Camorra

Camorra
Originaltitel: Camorra – Erscheinungsjahr: 1972- Regie: Pasquale Squitieri



Darsteller:
Fabio Testi, Jean Seberg, Raymond Pellegrin, Charles Vanel, Germana Carnacina, Paul Muller, Lilla Brignone, Enzo Cannavale, Ugo D’Alessio, Enzo Turco, Alberto Farnese, Nino Vingelli u.A.

Filmkritik: Es dürfte wohl für niemanden neu sein, dass Filme über die Mafia in Italien sich seit jeher größter Beliebtheit erfreuen. Dabei ist die Camorra mit ihrem Hauptsitz in Neapel die älteste Verbrecherorganisation dieses Landes und so sindhat bereits etliche Streifen unter eben jenem Namen bereits erschienen.

1972, am Anbeginn des italienischen Polizei- und Gangsterfilm-Booms erschien so dieses ebenfalls schlicht „Camorra“ betitelte Werk in den Lichtspielhäusern. Als Darsteller fungierte wie so oft Fabio Testi, der auch vorher und nachher noch zig Rollen in diesem beliebten Untergenre annehmen sollte. Wie der Titel vielleicht schon verrät geht es dieses Mal um einen kleinen Automechaniker, der nach zwei Jahren im Gefängnis versucht beim organisierten Verbrechen Fuß zu fassen und sich stufenweise seinen Weg immer weiter nach oben auf der Befehlskette erarbeitet.

Weniger Krimi, sondern viel mehr Milieustudio ist der Film von Pasquale Squitieri schließlich geworden. Der Regisseur, welcher in einem frühren Streich 1970 gar „Django gegen Sartana“ hat antreten lassen, sollte auch in späteren Jahren das Thema immer wieder aufgreifen. Titel wie „Der Aufstieg des Paten“ und „Die Rache der Camorra“ sprechen da Bände. So darf Fabio Testi auch weniger den Actionhelden mimen, auch wenn es zwischendurch berufsbedingt natürlich zu einigen Schießereien und Gewalttaten kommt, sondern seine Figur ist umgeben von zahlreichen Nebenfiguren. Angefangen bei seiner Familie, über die frühen Mafiakontakte bis hin zu den großen Dons wird ein wahres Kaleidoskop unterschiedlicher Personen gezeigt, die alle mehr oder weniger eben mit oder von dem Verbrechen leben.

Der Werdegang vom kleinen Handlanger zum großen Macher wird dann von Squitieri flott in Szene gesetzt, ohne überhastet zu wirken. Aber anscheinend dachten dies damals nicht die Verantwortlichen für die deutsche Version, die nämlich rigeros (neben einer Hand voll kleineren Szenen) gleich zwei gesamte Stationen auf der Karriereleiter des von Testi dargestellten Kriminellen einfach mal zur Beschleunigung des Ganzen herausgeschnitten haben. Eine Schande, da gerade „Camorra“ eines jener Werke ist, bei dem der Weg eben das Ziel ist.

Ironischerweise ist das Ziel, sprich, der Showdown des Geschehens dann auch der große Negativpunkt des Films, denn wirkte bis dato alles schlüssig und ohne große Kompromisse an den moralischen Zeigefinger, so bekommt der verdutzte Zuschauer nicht nur eben jenen Zeigefinger am Ende beinahe schon ins zuschauende Auge gestochen, sondern das Gezeigte endet dann auch noch so überhastet, als habe man bei den Dreharbeiten plötzlich gemerkt, dass nicht nur das Geld alle ist, sondern dass auch alle Darsteller am nächsten Tag nach Hause müssen. Dies schmälert natürlich dann ziemlich den Gesamteindruck, denn nach gut 100 Minuten schön durchkomponierten Gangsterepos knallt plötzlich ein Schluss ins Bild, der abrupter nicht hätte sein können.

Aber, wie gesagt, der Weg ist das Ziel und der Weg an sich ist eben ziemlich großartig gewesen, so dass Freunde von Italo-Filmen im Besonderen und Gangsterstreifen im Allgemeinen auf jeden Fall einen Blick riskieren sollten. Und vielleicht wirkt, jetzt wo man gewarnt wurde, der Schluss dann nicht mehr ganz so störend. Hoffentlich.

Filmbewertung: 7/10