Jack Reacher: Kein Weg zurück

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Jack Reacher: Kein Weg zurück
Originaltitel: Jack Reacher: No Way Back – Erscheinungsjahr: 2016 – Regie: Edward Zwick,

Erscheinungstermin: Jetzt im Kino

Darsteller: Tom Cruise, Cobie Smulders, Robert Knepper, Aldis Hodge, Sue-Lynn Ansari, Danika Yarosh,Holt McCallany, Julia Holt, Teri Wyble, Jason Douglas, Patrick Heusinger, Michael Papajohn, u.A.

Filmkritik: Teil 1 war ja ziemlich drollig. Zwar gefühlt 30 Minuten zu lang, aber knackige Action der Marke „Fühlt sich an wie ein Steven Seagal-Streifen aus den frühen 90ern“, Werner Herzog in einer unfreiwillig extrem lustigen Schurkenrolle und ansonsten eine knackige Inszenierung: Jau. Das war ordentliche Actionthriller-Unterhaltung!
Und jetzt ist Edward Zwick an der Reihe, dessen „Last Samurai“ mit Tom Cruise ich sehr mag. Was kann da schon schief gehen?

Jack Reacher: Da gingen anscheinend so einige Sachen schief!

Ach du lieber Himmel, wo soll man da nur anfangen? Vielleicht bei der Tatsache, dass viele coole Momente bereits im Trailer verheizt wurden? Damit, dass gefühlt die Hälfte des Films damit verschwendet wird, dass Tom Cruise sich mit irgendeinem Teenager-Mädchen anfreundet, bei dem es sogar ein Plotpoint ist, das dieses eigentlich gar nichts mit der eigentlichen Handlung zu tun hat?

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„Wagt es ja nicht, mich noch einmal zu stören, nachher wird das Ganze hier noch spannend!“

„Jack Reacher: Kein Weg zurück“ ist von der Figurenebene her eigentlich interessant angesetzt. Reachers Vorgeschichte wird ein wenig mehr beleuchtet und auf Seiten der Schurken gibt es theoretisch eine Art „Anti-Reacher“, der die gleichen Fähigkeiten, aber keinerlei Moral hat. Coole Ausgangslage, aus der dann schließlich kaum etwas gemacht wird. Große Teile des Films passiert kaum bis gar nichts und etliche Momente hätten auf dem Boden des Schneideraumes bleiben können. Vor allem jene – Gott sei Dank – nicht weiter thematisierte Situation, in welcher Cobie Smulders in ihrer Rolle der starken Frau plötzlich eine aus dem Nichts gegriffene „Muss ich zu Hause bleiben, weil ich eine Vagina habe?!?“-Arie anzettelt. Besonders toll eben, dass das in der Sequenz so plötzlich kommt, wie es wieder aus dem Film verschwindet. Wunderbar.

Jack Reacher: Mission Impossible Light?

Inszenatorisch sieht es auch ziemlich übel aus. Denn während der Erstling zumindest noch eine interessante Optik zu bieten hat, so wirkt nun Teil 2 zu großen Teilen wie eine TV-Serie. Eine ansprechende Darstellung sucht man vergebens, wenn sich der Großteil der Handlung in Motel-Zimmern oder bei schlaffen Verfolgungsjagden abspielt, die „Miami Vice“ in den späten 80er Jahren schon wesentlich knackiger im Fernsehen hinbekommen hat. Aber keine Sorge, dafür wirkt auch die Action nicht mehr so intensiv wie im Vorgänger.

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Wir präsentieren: Einen der besseren Actionmomente des Films!

Zwar darf Reacher drei, vier Mal austeilen, aber auch hier gilt die Devise, dass es zahlreiche Serien gibt, die sowohl in Sachen Choreographie, als auch Härte dem Ganzen hier meilenweit überlegen sind. „Jack Reacher: Kein Weg zurück“ scheint sich immer wieder in Richtung Zuschauer zu wenden und zu fragen: „Warum bin ich im Kino?“ (Oder, vielleicht ist die Frage – wie bei „BioCop“ – auch einfach: „WHY AM I ALIVE?!?“) Der Gast im Kino hat darauf leider keine Antwort und wird wohl nur schlapp mit den Schultern zucken, weil er bereits von der Langsamkeit des Geschehens dermaßen ausgelaugt ist.

Jack Reacher: Kein Weg zurück … ins Lichtspielhaus?

Edward Zwick hat genau jenen Film gemacht, den man ohne Probleme im Kino verpassen kann, nur um dann immer wieder an der DVD oder Blu-ray vorbeizulaufen. Schließlich schaut man ihn dann eines Abends im Fernsehen schaut und denkt nach der Hälfte, dass es doch gut war, dass man für diesen Streifen kein Geld ausgegeben hat, auch wenn er nicht so schlecht war, wie die bösen Kritiker – wie ich – ihn gemacht haben. Und dann kann man beruhigt einschlafen, weil man zudem das beruhigende Gefühl hat, dass man eh nicht so viel verpasst. The End.

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„Ein Glück, dass du da bist. Endlich kann ich Zeit mit einer rebellischen Teenagerin verbringen, die rein gar nichts mit dem Plot zu tun hat.“

Wenn am Ende des Streifens sogar ein astreiner „Bad-Ass“-Moment von Tom Cruise entweder durch die Inszenierung, oder das PG-13-Rating – oder beides – verdammt zahnlos rüberkommt, dann ist das nur noch eine weitere Enttäuschung. Bei jedem anderen Werk wäre das Versauen dieses Ansatzes – als Cruise mit „Anti-Reacher“ kurz vor dem Abschlusskampf am Telefon redet und ihm ein „Versprechen“ macht – im höchsten Maße skandalös. Fast so, als würde Steven Seagal in „Deadly Revenge“ am Ende den Schurken, den er den ganzen Film über gejagt hat, regelrecht nebenbei ins Jenseits befördern. Apropos Steven Seagal: Die anderen Besprechungen, die „Jack Reacher: Kein Weg zurück“ manchmal mit den Werken des launigen Aikido-Knödels vergleichen – und das ist jetzt ganz herzlich gemeint – liegen meilenweit daneben.
Spätestens nach dreißig Minuten Laufzeit wäre Seagal ungeduldig geworden und hätte „Jack Reacher“ das Handgelenk gebrochen und ihn durch eine Glasscheibe geworfen. Als Kritiker muss ich da netter sein, aber war dennoch überrascht, dass ich, als ich mal auf die Uhr schaute, weil ich dachte, dass der Streifen doch mal vorbei sein müsste, gemerkt habe, dass bis dato nur 60 Minuten vergangen waren.

Fazit: Es kann gerne einen dritten Teil geben, wenn Tom Cruise sich darauf besinnt die Dramaturgie nicht so ewig schleifen zu lassen und das Ganze mit einer besseren Struktur sowie einer kürzeren Laufzeit ausstattet. Möglicherweise sollte vielleicht er sich mal ein paar alte Steven Seagal-Streifen ansehen, um zu ermitteln, was bei denen so gut funktioniert hat. In diesem Sinne: Schaut „Deadly Revenge“, denn auf „Jack Reacher: Kein Weg zurück“, kann man im (Heim-)Kino verzichten.
Er ist sicherlich nicht grauenhaft, aber so dermaßen lahm und so dermaßen mittelmäßig, dass es schon wesentlich schlimmer ist, als wäre er ein Totalausfall.

Filmbewertung: 5/10, denn würde ich dem Ganzen mehr Punkte geben, wäre es übertrieben, aber weniger wären ebenso ungerechtfertigt, da eben das Ganze durch und durch so geschmacksneutral mittelmäßig ist, dass es einer der „längsten“ Kinobesuche dieses Jahres war.