Die Legende der Wächter

Die Legende der Wächter
Originaltitel: Legend Of The Guardians: The Owls Of Ga’Hoole- Erscheinungsjahr: 2010 – Regie: Name Zack Snyder

Darsteller: Hellen Mirren, Sam Neil

Filmkritik: Ist hier irgendjemand Eulenfan? Wenn ja: Einfach jetzt abbrechen und schnellstmöglich ins Kino rennen, denn alles was hier jetzt noch geschrieben steht und gelesen werden kann, würde nur kostbare Minuten auf dem Weg zum Eulenorgasmus, Entschuldigung, Augenorgasmus kosten, die dieser Film darstellt. Denn jede einzelne Szene die da zu sehen ist, will man sich ausdrucken und in Postergröße an die Wand hängen, allein optisch ist der Streifen schon ein Wahnsinnserlebnis. Und natürlich kommt dann sofort wieder das Klischee von Zack Snyders Slow-Motion-Fast-Motion-Einstellungen daher, mit dem der Regisseur bislang jeden seiner Filme veredelt, oder versaut hat. Halt je nachdem wen man danach fragt. Diese Sequenzen gibt es dann natürlich auch wieder bei den „Wächtern“, sind aber gezielt eingesetzt, bis auf eine Szene, die witzigerweise sogar schon vor der Titeleinblendung passiert: Eine Eule fliegt durch die Wolken und BAMM, keine zwei Sekunden im Sessel und es gibt eine Slow-Motion-Fast-Motion einer fallenden Feder, als wolle Regisseur Snyder das vorab schon als „Fuck you!“ an seine Nichtmöger gleich aus dem Weg haben.

Das Geschehen folgt dann der jungen Eule Soren, die fasziniert ist von der Geschichte der Wächter, weisen Eulen die an einem geheimen Ort wohnen und in etwa so etwas wie die Eliteeinheit des Eulenreichs darstellen, um Recht und Gesetz zu schützen. Soren wird mitsamt seinem Bruder aber schnell von einigen Fieslingen entführt und zu Eisenschnabel gebracht, der sich eine Armee von „Reinen“ aufbaut. Sozusagen eine „Herrenrasse“ des Eulenkönigreichs und, oh ja, Eisenschnabel und seine Gefolgschaft machen in Auftreten und Dialog keinen Hehl daraus, dass wir es hier mit dem 3. Eulenreich zu tun haben.
Das ist als Feindescharakterisierung so einfach wie effizient und sorgt für einige wirklich intensiven Momente, problematisch wird es dann bei all dem elitären Gehabe, wenn eben die „Wächter“ ähnlich elitäre Strukturen pflegen, die aber eben auf freiwilliger Basis begründet sind. Und Äußerungen unseres Helden die nur einen Hauch von „Wir werden das Böse ausmerzen!“ entfernt sind bewegen sich dann ziemlich auf der Grenze des für einen „Familienfilm“ tragbaren Maßes an neofaschistischen Untertönen. Aber all das liest sich schlimmer, als es auf der Leinwand wirkt, denn diese fragwürdigen Momente sind nicht sonderlich zahlreich und werden dann auch sofort von der starken Anti-Kriegsbotschaft des Films wieder relativiert. Eulen sind eben doch ziemlich weise Viecher.

Mit einem Kinderfilm haben wir es aber trotz FSK6 Freigabe absolut nicht zu tun. Da gibt es intensive Gefechte, ziemlich düstere Gemeinheiten und so mancher kommt auch nicht unversehrt vom Geschehen zurück. Das war dem Verleiher dann wohl doch zu heikel und so mussten leider etwa drei Minuten für die ab 6 Freigabe weichen. Zwei gröber geschnittene Stellen, insbesondere eine beim Finale fällt da leider ziemlich negativ auf, sollte aber niemandem einen Kinobesuch madig machen. Denn, wow, da kann man sich nur wiederholen: So eine fotorealistische Bilderpracht hat man eigentlich noch nie auf der Leinwand gesehen. Atemberaubend ist da an manchen Stellen noch übertrieben und wenn am Ende beim packenden Showdown dann auch noch „The Host Of Seraphim“ gespielt wird bekommt die Gänsehaut ne Gänsehaut auf der Mutter Gans mit ihren fünf kleinen Gänslein spazieren geht. Kurz gesagt: Gans großes Kino!

Um aber wieder auf das Geschehen zurück zu kommen: Das vermischt Naturalismus mit fantastischen Elementen. So sehen die Eulen wie ihre lebenden Pendants aus, können aber eben Eisen schmieden und haben mystisch überhöhte Hilfsmittel. Schon die Bücher von Kathryn Lasky stellten die Welt der „Eulen von Ga’Hoole“ als eine Mischung aus Endzeit und Fantasy dar, der von Stephen Kings „Der dunkle Turm“ nicht unähnlich. Der Film „Die Legende der Wächter“ komprimiert nun die ersten drei Bücher des Epos in einen Film und schafft sogar manches Mal bessere Übergänge und Charaktermomente, als sie noch die Vorlage bot.
Die Figuren an und für sich sind dann schon bekannt, wie etwa der träumerische Anführer, der im Angesicht der Gefahr über sich hinaus wächst, der weise Ratgeber, die schutzbedürftige kleine Schwester mit dem großen Herzen, etc. Aber das ist auch gut so, denn in dieser sehr fremden Welt voller Eulen kann man sich so zumindest an etwas Bekanntem festhalten und wortwörtlich den Flug genießen.

Einziger Zähneknirscher des Films ist da ein etwas unpassend klingender Popsong während einer Trainingsmontage, der aber zumindest vom Inhalt her zum Geschehen passt. Ansonsten? Tja, der Film hätte noch gut und gerne deutlich länger gehen und auch einigen Figuren etwas mehr Raum geben können. So bleibt nichts anderes übrig als auf eine Fortsetzung zu hoffen und sich bis dahin noch mal „Die Legende der Wächter“ zum zweiten Mal anzuschauen. Bevorzugt natürlich im Kino mit 3D-Wow-meine-Augen-fangen-gleich-an-zu-ejakulieren-Faktor. Das ist kein „Eye-Candy“ mehr, sondern schlicht und ergreifend „Eye-Porn“!

Filmbewertung: 8/10

(Das ist die vorläufige Wertung für die geschnittene deutsche Kinofassung.)