großen Daumen hoch für diese unaufdringliche Einbindung der Marvel Continuity.

Die ist übrigens auch im gesamten World-Building-Aspekt großartig umgesetzt, was direkt zu Michael Keaton und dessen Rolle des „Vulture“ führt. Als eigentlicher „Blue Collar Joe“ hat er aufgrund von Superheldengedöns seinen Job verloren, aber startet jetzt keinen Rachefeldzug oder ähnliches, sondern verlagert sein Arbeitsfeld: Er und seine Bande sammeln die ganzen Reste der Superheldenschlachten auf, um damit Sci-Fi-Waffen zu basteln und sich damit eine goldene Nase zu verdienen. So weit, so originell. Und Keaton spielt den durchaus bodenständigen und cleveren Antagonisten mit gewohnter Intensität und überraschender Vielschichtigkeit. Im Gros der Marvel Studios-Filme hat man ja oft das Problem, dass die eigentlichen Schurken ziemlich lahm sind, weshalb erst recht Keatons ein durch und durch menschlicher Bösewicht eine willkommene Abwechslung ist.
Oh. Und einen großen Pluspunkt in Richtung von John Favreau, dessen Figur des „Happy Hogan“ hier nach den „Iron Man“-Streifen mindestens genauso viel Zeit spendiert bekommt wie Robert Downey Jr. und gerne öfter auftauchen darf.

Die „willkommene Abwechslung“ ist auch generell das Stichwort für ganz „Spider-Man: Homecoming“. Denn mit gerade mal zwei größeren Actionsequenzen und einem Fokus auf geerdete Superheldenmomente, kommt er genau zur richtigen Zeit, um mal etwas anderes zu präsentieren, als die ewigen Weltenrettungen. Die emotionalen Momente werden dadurch nicht geschmälert, ganz im Gegenteil sogar. „Spider-Man: Homecoming“ ist nicht nur für das aktuelle Superhelden-Genre wichtig, sondern auch für das langsam aber sicher richtig voll werdende Marvel Universum in seiner Gänze. Das Werk zeigt, dass auch durchaus „kleinere“ Arbeiten – man bemerke die Anführungszeichen – funktionieren. Nicht immer muss das Universum vor dem Untergang stehen, manches Mal reicht schon ein garstiger Waffenhändler aus, um den Tag und den Schulball zu ruinieren.

Das Spinnen-Haar in der Suppe?

Insgesamt hat „Spider-Man: Homecoming“ auch nicht viele Probleme. Das Geschehen wirkt manches Mal etwas wie eine Mini-Serie mit seinen verschiedenen kleinen Abenteuer- und Actionmomenten, aber diese episodenhaftere Struktur passt wunderbar zum eigentlichen Inhalt und dem täglichen Rhythmus der Protagonisten. Etwas kritischer ist da schon manch eine Besetzung, denn bei einigen Figuren – besonders – Mini-Spoiler – „Michelle“ – fragt man sich am Ende, ob das alles denn sein musste. Denn anscheinend wollten die Macher neue Elemente einbauen, aber sind dann – wortwörtlich – doch kurz vor Schluss wieder umgedreht, um in bekannte Gewässer zu fahren.
Dass das Ganze hier jetzt etwas schwammig geschrieben wurde liegt nicht nur daran, dass an dieser Stelle nicht zu viel verraten werden soll, sondern auch, dass eben der eigentliche Streifen diese Elemente direkt für die Fortsetzung angelegt hat. Was sich eben aus diesen Story-Samen ergeben wird, steht momentan noch absolut in den Sternen. Abschließend kann man zumindest sagen, dass die allerletzte Szene vor dem Abspann fantastisch ist und man definitiv für einen guten Lacher auf das Ende der Credits warten sollte.

Fazit: „Spider-Man: Homecoming“ schafft es mit leichter Hand mal eben das beste Spider-Man-Abenteuer überhaupt zu präsentieren. Dadurch, dass die Herkunftsgeschichte hier ausgelassen wurde, kann man direkt mit dem eigentlichen Abenteuer durchstarten und in die Welt rund um den Spinnenmann eintauchen. Nicht nur dass, die gelungene Präsentation macht sogar wiederum neugierig auf das, was zuvor passiert ist und erst recht Lust auf jene Sachen, die sich am Horizont abzeichnen. In diesem Sinne gibt es die begeisterte Filmbewertung 8/10
… Auch wenn merkwürdigerweise sein „Spinnen-Sinn“ nicht im Geschehen vorkommt. Aber möglicherweise ist das auch was für Teil 2?