Man Of Steel

Man Of Steel
Originaltitel: Man Of Steel – Erscheinungsjahr: 2013 – Regie: Zack Snyder

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Darsteller: Henry Cavill, Russell Crowe, Amy Adams, Kevin Costner, Michael Shannon, Diane Lane, Laurence Fishburne, Christopher Meloni, Jadin Gould, Richard Schiff, Antje Traue, Ayelet Zurer u.A.

Filmkritik: Willkommen zu einem der Wendepunkte des modernen Kinos. Oder so. „Man Of Steel“, die neue „düstere und realistische“ Verfilmung von Superman multipliziert sehr viele negative Strömungen des momentanen Event-Kinos ins Hundertfache. Die Geschichte rund um den letzten Überlebenden des Planeten Krypton, welcher auf der Erde als Clark Kent unter liebenden Eltern in Kansas aufwächst, fantastische Kräfte entwickelt und die Menschen beschützt, wird dabei gnadenlos prätentiös ausgeschlachtet. Mit welchen Fehlschritten des Streifens man anfangen soll ist ebenfalls eine schwere Frage. Aber schauen wir uns erst einmal die Geschichte an.

Nach einem effektlastigen Sci-Fi Prolog auf der sterbenden Welt Krypton, schneidet der Film direkt von der auftreffenden Rakete mit dem jungen Superman direkt auf den erwachsen gewordenen „Mann aus Stahl“, der die Welt bereist. Er erfährt, dass ein Alien-Raumschiff gefunden wurde und auf seinem Weg wird immer wieder zurück in die Vergangenheit geschnitten und sein Werdegang illustriert. Eigentlich keine schlechte Idee, wären nicht sämtliche Dialoge so triefend pathetischer Dreck, dass es zum Himmel stinkt. Sämtliche Rückblenden kann man so zusammenfassen:

„Clark, du bist für Großes geschaffen, irgendwann wirst du deine wahre Bestimmung finden!“
– „Ist es Leute zu retten?“
„Vielleicht, aber du darfst deine Kräfte den Menschen vorerst nicht zeigen, sie würden es nicht verstehen!“

Aus der eigentlich sympathischen Figur von Supermans Ziehvater, gespielt von Kevin Costner, wird so ein komplett unsympathischer Vollidiot, der andeutet, dass Clark gerne auch mal einen Bus voller Kinder hätte absaufen lassen können und sich sogar – SPOILER – selbst opfert, um diesem Punkt Nachdruck zu verleihen.

Und warum darf Clark sich den Menschen nicht präsentieren? Ganz einfach: Damit das von Christopher Nolan und David S. Goyer geschriebene Drehbuch mit unsubtiler Jesus-Allegorie den Zuschauer ins Wachkoma prügeln darf. Erst mit 33 Jahren (wie Jesus) gibt sich Supermann wirklich zu erkennen und vor dem Finale geht der Übermensch in eine Kirche und redet mit einem Priester über sein mögliches Outing. Dabei sitzt Clark ganz subtil vor einem sonnendurchfluteten Fenster, welches den betenden Jesus zeigt. Wow.

Russel Crowe als Supermans leiblicher Vater darf derweil stetig etwas davon reden, dass sein Sohn die Menschen in ein neues Zeitalter führen wird. Pathetisch Bla und Blubb. Dabei ist Crowe noch eine der interessantesten Figuren des Geschehens. Die von Amy Adams dargestellte Lois Lane darf als Expositions-Charakter fungieren und eine wirkliche Dynamik mit weiteren Figuren stellt sich ohnehin nicht ein, da alle Charaktere stetig aneinander vorbei zu monologisieren scheinen. Hochtrabende Reden statt knackiger Dialoge.

Super Kollateralschaden

Die Tatsache, dass „Man Of Steel“ ein „Origin“-Film sein will, aber scheinbar gleichzeitig annimmt, dass die Zuschauer ohnehin wissen, wie Superman zu dem geworden ist, was er (in den Comics) ist, stellt dabei noch nicht einmal den schlimmsten Fehltritt des Geschehens dar.

Denn, noch einmal für Comic-Unkundige: Was macht Superman aus? Er kann fliegen, ist unverwundbar, extrem kräftig, hat einen Hitzeblick und rettet Menschen. Letzteres kann man aber so ziemlich vergessen. Ein Schulbus und eine Ölplattform werden zu Beginn gerettet, aber nachdem die bösen Kryptonier rund um Michael Shannons „General Zod“ auftauchen, geht es so richtig rund mit dem Kollateralschaden. Und, ja, wenn so mächtige Superwesen mit einander kämpfen würden, dürfte sicherlich das eine oder andere Gebäude in Flammen aufgehen, aber Superman wäre dabei der Letzte, der seinen Gegner IN EINE VOLLBESETZTE TANKSTELLE WIRFT die dann natürlich auch gleich explodiert. Nachdem das kleine Kaff Smallville, in dem Clark aufgewachsen ist, so schon ziemlich dezimiert wurde, geht es aber erst richtig los. Metropolis, die zukünftige Heimatstadt von Superman, wird schlicht und ergreifend dem Erdboden gleich gemacht. Wortwörtlich. Einstürzende Hochhäuser, durch die Luft fliegende Menschen, 9/11 mal hundert ist hier angesagt. im Finalen kampf zerstört Superman Wolkenkratzer und Co. und anstatt die episch inszenierte Action abzufeiern meldet sich die kleine Stimme im Hinterkopf die zwei Sachen meint: „Oh Scheiße, geht da viel zu Bruch!“ und „Müsste Superman nicht irgendwann mal irgendwen aus diesen Gebäuden retten?“

All dies gipfelt in einem furchtbar konstruierten Finale, welches zusätzlich komplett aus dem Nirgendwo kommt, denn… -> den weiteren Text zum Lesen markieren
zum Schluss bricht Superman Zods Genick, als dieser vier(!) Unschuldige mit seinem Hitzeblick bedroht. Die vorherigen hunderttausend Opfer? Egal. Anstatt das Story-Element „Superman tötet nicht“ überhaupt zu thematisieren und die Situation so dramatisch zu machen, passiert es einfach. Denn wir haben es hier ja mit einem „düsteren und realistischen“ Film zu tun.

Wie stand es doch mal so schön in einem Comic von Autor Grant Morrison?
„Only a bitter little adolescent boy could confuse realism with pessimism.”
(“Nur ein verbitterter Halbwüchsiger verwechselt ‘Realismus’ mit ‘Pessimismus’.”)

Anstatt einen Superman zu zeigen, der wirklich “super” ist, der Menschen rettet und vielleicht als finalen Ausweg gegen seine Überzeugung handeln muss, gibt es hier nur das Spektakel. Nur Effekte und Krawall in einer extremst konstruierten Geschichte, anstatt eben jene positive Alternative zu zeigen, die Superman eigentlich ist, die wirkliche Vorbildfunktion, welcher die Menschen folgen sollen. Er ist super schnell und wir könnten zeigen, wie er schnell ein Hochhaus evakuiert, aber, fuck that, wir müssen eine Großstadt effektvoll einreißen, damit auch ja der Kinozuschauer noch mehr Bombast-Spektakel präsentiert bekommt.

Kleinere Fehltritte, wie die Tatsache, dass Clarks Geheimidentität quasi sofort auffliegt, eigentlich kein „Clark Kent“ überhaupt in der Geschichte vor kommt und die pathetischen Momente im Finale, bei dem drei Mitarbeiter der „Daily Planet“-Nachrichtenredaktion anscheinend die Einzigen sind, welche den „Superman Holocaust“ in Metropolis überleben, sind da schnell vergessen. Hauptsache das Spektakel lebt, Hauptsache es gibt Krawall. Und, zugegeben, der Krawall ist großartig. Aber eben leider schon so unmenschlich, so kühl, distanziert und im Endeffekt als zynische Effektshow inszeniert, dass es eine Schande ist, dass Superman anscheinend nun „realistisch“ nicht mehr ansatzweise der Charakter ist, der er eigentlich sein sollte. Oder zu dem ihn die kitschigen Dialoge und Jesus-Analogien im Film aufbauen wollen.

Das Erschreckendste? Viele Leute scheinen den seelenlosen Gigantismus der hier zelebriert wird richtig zu schätzen. „So muss das sein“, hörte man da manches Mal. Was? Selbst der furchtbar lahmarschige „Superman Returns“ war auf den Charakter seiner Hauptfigur bezogen tausend Mal treffender als die „Man Of Steel“-Travestie. Zugegeben, wer einzig schniecke Bilder und „Boom“ haben will, der kriegt dies hier in Hülle und Fülle, aber nach dem abgefahrenen Prolog auf Krypton gibt es bis zum Finale einfach ein großes Nichts. Nicht-Charakterentwicklungen, Nicht-Handlungen und nicht involvierende, ewig vor sich hin palavernde Pseudo-Tiefsinn-Dialoge.

Es kann nicht nur besser gemacht werden als „Man Of Steel“, es MUSS auch besser gemacht werden als „Man Of Steel“. Oh. Und als kleine Notiz am Rande: Zack Snyders Stil in allen Ehren, aber er sollte das hier oft zelebrierte, mehrfache Reinzoomen in eine Szene schnellstens wieder aus seinem System verbannen.

Ganz zu schweigen davon, dass wohl jeder andere Snyder-Streifen sich besser für 3D anbietet als der überraschend schnell geschnittene „Man Of Steel“, dessen fetischisierte Zoom-Ins schlicht und ergreifend nutzlos sind.

Filmbewertung: 5/10 (?)

P.S.: Henry Cavill ist ein großartiger Darsteller für die Rolle des „Superman“. Eine Schande, dass er wegen diesen wegen des miserablen Drehbuchs nicht wirklich spielen darf…