Logan

Logan: The Wolverine
Originaltitel: Logan – Erscheinungsjahr: 2017 – Regie: James Mangold

Erscheinungstermin: Jetzt im Kino

Darsteller: Hugh Jackman, Dafne Keen, Patrick Stewart, Boyd Holbrook, Richard E. Grant, Stephen Merchant, Doris Morgado, Elizabeth Rodriguez, Mary Peyton Stewart, Lauren Gros, u.A.

Filmkritik: James Mangold zweiter Versuch einen guten Wolverine-Kinofilm abzuliefern. Bei „The Wolverine“ hat dies leider erst beim richtig guten „Director’s Cut“ geklappt, der später seinen Weg auf Blu-ray fand. Nun will Mangold eine düstere Zukunftsgeschichte mit einem alten und kranken Wolverine erzählen? Klappt das! Absolut! In den Szenen, die sich auch mit diesem Thema beschäftigen und nicht tausend und einen Subplot mit ins Geschehen bringen.

„Ich bin zu alt für den Scheiß!“

Quo vadis, Wolverine?

Eigentlich ist die Grundidee ganz simpel: In einer Zukunft am Rande des sozialen Verfalls durchstreift ein gealterter Wolverine, dessen Selbstheilung nicht mehr funktioniert, mit einem senilen Professor X die Weiten Amerikas, um eine junge Mutantin vor mysteriösen Schurken in Sicherheit zu bringen. So weit, so gut.
Mangold schafft es bereits mit der famosen Eröffnungssequenz eine unglaublich dichte Atmosphäre zu erschaffen, irgendwo zwischen Comicheft-Ästhetik und dem ersten Mad-Max-Streifen. Der innere Kampf ist hier der Fokus, die Wut, der Frust und das nahende Ende. Das der Figuren im Speziellen und der Welt im Allgemeinen. Doch dann wird all das aufgelockert durch ein kleines Mädchen mit einem unglaublichen Geheimnis …

„Komm, Kleine, nach ‚Hit-Girl‘ wirst du unser neues Killer-Mädel-Fetisch für Millionen von Internetnerds!“

Eine Flut von Ideen, da kann man leicht ertrinken

James Mangold hatte viele gute Ideen für „Logan“. Zu viele. Dass X-Men-Comichefte nun im selben Universum wie die „realen“ Kinohelden selbst existieren, ist ein cleverer Schachzug und bietet eine Fülle von Möglichkeiten. Doch diese Meta-Narrative wird selten bis gar nicht eingebaut, eine Erklärung schon gar nicht gegeben.

Aber vielleicht ist das auch besser so, da unglaublich viele interessante Mysterien und Entwicklungen oft innerhalb eines Nebensatzes erklärt oder beiseite gewischt werden. So dass im Endeffekt entweder zu viel, oder zu wenig mit eben jenen Aspekte gemacht wurde.

Ein Arschloch mit Cyborg-Hand? Wir müssen in der Zukunft sein!

Logan – Rated-R

Ein weiteres Highlight

ist natürlich auch, dass Mangold – nachdem er bereits bei seinem „The Wolverine“-Director’s Cut ordentlich Blut und Gemetzel servieren durfte – nun dank „Deadpool“ das Ok bekam direkt im Kino einige heftige Kämpfe zu präsentieren. Diese sind auch exzellent inszeniert, wobei leider einzig das Finale merkwürdig kurz wirkt. Besonders was bestimmte Faktoren angeht, scheint es so, als würde hier entweder  – wie bei „The Wolverine“ – durchaus einiges an Action fehlen, um die Laufzeit nicht zu sehr anschwellen zu lassen.

„Es scheint echt super schwer zu sein, diese bunten Bildergeschichten zu verfilmen …“

Zu voll, zu viel, zu schnell

Dieses – Achtung, Wortspiel – durchaus stark „abgehackte“ Gefühl tritt nicht nur bei der Action im Finale auf, sondern betrifft leider die gesamte Struktur des Geschehens, das sind grob in drei Teile gliedert: Kaputter Wolverine, Wolverine, Professor X und kleines Mädchen-Road-Trip und … tja, hier geht man dann gefährlich nah in Richtung Spoiler-Elemente, da Fox wohl dachte, dass sie bei ihrem letzten Streifen mit Hugh Jackman doch vielleicht gleich die Basis für eine weitere X-Men-Reihe schaffen, denn WARUM AUCH NICHT?

Thematisch ist dies ebenfalls nicht unpassend, aber ein weiteres Versatzstück innerhalb des Geschehnisses, welches für sich genommen bereits gut einen ganzen Film hätte füllen können. Und das ist das große und frustrierende Problem bei „Logan“: Es sind gute Ansätze für drei Filme vorhanden und die eigentliche Inszenierung ist oft gut, manches Mal sogar erstklassig, aber die gehetzte Art und Weise, mit welcher der Streifen von einem Plot-Point zum nächsten hastet, dann wieder neue Sachen einführt – wie zum Beispiel einen großen Überraschungs-Bösewicht ab der 50 Minuten Marke – sorgt dafür, dass es hier alles zu viel des Guten ist. Mangolds Wunschfassung von „The Wolverine“ ist wesentlich stringenter, kann sich Zeit nehmen für ihre Elemente und bereitet die einfach Geschichte „Wolverine gegen Yakuza“ mit genug eigenem Flair auf, während „Logan“ einfach nur unglaublich vollgestopft wird.

All das wird aber nicht durch die Inszenierung reflektiert, die Momenten gerne Zeit lässt, was aber eben dazu führt, dass vieles – richtig – dann innerhalb eines Satzes erklärt und weitergeführt wird, ohne bestimmte Aspekte zu vertiefen, damit auch ja noch weitere Einzelheiten eingebaut werden können. Für sich genommen sind einzelne Sequenzen in „Logan“ absolut großes Kino, oft sogar mit Gänsehaut-Bonus. Patrick Stewart als seniler Professor X ist einfach nur absolut brillant und auch Hugh Jackman ist zu jeder Zeit fantastisch. Die blassen bis teilweise sogar nervigen Schurken sind ein Problem, besonders dann, wenn eigentliche klare Abläufe durch die ruckartige Erzählstruktur immer wieder in neue Richtungen gezogen werden.

Fazit: Am Ende bleibt die Paranoia, dass James Mangold nachher – wie bei seinem letzten Werk – einen deutlich besseren „Director’s Cut“ auf Blu-ray nachliefert, der mit einer größeren Laufzeit mehr Charaktermomente und Möglichkeiten bietet, bestimmte Elemente zu vertiefen. Im Kino ist „Logan“ mit Sicherheit eine Sichtung wert, aber leider nicht der erhoffte Überknaller geworden, zu dem er im Vorfeld von Vielen gemacht wurde oder gerade sogar durch einige überschwängliche Besprechungen gemacht wird.
Wenn man Mangolds Probleme auf einen einzelnen Punkt herunterbrechen würde, dann wäre es jener, dass „Logan“ genug gute Ansätze enthält für drei Filme und scheinbar dann doch an einigen Stellen stark durch das Studio beeinflusst wurde. Wie gesagt, man darf zu Recht gespannt sein, ob einmal mehr eine wesentlich bessere Version im Heimkino zu sehen sein wird.

WUTPUNKT: Was es nicht in den Pressevorstellungen zu sehen gab war die Sequenz nach dem Abspann, da der Verleih anscheinend Angst hatte, dass diese dann vorab verraten werden könnte. Fantastisch. Weil also einige dumpfe Kollegen nur Filme besprechen können, indem sie die gesamte Handlung wiedergeben, werden also alle bestraft?
Naja. Wie dem auch sei: „Logan“ ist ein faszinierender Streifen, der abseits seiner technisch gesehen oft exzellenten Inszenierung etliche frustrierende Stellen hat, weil er inhaltlich bis zum Bersten – und darüber hinaus – vollgestopft wurde. Für die Kinofassung gibt es deshalb mal die etwas grimmige …

Filmbewertung: 6/10