System Shock 2

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System Shock 2

Als „System Shock 2“ von Irrational Games im Jahre 1999 veröffentlicht wurde, war es seiner Zeit weit voraus. 5 oder gar 10 Jahre könnte man meinen, denn erst heutzutage hat das Medium Videospiel es geschafft seine Kinderschuhe abzulegen und die großen Treter zu tragen. Naja, noch lange nicht jedes Spiel, aber „System Shock 2“ gehört bereits damals zu diesem erlauchten Kreis. „System Shock 2“ Creator Ken Levine, der sich später mit der „Bioshock“-Serie („Bioshock 2„, „Bioshock Infinite„) einen Namen machte und dort erstaunlich viele Komponenten aus „System Shock 2“ genutzt hat. Doch „System Shock 2“ erscheint auch heute noch als herrlich komplexe Mischung aus Rollenspiel, Egoshooter und Horrorspiel.

Dabei vermischt das Game verschiedenste Genres und Mechaniken miteinander, während man sich über das gespenstische Raumschiff „Von Braun“ schlägt, als Hacker, als Kämpfer oder als Telekinetisch versierter Spezialist. Der Horror ist jederzeit zu spüren, nicht durch Jumpscares sondern durch die Gewissheit, dass eine gesamte Raumstation Opfer von einer wild gewordenen KI geworden ist, die Wände blutverschmiert sind und hinter der nächsten Ecke ein Schrotflinten schwingender Mutant oder ein wild gewordener Sicherheitsroboter stehen könnte.

Für das erfüllen von Aufträgen die man abwechselnd von verschiedenen „Menschen“ über ein Funkgerät bekommt, erhält man Punkte die man immer wieder auf verschiedene Skill verteilen kann die dafür da sind, das man bessere Waffen nutzen kann, seine Gegenstände besserer reparieren (Waffen nehmen durch korrosive Gase in der Luft ständig Schaden) oder eine Kamera oder Sicherheitsanlage schneller Hacken kann. Die Geschichte wird, Ken Levine üblich, über Tonbänder bzw. Sprachnachrichten erzählt. Man trifft im gesamten Verlauf höchsten 3 oder 4 echte, lebende Menschen (immer durch Türen oder Glasscheiben getrennt), erlebt aber die Schicksale vieler weiterer. Diese werden einem über ergreifende Tonaufnahmen erzählt und man verfolgt die Geschichten dieser Personen teilweise das gesamte Spiel hindurch, oftmals bis man irgendwo ihre leblosen Körper am Boden findet, zumeist mit dem letzten Tonband in einer Pfütze Blut neben ihnen.

Abgesehen von dem kleinen Lapsus, dass „System Shock 2“ ausgerechnet im Finale etwas die Puste ausgeht und der dort vollzogene Locationwechsel nicht wirklich ins Spiel passen mag, fällt einem kaum ein anderes Wort ein das Spiel zu beschreiben als: „Großartig“. Mechaniken die selbst (oder gerade wieder) in heutigen Spielen als komplex gelten würden, vor allem wenn man bedenkt wie verwässert im Vergleich das ebenfalls herausragende „Bioshock“ wirkt, bietet „System Shock 2“ Mechaniken für 2 oder 3 komplette Durchgänge. Wer im ersten Durchgang die Telekinese komplett außer acht lässt und sich nur auf Schusswaffen verlässt, kann allein dafür noch einen weiteren Durchgang einplanen. Und dann gibt es da ja noch die Fan-Challenges wie „Beende das Spiel nur mit Nahkampfwaffen“.

Apropos Fans, da „System Shock 2“ auch heute noch eine riesige Fanbase hat, wahrscheinlich mehr als damals beim Release, gibt es unzählige Mods die das betagte Spiel immens aufhübschen. Einen Guide für die besten Mods gibt es hier. Und damit nicht genug gibt es sogar einen Fan-Made Multiplayer Modus, welcher erlaubt das Spiel im Coop zu zweit zu bestreiten.

„System Shock 2“ wäre wohl 2003 oder 2004 am besten platziert gewesen, denn auch heute ist die Spiele-Szene wieder an einem Punkt wo große Titel mit eingeschränkten Funktionen Kasse machen, währen die komplexen Techniken von der erfolgreichen Indie-Szene beackert werden. Dies sieht man eindrucksvoll auch an Levines jüngstem Titel „Bioshock Infinite“ welcher zwar eine Levine-Typisch herauragende Geschichte erzählt, aber praktisch alle „störenden“ anderen Dinge, die „System Shoch 2“ so gut machen, über Bord geworfen hat. Übrig bleibt zwar ein wundervolles Spiel mit einer starken Geschichte und guten Actionszenen, wirkt aber auf lange Sicht dann doch wieder ein Weg in die falsche Richtung, auch wenn die Ausführung für heutige Verhältnisse schlicht perfekt erscheint. Evtl. rafft sich Levine nochmal für ein „System Shock 3“ auf, es wäre wahrlich ein Festtag für Gamer.

9/10