Fantasy Film Fest – Harry Brown

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Harry Brown
Originaltitel: Harry Brown – Erscheinungsjahr:2009 – Regie: Daniel Barber

Darsteller: Michael Caine, Emily Mortimer, Iain Glen, Jack O’Connell, Liam Cunningham, Amy Steel, Ben Drew, David Bradley, Raza Jaffrey

Filmkritik:

Der zweite Film sollte das Rache-Drama „Harry Brown“ werden mit Urgestein Michael Caine. Nachdem sich Caine die letzten Jahre meist als Nebendarsteller in Christopher Nolan Filmen rumgetrieben hat, war ich sehr erfreut das er mit „Harry Brown“ mal wieder einen eigenen Film am Start hat, der sich Storytechnisch an „Death Wish“ und inszenatorisch scheinbar ein wenig an seinem Klassiker „Get Carter“ orientiert. Ich war gespannt ob die Mischung aus Rache-Thriller und Drama funktioniert und ob Caine die übliche große Leinwandpräsenz ausstrahlen konnte. Der Film wurde im englischen Originalton ohne Untertitel gezeigt.

Harry Brown(Michael Caine) ist ein alter Witwer und ehemaliger britischer Marinesoldat. Er lebt ein recht einsames Leben in einem tristen Wohnkomplex. Alles wäre weitestgehen in Ordnung, doch seine Nachbarschaft wird von brutalen Banden, Drogen und Verbrechen heimgesucht. Als sein bester und einziger Freund Leonard (David Bradley) kaltblütig ermordet wird und die offensichtlich Schuldigen schnell wieder frei herumlaufen, schmiedet Harry Pläne selbst das Steuer in die Hand zu nehmen. Als er eines Abends überfallen wird und den Taschendieb absticht, haben sich die Weichen quasi automatisch gestellt und er setzt seinem Wunsch nach Rache in die Tat um. Mit Entschlossenheit und kaltschnäuziger Gewalt geht er auf Dealer und die Mörder seines Freundes los, was schreckliche Folgen nach sich zieht.

Wenn man den Trailer zu „Harry Brown“ sieht erinnert das Ganze zunächst ein wenig an „Gran Torino“. Ein alternder Schauspieler der einen ebenso alten Typen spielt dem irgendwann das Fass überläuft. Doch wo Eastwood mit schwarzem Humor und Griesgrämigkeit geantwortet hat und im entscheidenden Moment eben nicht zur Waffe griff, folgen bei „Harry Brown“ dann doch recht schnell blutige Taten. Somit ist der Anfangs getroffene Vergleich mit „Death Wish“ definitiv passender.
Die erste Hälfte von „Harry Brown“ kommt so in sich auch recht stimmig daher. Caine gibt den alten Herrn gewohnt souverän und glaubwürdig. Die ermittelnde Polizistin und ihr Partner wissen ebenfalls zu gefallen, auch wenn sie ein wenig untergehen und sehr eindimensional bleiben. Auch die düstere Gegenseite wird gut dargestellt. Den Schauspielern der Verbrecher würde man wohl jederzeit abnehmen aus diesem Milieu zu entstammen.

Die Hassobjekte des Films(wenn man sie so nennen möchte) werden dazu ordentlich eingeführt, was wichtig ist denn irgendwie will der Film die Taten von Harry ja auch rechtfertigen. Eben diese überraschen in ihrer Härte und Kompromisslosigkeit immer wieder aufs Neue und rücken den Film sehr früh in ein anderes Licht als zunächst erwartet. Insgesamt weiß der Film seinen Zuschauer aber zu packen und stellt den verbrecherischen Moloch zwar klischeedurchsetzt und stark überzeichnet aber auch hübsch düster dar. Szenen wie die, in der sich Harry vom örtlichen Dealer eine Waffe besorgen will, brennen sich zudem ins Gedächtnis und sind richtig gut geschrieben.

Doch ausgerechnet im Finale dreht der Film dann völlig unnötig auf. Es gibt da diesen Ausdruck „jump the shark“ wenn eine Serie oder ein Film plötzlich eine Wendung einschlägt die keiner gutheißen kann aber den Machern einfach die Ideen ausgehen. So ist es leider auch ein bisschen in „Harry Brown“. Das Ende ist in allen Belangen einfach „zu viel“. Großangelegte Säuberungen der Polizei mit Straßenschlachten und mittendrin Harry Brown, der in einem Pub zur finalen Abrechnung ansetzt. Kurzum: Das Ende des Films will irgendwie so gar nicht zum Rest passen. Zwar war der Film schon früh über dem Punkt, an dem man das Gezeigte wirklich ernst nehmen könnte, denn Harry geht ähnlich wie Kersey in „Death Wish“ für mich dann doch einfach zu schnell zu kompromisslos vor. Aber es wirkte in sich immer noch recht stimmig und passend, besonders da Harry im Gegensatz und Kersey immerhin eine Marine-Ausbildung hinter sich hat. Aber den Film am Ende dann so dermaßen entgleiten zu lassen, hätte nun doch nicht sein müssen.

Bis zum Ende hin war ich schwer überrascht von „Harry Brown“. Gar nicht mal aufgrund der Qualitäten des Films, die er eben doch eher in der Art und Weise hat wie Harry schließlich vorgeht, als das er sich als wirkliches Drama sieht, denn dieser Aspekt kommt ebenfalls etwas kurz. Nein, eben eher weil ich einen Film mit Michael Caine dann doch etwas anders eingeschätzt hätte und mich so im Film immer wieder freute, dass er(Caine) sich anders als Eastwood zu solch einem drastischen, ja gar krassen Werk entschieden hat. Gerne mehr davon.

Filmbewertung: 7/10