The Last Stand

The Last Stand
Originaltitel: The Last Stand – Erscheinungsjahr: 2013 – Regie: Kim Ji-woon



Darsteller:
Arnold Schwarzenegger, Rodrigo Santoro, Jaimie Alexander, Genesis Rodriguez, Forest Whitaker, Peter Stormare, Johnny Knoxville, Harry Dean Stanton, Zach Gilford, Luis Guzmán, Daniel Henney, John Patrick Amedori u.A.

Filmkritik: Armer Arnie.

Nicht nur scheint sein Film in Übersee gerade ziemlich zu floppen, sondern er wird auch noch in den USA wie auch hier auf Pressevorstellungen angegangen bezüglich des angeblich vorherrschenden Waffenfetischismuses, der harten Gangart und der generellen „Das passt doch nicht mehr in unsere Zeit!“-Attitüde, welche manch ein Kritiker vermeintlich in diesem Comeback-Streifen gesehen haben will.

Bezeichnend, dass Wolfram Kons, der in natura sympathische und diskussionsfreudige Mensch der bei RTL arbeitet und auch das Pressegespräch moderiert hat, direkt die Bezüge zum momentanen Waffenknatsch in Amerika aufstellte. Ohne (zu diesem Zeitpunkt) zu wissen wer der nette Mann, der mir während der Pressevorstellung M & Ms angeboten hatte überhaupt war, entstand nach der Sichtung ein interessantes Gespräch darüber, dass eben „The Last Stand“ weniger reaktionäre Gewaltphantasie – überhaupt DAS Klischee-Vorurteil gegenüber handfester Action – sei, sondern viel mehr all die seit mehreren Jahrzehnten im Genre befindlichen Grundregeln und Set-Ups so gut wie kaum ein anderes Werk in letzter Zeit auffährt.

Natürlich ist auch hier der Punkt, dass eine böse, quasi-faschistoide Gedankenrichtung natürlich in das Werk hineininterpretiert werden könnte. „Yeah Arnie, schieß dem bösen Penner voll ins Gesicht! Uh, yeah. So geht das!“ sind da nur ein paar der emotionalen Anflüge, die vom Film hervorgerufen werden und sichtlich intendiert sind. Und das ist ja eben der Punkt: Die Action-Katharsis, der Moment, in welchem „die Bösen das kriegen was sie verdienen!“
Actionfilme im Allgemeinen und Arnie-Filme im Besonderen haben selten eine sonderlich tiefe Charakterisierung, noch bieten sie vielschichtige Motivationen, diskutierbare Handlungsweisen oder überhaupt auch nur den Wunsch nach einer nachfolgenden Diskussion über die gerade gesehenen politischen Elemente. (Ganz im Gegensatz eben zu manchen Streifen von Sylvester Stallone oder Steven Seagal.)
Die fast schon infantile, aber dadurch wohl so befriedigend schwarz-weiße Gerechtigkeitszeichnung überwiegt. Da ist der Bösewicht der Böses tut und dementsprechend verhauen werden, im schlimmsten Fall sogar mit einer Kugel ins Jenseits befördert werden muss.
All dies ist ein geistiges Abschalten von einer komplexeren, von Schulamokläufen, Waffengesetzen und politischen Diskussionen belagerten Welt. Für die Länge eines Kinobesuches muss man sich nicht die Frage stellen, ob die geopolitischen Machtgefüge vielleicht eine andere Moralhaftigkeit diktieren könnten, oder welche weiteren Zusammenhänge und Folgen aus der vorherrschenden „Gewalt/Gegen-Gewalt“-Situation entstehen.

Action wie aus vergangenen Tagen

Arnie ist der Gute und der böse Drogenboss samt untergebenen Fieslingen (klar, Peter Stormare) stellt eben die Bösenfraktion dar, die konsequent mehr gegeneinander vorgehen, bis es zu einer kathartischen – die aufgebaute (An-)Spannung auflösenden – Finale kommt, in welchem rumgeballert, rumgesprengt, rumgefahren und rumgestorben wird. Und in diesem Sinne ist „The Last Stand“ schlicht ganz, ganz großes Kino.

Die von dem Koreaner Kim Ji-woon inszenierte Geschichte beginnt damit, dass ein Kartellboss bei der Gefangenenüberführung abhaut, eine Agentin als Geisel nimmt und in Richtung Mexiko fährt. Zwar kann der Fiesling seinen anderen Fiesling (Stormare) in ein verschlafenes Nest schicken, um einen direkten Übergang nach Mexiko zu basteln und auch auf dem Weg alle Hindernisse beseitigen, hat jedoch nicht mit Arnie gerechnet, welcher als alternder Sheriff seinen Lebensabend in eben jenem Kuhkaff verbringt.

Arnie zur Seite stehen ein witziger Sidekick (Luis Guzmán, welcher später im Film noch den besten Bad-Ass-Auftritt seiner Karriere spendiert bekommt), die durchgreifende, aber noch unerfahrene hübsche Frau (hübsch und durchgreifend: Jaimie Alexander) sowie der Neuling, welcher gerne was erleben will, sich aber in seinem eigenen Polizeiauto verirren würde und direkt zu Filmbeginn die Nase bricht, weil die Magnum mit der er schießt einen zu hohen Rückschlag hat. Arnie nimmt ihm dann die Waffe aus der Hand, guckt grimmig und schießt die Titeleinblendung in den Film. Oh yeah, so muss das sein! (<- Das nur noch einmal als Beispiel der „Oh yeah!“-Momente, über welche dieser Film in Massen verfügt.)
Nicht ganz vergessen sollte man Johnny Knoxville als verrückten Idioten mit riesigem Waffenlager, welcher und welches sich nachher im Finale natürlich gut machen. In einer Szene darf Knoxville sogar so etwas Ähnliches wie einen „JackAss“-Stunt machen. Die Serie ist zwar gar nicht mehr so hip, aber da „The Last Stand“ ohnehin ein Streifen ist, der sich angenehm altmodisch gibt, ist dies vielleicht sogar ganz passend.

Der Film an sich bietet wenig bis gar keinen Punkt zur Kritik. Einzig, dass am Ende manch ein Green Screen-Bild etwas zu durchsichtig ist in seiner Rückprojektion fällt da gerade ein. Ansonsten? Der sich zu Anfang nach geruhsam gebende Streifen ist das PERFEKTE Comeback-Vehikel für Schwarzenegger. Fast schon als Meta-Text zu verstehen schlendert dieser am Anfang in kurzer Hose und Sandaletten durch die Gegend, nur um Stück für Stück wieder an die Action herangeführt zu werden. Der von Forrest Whitaker gespielte Agent, der sich um das Wiedereinfangen des Kartellbosses kümmert, ist zu Anfang wenig angetan von dem „alten Dorfsheriff“ welcher tunlicht „nicht in die Quere“ kommen sollte. Am Ende des Films kommen dagegen Worte wie „Ich habe sie extrem unterschätzt!“, „Das war eine gute Arbeit, sie haben es noch drauf wie früher!“ oder auch schlicht „Sehr beeindruckend!“
All dies entspricht ziemlich genau dem Dialog, welcher sich zwischen zweifelnden Kritikern und Arnie selbst hätte zutragen können. Einmal eben vor und einmal nach dem Geschehen, denn nach „The Last Stand“ zu urteilen hat es Arnie immer noch drauf.
Auch wenn er langsam aussieht wie die He-Man-Actionfiguren-Variante von Clint Eastwood.  Die Beiden kriegen langsam genau die gleichen Falten in ihrem runzligen Gesicht.

Und generell muss man neben der ruhigen, aber dennoch dynamischen Kameraführung, den treibenden Soundtracks und dem überraschend guten Darstelleraufgebot die generelle Struktur des Films noch loben: Einem Paradebeispiel gleich eskaliert die Action immer mehr. Von einzelnen Schüssen, über kleinere Gefechte und Verfolgungsjagden bis zum Schluss, wo Arnies Dorf einem Kriegsschauplatz gleicht, Leute auf den Straßen in zwei Hälfte geschossen oder auch aus Häusern geworfen werden.

Der typische Arnie-Augenzwinker-Humor ist dabei auch stets präsent, wenn etwa Großmütter Gangster mit Schrotflinten erschießen, Schwarzenegger die guten alten One-Liner auspackt oder witzige Gespräche mit seinen etwas zu gelassenen Mitbürgern führt, die gespannt die Action beobachten. „Geht es dir gut?“ fragt da einer nachdem Arnie etwas schmerzhaft gerade mit einem Gangster durch ein Vordach auf den Bordstein geknallt ist und verbalisiert das, was wohl auch der Zuschauer denkt. Nein, noch mehr, sogar im Film gibt es in diesem Sinne Zuschauer der Action. Auf der wievielten Meta-Ebene sind wir gerade noch einmal?

Ab 16 und immer noch „Arnie genug“?

Um hiesigen Fans auch die ganze Packung Arnold-Nostalgie zu bescheren hat es sich der Verleiher Splendid dann auch nicht nehmen lassen und statt der ungekürzten ab 18-Fassung die um etwa eine halbe Minute geschnittene 16er Fassung in die Kinos gebracht. So sind einige Kopfschüsse und andere Nettigkeiten wohl auf dem Boden den Schneideraumes zu finden und wecken so Erinnerungen an jene anno dazumals geschnittene Kinofassungen, mit welchen Arnie bereits in den 80ern mehr zu kämpfen hatte als mit all seinen Filmbösewichten.
Fallen die Schnitte negativ auf? Die allumfassende Antwort darauf ist: Jein.

Wenn man weiß, dass der Streifen geschnitten ist, legt sich eine gewisse Paranoia über den Film, so dass bei ein paar Stellen gar nicht mal sicher ist, ob der eine oder andere Moment nicht ohnehin im Off stattfindet, während es bei anderen Szenen schmerzhaft offensichtlich ist, dass hier gerade die eine oder andere Blutigkeit wegrationalisiert wurde, damit auch ja die hippen Teenager jetzt den Streifen im Kino sehen und Arnold „den alten Sack“ beim Leuteerschießen zusehen dürfen.
Und ist es nicht überhaupt fraglich, welchem 16 Jährigen der Schwarzenegger überhaupt noch ein sonderlicher Begriff ist? „The Last Stand – mit Taylor Lautner“, jau, das würde sitzen und wohl berechtigterweise eine Jugendfreigabe haben, aber ein Arnold Schwarzenegger-Streifen? Besonders einer, welcher NICHT aktuelle ADHS-Schnitttechnik, Wackelkamera-Klischees oder „voll hippe Musik, yo“ zu bieten hat? Schade, dass man natürlich nicht sowohl einmal das Einspiel mit FSK18- und einmal mit FSK16-Freigabe mit einander vergleichen kann, denn die Zahlen würden mich da mal stark interessieren.
Aber ohne langes Drumherum: Lohnt sich der Film im Kino? Falls man „einfach einen Schwarzenegger-Film“ mal wieder auf der großen Leinwand sehen will, ist die Antwort: JA! Die Schnitte sind störend, die Schnitte sind doof, aber MIT den Schnitten als Negativpunkt kommen wir trotz allem auf die

Filmbewertung: 8/10

Die bereits für die DVD/Blu-Ray-Auswertung angekündigte ab 18-Fassung kann sich dann sogar über noch einen weiteren Punkt freuen. All jene die mal wieder klassisches Actionkino wie aus vergangenen Tagen sehen wollen, liegen mit „The Last Stand“ goldrichtig. Und sollte dies, nach den überraschend ernüchternden Einspielergebissen, erst einmal der letzte harte, eigentlich nicht jugendfreie Actionstreifen von Arnie bleiben, ja, selbst dann wäre „The Last Stand“ ein würdiger Kandidat als letzten Eintrag in Schwarzeneggers Actionkarriere. Aber lasst uns doch mal die Daumen drücken, dass es nicht dazu kommt…

 

C4rter ist mit der Blu-ray Uncut und im O-Ton dabei:

Da es ja praktisch fast keine Chance gab den neuen Schwarzenegger-Film Uncut und im O-Ton zu sehen, hatte ich mir auch diesen Film im Kino dann leider kneifen müssen. Aber nun auf Blu-ray sieht das natürlich anders aus und etwas verspätet komme auch ich noch in den Genuss des Arnie-Comebacks.
Im großen und ganzen muss ich mich deinen Worten wieder mal anschließen. Wunderbar klassisch aufgebautes Action-Vehikel das seine Action sauber und ruhig inszeniert und diese in Schübe einbaut, die dann am Ende in Gänze explodieren. Das einzige was etwa schade sein mag, das Arnie in mancher Action-Szene doch mehr wie Beiwerk wirkt als wie der bekannte alles umstoßende Eichenbaum. Doch dies ist wohl auch der Story geschuldet, die ihn als genau diesen Typen zeigen. Die dicke Action WOLLEN hier andere erleben, er MUSS sie halt nochmal erleben.
Das Greenscreen-Ende ist in der Tat etwas offensichtlich und deplatziert und auch der ganze Faustkampf musste nun nicht unbedingt sein aber die Ballerei und Fahrerei zuvor entschädigt doch für vieles und so ist „The Last Stand“ wirklich das bleierne Comeback geworden was man erwartet hat. Und leider ist er ja auch wie Blei im Kinosaal liegen geblieben… Hoffen wir mal auf die Blu-ray Umsätze.

Filmbewertung: 8/10

Doppel-Review-Notenschnitt: 8/10