Black Swan

Black Swan
Originaltitel: Black Swan – Erscheinungsjahr: 2010 – Regie: Darren Aronofsky

Darsteller: Mila Kunis, Natalie Portman, Christopher Gartin, Winona Ryder, Sebastian Stan, Vincent Cassel, Barbara Hershey, Janet Montgomery, Toby Hemingway, Kristina Anapau, Ksenia Solo, Adriene Couvillion u. A.

Executor (16.01.2011)

Filmkritik: Darren Aronofsky ist immer ganz nah dran an seinen Charakteren. Ob jetzt an dem langsam wahnsinnig werdenden Mathe-Genie aus „Pi“, den Drogensüchtigen in der Abwärtsspirale aus „Requiem For A Dream“ oder auch an dem an die ewige Liebe Glaubenden aus „The Fountain“ und natürlich war er auch ganz nah dran am „Wrestler“ und dessen letzter, glorreicher Performance. Ebenso nah dran ist er nun an Nina Sayers, dargestellt von Natalie Portman. Diese ist Ballettänzerin, lebt mit ihrer Mutter, die ebenfalls ehemalige Tänzerin ist und sich ganz dem Wohl und Erfolg ihrer Tochter verschrieben hat und bekommt am Anfang des Films die Gelegenheit ihres Lebens: Nina soll die Schwanenprinzessin in Tschaikowskis „Schwanensee“ und somit die Rollen des weißen wie auch schwarzen Schwans spielen.

Tanzlehrer Thomas Leroy, genau auf den Punkt gespielt von Vincent Cassel, ist sich aber sicher: Nina kann den weißen, den zerbrechlich und hilflos wirkenden Schwan mit Bravour spielen, doch wie ist es mit dem schwarzen, verführenden, boshaften Schwan? So begibt sich die Ballettänzerin auf eine Weg zwischen Selbsterkenntnis und Grenzüberschreitung. Bald vermischen sich ihre Tag- mit Alpträume und Lily, lustvoll gespielt von Mila Kunis, eine gerade frisch zugezogene Tänzerin, sorgt noch zusätzlich dafür, dass Nina bald nicht mehr weiß, ob und wenn ja wie, sie den Premierentag erleben wird…

…und mehr vom Inhalt zu verraten wäre so verbrecherisch wie überflüssig. Wie schon bei seinen vorherigen Filmen ist es fast müßig auf die geniale, technische Seite von Aronofskys Werk einzugehen. Die Kamera dreht sich um die Tänzerinnen und Tänzer wie eine weitere Figur auf der Bühne, was sich im Fokus der Kamera befindet ist mindestens so wichtig wie das, was man eben nicht direkt gezeigt bekommt und wie eigentlich immer passt sich der Stil der jeweiligen (Gefühls)Situation der Hauptfigur nahtlos an. Klassische Musik bildet oftmals den Hintergrund, wenn Clint Mansells einbeziehende Klänge nicht auf der Tonspur zu hören sind und von Darstellerseite gibt es nicht das Geringste zu meckern. Im Gegenteil, Portman spielt intensiv und mitreißend, Cassel ist großartig wie eigentlich immer und Mila Kunis Figurendarstellung ist das Sahnehäubchen obendrauf, welches diese schauspielerische Dreieinigkeit vollendet.

Abgeschmeckt wird all das mit vielen, kleinen aber brilliant gemachten Effekten, die für das überraschend hohe Maß an Horror im Film sorgen. Bei der Metamorphose zum Schwan bleiben eben schmerzhafte Veränderungen nicht aus.

Das Überraschendste ist dabei, dass Darren Aronofsky nach „The Wrestler“ mit „Black Swan“ eigentlich noch mal die gleiche Geschichte verfilmt hat. Ganz so, als sei Mickey Rourkes alte Herren-Abgesang die männliche und Natalie Portmans Ballerinapsychoterror die weibliche Seite der selben Medaille. Angefangen bei den Motiven, über die verschiedenen Stationen des Aufbäumens bis hin zum jeweils konsequenten Ende.

Aber genauso gibt es dann auch zahlreiche Unterschiede. Wo der eine mit roher Ehrlichkeit arbeitet, belügt die Andere sich selbst. Während Rourkes Weg voll großer Traurigkeit ist, so deliriert Portmans Figur in „Black Swan“ gleichzeitig zwischen  verschiedensten Emotionen. Auf der einen Seite der Mut ins Ausweglose, auf der anderen Seite die Angst vor der totalen Freiheit.

So kann man am Ende „Black Swan“ kaum etwas ankreiden, außer vielleicht, dass er eben genau das ist, was man, nach „The Wrestler“, dem Trailer oder einem Review wie diesem, nun vom Film erwartet. Darren Aronofsky ist eben ganz nah an seinen Figuren dran und dass er sich nun der Selbstbestimmung des Künstlers gleich in seiner dualen Gesamtheit aus dem Blickwinkel beider Geschlechter angenommen hat ist lobenswert, aber es bleibt zu hoffen, dass er für seinen nächsten Film nun wieder einen anderen Menschentyp findet, dessen Essenz er auf die Leinwand destillieren kann.

Filmbewertung: 9/10

C4rter (18.01.2011)

Filmkritik: Irgendwie ist Darren Aronofsky ja auch so ein kleiner „Black Swan“. Eine Ausnahme unter der Masse. Nun ja, nicht ganz so auffällig vielleicht wie ein schwarzer Schwan aber doch hält Aronofsky weiterhin beständig an seiner Art Filme zu machen fest und lässt sich davon auch kaum abbringen. Und wenn das wie im Falle von „Black Swan“ heißt nur eine Abwandlung seines „The Wrestlers“ Themas zu bringen, nun, dann sei es so. Im Gegensatz zu ähnlichen Filmemachern wie Michel Gondry begibt sich Aronofsky bislang zumindest nicht in die Position sich mit einem Film wie „The Green Hornet“ doch mal etwas die Taschen zu füllen. Aber was steht da am Horizont geschrieben? „The Wolverine“?. Nun denn, damit geht diese Ära dann wohl auch einmal zu Ende. Zum Inhalt:

„Black Swan“ handelt von der 28 jährigen Nina (Natalie Portman). Nina ist Ballerina in einem Balletunternehmen in New York City. Bei ihr dreht sich, wie bei ihren Kolleginnen auch, alles ums Tanzen. Sie lebt zusammen mit ihrer Mutter Erica (Barbara Hershey), einer Ballerina im Ruhestand, die eifrig die Karriere ihrer Tochter fördert, mit dem Hintergrund das sie ja wegen ihrer Tochter ihre eigene Karriere frühzeitig beenden musste.
Als der künstlerische Leiter Thomas Leroy (Vincent Cassel) sich dazu entschließt, die erfolgreiche Ballerina Beth MacIntyre (Winona Ryder) für den Produktionsauftakt der neuen Saison, die mit „Schwanensee“ beginnt, zu ersetzen, ist Nina gewillt diese Rolle zu besetzen. Auf eine Hauptrolle wartet sie nun schon so lange.
Aber Nina hat eine Konkurrentin: Eine neue Tänzerin, Lily (Mila Kunis), beeindruckt Thomas ebenfalls. „Schwanensee“ erfordert eine Tänzerin, die sowohl den Weißen Schwan mit Unschuld und Grazie, als auch den Schwarzen Schwan, der für List und Sinnlichkeit steht, spielen kann. Während Nina bislang nur perfekt ist für die Rolle des Weißen Schwans, ist Lily die Personifikation des Schwarzen Schwans. Thomas versucht mit offensichtlichen sexuellen Annäherungen Nina auf die „dunkle Seite“ zu ziehen. Und während die jungen Tänzerinnen ihre Rivalität zu einer verworrenen Freundschaft umwandeln, wendet sich Nina immer mehr mit ihrer verborgenen dunklen und rücksichtslosen Seite zu, welche sie bald zu zerstören droht.

An „Black Swan“ bin ich praktisch ohne jede Erwartung herangegangen. Weder kannte ich den Trailer noch habe ich mir eine Inhaltsangabe oder ein Review durchgelesen. Das einzige was mir bekannt war, war der Ballet-Hintergrund.
Im Endeffekt ist das wohl auch genau der richtige Ansatz um „Black Swan“ zu genießen. Der Film überrascht den unbedarften Zuschauer nämlich immer wieder mit unerwarteten Szenen. Nicht nur, dass Aronofsky den Film so konsequent düster und grau gefilmt hat, dass ich mir sicher bin das es nicht einmal Sonnenlicht zu sehen gab. Auch schafft er es immer wieder dem Zuschauer ein derart unwohles Gefühl und ein totales Unbehagen zu verschaffen, das man sich lange Zeit gar nicht wirklich im Klaren ist welchem Genre man „Black Swan“ nun überhaupt zuordnen sollte. Immer wieder eingestreute Ekel-Szenen und tolle Referenzen in Richtung „The Fly“ überrumpeln jegliche Erwartungshaltung dann schlussendlich.

Die Geschichte die hier erzählt wird, ist durchweg im Prinzip ziemlich konventionell. Die Tochter die mit 28 noch zuhause wohnt, keine leichte Kindheit hatte und zudem eine Mutter für die Privatsphäre oder „loslassen“ Fremdworte sind, sieht man in „Black Swan“ nun wahrlich nicht zum ersten Mal. Aber Aronfosky schafft es diese Geschichte durch diverse Komponenten von neuem aufzurollen und dabei gleichzeitig sehr interessant und erfrischend anders darzustellen. Er schafft es nicht nur das Thema Ballet quasi auch dem letzten Gegner schmackhaft zu machen sondern bekommt es zudem hin, das einem die Geschichte zu keinem Zeitpunkt zu simpel vorkommt.

Mitverantwortlich für die dichte Atmosphäre sind allerdings auch die Schauspieler. Allen voran Natalie Portman, die mir nach „No Strings Attached“ dann doch wieder gezeigt hat was sie kann. Beinahe mühelos stemmt sie die Hauptrolle und lässt jegliche Veränderungen ihrer Figur sehr glaubhaft auf den Zuschauer wirken. Aber auch Mila Kunis als Gegenpol funktioniert prächtig, vor allem auch weil beide Darstellerinnen generell das genaue Gegenteil voneinander darstellen. Vincent Cassel als Ballet-Trainer strahlt, wer seine bisherigen Rollen kennt, zudem eine ganz eigene unheimliche Atmosphäre aus als Mann der auch mal gerne zupackt.

Dem Soundtrack, der sich als herrliche Abwandlung von „Schwanensee“ herausstellt, gelingt es zudem die meisten Szenen gekonnt zu unterstreichen.

„Black Swan“ ist auf der einen Seite enorm konventionell um auf der anderen durch Machart und gewisse Storykniffe den Zuschauer ein ums andere Mal zu überraschen. Zwar kommt das Ende des Films nicht wirklich überraschend, aber es sind auch mehr die kleinen Abwandlungen der Geschichte die den Unterschied machen. „Black Swan“ ist nun gewiss kein Überfilm, aber auf dem schmalen Grad zwischen Arthouse und Unterhaltungsfilm hält sich „Black Swan“ sehr gut und sollte definitiv auch für den normalen Kinogänger einen Besuch wert sein.

Filmbewertung: 8/10

Doppel-Review-Notenschnitt: 8,5/10