Haywire
Originaltitel: Haywire – Erscheinungsjahr: 2011 – Regie: Steven Soderbergh
Darsteller: Channing Tatum, Ewan McGregor, Michael Fassbender, Michael Douglas, Antonio Banderas, Bill Paxton, Michael Angarano, Mathieu Kassovitz, Gina Carano, Eddie J. Fernandez, Tim Connolly, Anthony Wong
Filmkritik: Die ehemalige Elitesoldatin Mallory (Gina Carano) hat ihre Marine-Karriere an den Nagel gehängt und arbeitet inzwischen für eine private Sicherheitsfirma, die u.a. im Auftrag der US-Regierung weltweit verdeckte Operationen durchführt. Unmittelbar nach einer erfolgreichen Geiselbefreiung in Barcelona überredet sie ihr Boss und Ex-Freund Kenneth (Ewan McGregor) zu einem vermeintlichen Routinejob in Dublin, bei dem sie lediglich dem britischen Geheimagenten Paul (Michael Fassbender) assistieren soll. Vor Ort kann sie gerade noch einer ihr gestellten Falle entgehen und ist fortan auf der Flucht. Völlig auf sich allein gestellt versucht sie ihren Häschern zu entgehen und die Hintergründe der Verschwörung aufzudecken…
Nachdem Regisseur Steven Soderbergh vor einiger Zeit angekündigt hat, alsbald den Regiestuhl an den Nagel hängen zu wollen, schossen nach und nach plötzlich Werke von ihm aus dem Boden. „The Girlfriend Experience“, „Contagion“ oder eben „Haywire“. Und jedes dieser Werke hat etwas gemeinsam: Es wäre wirklich schade wenn Soderbergh wirklich bald aufhören würde Film zu drehen.
Bei „Haywire“ handelt es sich im Grunde um einen gewöhnlichen Action-Thriller. Eine etwas wirre Agentenstory um Doppelagenten, Verrat und Vertuschung. Doch Soderbergh wäre nicht Soderbergh wenn sich „Haywire“ durch den einen oder anderen Faktor von anderen Genre-Filmen unterscheiden würde.
Denn ähnlich wie in seinem 2009er Werk „The Girlfriend Experience“ hat er für die Hauptrolle eine quasi Laiin besetzt. War es in dem Drama „The Girlfriend Experience“ Porno-Darstellerin Sasha Grey ist es in „Haywire“ Mixed Martial Arts Expertin Gina Carano.
Die Besetzung einer derart schlagkräftigen Person weiß Soderbergh sogleich auch für seinen Film zu nutzen. Das führt dazu, dass „Haywire“ einige der intensivsten Action-Szenen der Neuzeit aufzuweisen hat. Meist ist der generelle Ablauf bei Action-Szenen in heutigen Thrillern wie z.B. den Bourne-Filmen ja dieser:
Eine Konfrontation, vornehmlich ein Faustkampf entsteht, ein Schnitt passiert und danach folgt meist wildes Kameragewackel um (angeblich) ein Mittendringefühl zu erzeugen und zum anderen auch die Stuntleute zu kaschieren. Bei „Haywire“ ist das Schnee von gestern.
Wenn hier ein Handgemenge entsteht, gibt es nicht einmal einen Schnitt der den Faustkampf einleitet. Zuvor ganz normale Szenen entwickeln sich von der einen zur anderen Sekunde zu wilden Prügeleien, bei denen man jederzeit sieht, dass Carano und ihr gegenüber wirklich die Szenen so gedreht haben. Durch recht realistische Schlaggeräusche und den Verzicht von allzu aufdringlicher Musik in solchen Szenen führt mit dem generellen Realismus dieser Kämpfe schließlich zu wirklich packenden aber eben auch übersichtlich gefilmten Auseinandersetzungen die jedes Mal aufs neue faszinieren.
Und auch abseits der Prügelszenen setzt Soderbergh auf Realismus. Wenn Gina einen Geländewagen durch einen Schneebedeckten Wald lenkt fühlt man sich ebenfalls wie mittendrin statt nur dabei.
Dazu gesellt sich der Soderbergh typische Look der irgendwo zwischen Hochglanz, gezielter Sterilität und generellem Unwohlsein anzuordnen ist und ein überraschend stimmiger, meist elektronischer Soundtrack, der die meiste Zeit sowieso gezielt im Hintergrund Verwendung findet.
Leider kann ausgerechnet die Geschichte des Ganzen nicht mithalten. Die Erzählstruktur, die sich die erste Hälfte der Laufzeit in Rückblenden ergießt, ist gewöhnungsbedürftig und schnell als Storybremser entlarvt. Aber auch generell lockt die Agenten-Geschichte keinen Thriller-Fan hinterm Ofen hervor. Zu offensichtlich sind die Twists und zu egal ist einem, wer nun die Drahtzieher sind, da es am Ende sowieso irgendwie jeder war. Wer sich „Haywire“ ansieht, dann weil er endlich mal wieder handfeste Keilereien sehen will. Oder wegen den vielen bekannten Stars, denn überraschend geben sich hier Leute wie Michael Douglas, Antonio Banderas und Ewan McGregor die Klinke in die Hand. In der Hauptrolle auf einen großen Star zu verzichten scheint wirklich nur Vorteile zu haben.
Wenn neben der klasse Action und dem gewohnt guten Filmstil auch das Drehbuch gepasst hätte, wäre „Haywire“ wohl für viele ein All-Time- Favourite geworden. So ist es leider „nur“ ein guter Action-Thriller.
Filmbewertung: 7/10
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