Inglourious Basterds

Inglourious Basterds
Originaltitel: Inglourious Basterds Erscheinungsjahr:2009 – Regie: Quentin Tarantino

Darsteller: Brad Pitt, Mélanie Laurent, Eli Roth, Christoph Waltz, Michael Fassbender, Diane Kruger, Daniel Brühl, Til Schweiger, Gedeon Burkhard, Jacky Ido

Filmkritik: Da ich völlig überraschend wieder eine Einladung zu einer Pressevorführung bekommen habe(wie damals bei „Drag me to Hell“) hatte ich heute die Chance „Inglourious Basterds“ zu sehen, den neuen Film von meinem Lieblingsregisseur Quentin Tarantino. Er versuchte sich mit dem Film am Genre des Exploitation-Kriegsfilms der 70er, ganz nach seinem Vorbild „Inglorious Bastards“ von Enzo G. Castellari. Da Quentin für seine besonderen Drehbücher und seine besondere Art einen Film zu machen ja bekannt ist, war ein Kriegsfilm aus seiner Feder einmal eine ganz neue Erfahrung und ich war mörderisch gespannt drauf.

Im ersten Jahr der deutschen Besatzung Frankreichs. Shosanna Dreyfuss(Melanie Laurent) muss mit ansehen wie Nazi Oberst Hans Landa(Christoph Waltz) ihre gesamte Familie ermordet. Shoshanna gelingt es nur knapp zu entkommen. Sie flieht nach Paris und legt sich dort eine neue Identität als Besitzerin eines Kinos zu. Anderswo in Europa stellt Leutnant Aldo Raine(Brad Pitt) eine Gruppe bestehend aus jüdisch-amerikanischen Soldaten(u.a. Eli Roth, Gedeon Burkhard, Till Schweiger, Michael Fassbender) zusammen, die flinke schockierende Vergeltungsschläge begehen soll. Schnell macht ein Name für die Truppe die Runde: The Basterds. Jeder aus der Gruppe schuldet Raine 100 Nazi-Skalpe.
Die Basterds stellen Kontakt zur deutschen Schauspielerin und Geheimagentin Bridget von Hammersmark(Diani Kruger) um einen finalen Schlag gegen das Nazi-Regime zu planen und den Führer(Martin Wuttkes) sowie seine Untergebenen zu töten. Der ehrgeizige Plan der Truppe führt zur Premiere des Nazi-Films „Stolz der Nation“, welcher in Shoshannas Kino seine Premiere feiert, dazu geladen: Der gesamte Nazi-Führungsstab. Doch Shoshanna plant dort schon ihren ganz eigenen Rachefeldzug…

Der Film folgt nur einem dünnen konstanten Faden und hangelt sich ansonsten an einigen, mehr oder weniger abgeschlossenen Kapiteln entlang. Dies kann man einerseits kritisieren, andererseits ist es aber auch ein interessantes Stilmittel welches Quentin schon in „Kill Bill“ verwendete.
„Inglourious Basterds“ beginnt auf einer französischen Farm. Ein Bauer mit seinen Töchtern ist bei der täglichen Arbeit zu sehen, plötzlich hört man ein Auto in der Ferne. Der Bauer scheint mit dem „Besuch“ gerechnet zu haben, macht sich frisch und erwartet die Ankunft. Ein Militär-Wagen hält an der Farm an, Soldaten steigen aus, Hans Landa ist einer von ihnen. Im bekannten Tarantino-Stil reden Landa und der Bauer nun am Tisch im Bauernhaus miteinander, Landa trinkt eine Milch, beide rauchen Pfeife. Dies ist nun einfach eine typische Situation die in allen Filmen von Tarantino auftaucht. Geschliffene, messerscharfe Dialoge, von 2 oder mehr Charakteren überzeugend präsentiert und mit kleinen Extras wie dem rauchen einer Pfeife aufgepeppt. Durchweg einfach grandios, geschrieben wie gespielt. Die Atmosphäre wird immer dichter, die Spannungsschraube wird angezogen, meist ohne das man es merkt. Landa bekommt den Bauern schließlich dazu zuzugeben, dass er unter dem Haus einer Judenfamilie versteckt hält. Er wendet dazu keine Gewalt an, aber seine Art schüchtert jeden Menschen ein, fast wie ein Messer im Schritt. Er befielt den anderen Soldaten von oben durch den Boden in den Keller zu feuern. Eine Jüdin, Shoshanna, kann fliehen. Schnitt. 3 Jahre später.

Dies ist das erste Kapitel des Films, „Once Upon a Time in Nazi Occupied France“. Die Einführung von Landa bzw. Christoph Waltz, der von allen Schauspielern die meiste Screentime hat, ist grandios über die Bühne gegangen und der Charakter wurde direkt perfekt präsentiert. Das Lob in Cannes für Waltz ist vollkommen berechtigt.

Die ersten beiden Kapitel sind richtig stark, in Kapitel 3 und 4 sind klitzekleine Schwächen zu verzeichnen die aber im Detail liegen und kaum von Bedeutung sind. Es handelt sich lediglich um kurze Szenen, die man für einen besseren Fluss evtl. besser am Schneidetisch liegen gelassen hätte für den Director’s Cut. Das finale Kapitel, „Revenge of the Giant Face“ haut dann zum Schluss aber so richtig rein.
Die Mischung aus abgedrehtem, sarkastischem Humor, leichten Gewaltspitzen, ein wenig Ernsthaftigkeit, der Stil der an 70er Exploitation-Filme erinnert und die allgemeine extreme Dialoglastigkeit machen den Film insgesamt zu einem gänzlich anderen Kriegsfilm als man evtl. erwartet hat. Dialoge bestimmen ca. 80% des Films, der Rest sind kurze Actionszenen die aber insgesamt nicht wirklich ins Gewicht fallen. Wer einen Kriegs-Actioner im „The Dirty Dozen“-Stil oder dem Titelgebenen „Inglorious Bastards“ sucht, sollte einen riesen Bogen um Tarantinos „Inglourious Basterds“ machen. Der rote Faden der sich ganz leicht durch den Film zieht ist, dass Brad Pitt und seine Jungs dasselbe Ziel haben wie die geflohene Jüdin aus dem ersten Kapitel: Das Kino hochjagen in dem der Führer mit seinen Untertanen die Premiere des Films „Stolz der Nation“ feiert. Das interessante dabei, die beiden Parteien laufen sich dabei nicht einmal wirklich über den Weg, kennen sich nicht, operieren getrennt voneinander am selben Plan und arbeiten dann doch irgendwie zusammen.

Aber der Film lebt weniger von der Verfolgung dieses ehrgeizigen Plans, als vielmehr von den Stories die nebenbei passieren. Mein echtes Highlight war eine gut 25 minütige Bar-Szene im Mittelteil des Films. 3 deutschsprachige Basterds treffen sich, in Nazikluft, mit Bridget von Hammersmark in einer Kellerbar in Paris. Unglücklicherweise feiern in der Bar auch gerade einige Nazis die Geburt des Sohnes eines Kameraden. Diese Szene läuft im Grunde vom Spannungsaufbau ähnlich ab wie die in Kapitel 1 und mündet am Ende wieder in einem Gemetzel. Die Stärke dieser und weiterer in sich beinahe geschlossener Passagen des Drehbuchs ist der Grund wieso der Film in dem Kapitel Konzept trotzdem so gut funktioniert, ähnlich wie schon „Kill Bill“ dessen roter Faden nur daraus bestand Bill zu töten, alles was auf dem Weg dahin passierte waren quasi mehr oder weniger auch abgeschlossene Kurz-Episoden.

Schauspielerisch wird richtig was geboten. Dadurch, dass Quentin nur Deutschsprachige Schauspieler als Deutsche besetzt hat und dies auch bei den Briten, Amerikanern und Franzosen so beibehalten hat, bekommt man einen großen Cocktail verschiedener Schauspieler präsentiert. Die Deutschen Schauspieler sind natürlich in der Überzahl und man sieht wirklich bis in die kleinsten Nebenrollen bekannte Gesichter, z.B. einen Christian Berkel als Barkeeper in der Pariser Kellerbar oder Bela B. Felsenheimer als Platzanweiser im Kino. Aber auch die größeren Rollen sind natürlich exzellent besetzt. Brad Pitt mit seinem markanten Akzent spielt hier erneut einen Charakter an den man sich noch in vielen Jahren erinnern wird. Selbst Till Schweiger, der ja auch gerne mal negativ auffällt, wurde hier ideal besetzt. Er hat nur wenig Text, guckt aber in den richtigen Szenen wunderbar grimmig drein. Die einzige Person die wieder Mal aus dem Raster fällt ist Diane Kruger. Die Frau kann einfach nicht ordentlich schauspielern und fiel mir auch hier wieder durch ihre aufgesetzte Art negativ auf. Bei ihr hat man ständig das Gefühl sie würde einfach nur einen auswendig gelernten Text aufsagen, statt sich in der Rolle zu befinden.

Soundtrack-Technisch gibt es einige markante Stücke, besonders das in der Anfangsszene gefiel mir sehr gut aber auch den Rest des Films setzt Tarantino die Musik immer gut ein um gewisse Szenen wunderbar zu unterstreichen. An die Genialität seiner restlichen Soundtracks kommt der, der Basterds für mich aber nicht heran.

Wie der Film in der Synchro funktionieren soll ist mir bislang noch unbegreiflich. Nicht nur das sprachliche Differenzen zwischen Englisch und Deutsch stellenweise Handlungsrelevant sind, einige Passagen in Gesprächen von einem dritten übersetzt werden, nein, auch verschiedene Akzente wie Südstaaten-Dialekt oder britisch spielen eine größere Rolle. Für einen Hollywood-Film ist die Sprachverteilung im Film sowieso erstaunlich. 1/3 Französisch mit Untertiteln, 1/3 Deutsch mit Untertiteln und 1/3 Englisch sind nicht gerade das was man in Hollywood Unterhaltungsfilm nennen würde. Mir gefiel diese Authentizität aber gerade sehr gut und als Deutscher Zuschauer sind die Deutschen Szenen irgendwie erst recht sehr unterhaltsam. „Inglourious Basterds“ wäre in jedem Fall ein Film den man in Deutschland im Original mit Untertiteln veröffentlichen sollte. Da aber sogar „Borat“ und „Brüno“ übersetzt wurden, kann man darauf wohl lange warten.

Essentiell wichtig für „Inglourious Basterds“ ist, dass er sich meistens selber nicht all zu ernst nimmt. Hitler verkommt in großen Teilen zur Witzfigur und auch einige andere Nazigrößen werden eher verulkt als besonders fies dargestellt. Wenn Hitler darüber redet, dass der als „Bärenjude“ bekannte Jude der Basterds scheinbar kein Mensch sondern ein Golem sein soll oder man in einer Rückblende zu sehen bekommt wie Göbbels seine französisch Übersetzerin von hinten beglückt kringelt man sich vor Lachen im Kinosessel. Das ist einfach beste Satire. Aber auch die Basterds bleiben davon nicht völlig verschont, müssen sich doch 3 von Ihnen am Ende als Italiener ausgeben. Besonders Pitt gefällt hier, der seinen Südstaaten-Akzent mit dem italienischen unter einen Hut bringen muss und sich so einfach zum Schreien anhört.
Toll aber dann andererseits wiederrum, dass so eine schillernde Person wie Hans Landa sein abgehobenes Schauspiel nicht so weit treibt dass auch er sich auch der Lächerlichkeit preis gibt. Denn sonst wäre seine Präsenz auf der Leinwand direkt weniger einschüchternd. Er bleibt, trotz einiger humoristischer Szenen bis zum Ende der fiese „Jew-Hunter“, aber dabei auf einem gewissen Level sogar noch sympathisch.

„Inglourious Basterds“ ist für mich der Kracher geworden den ich mir gewünscht hatte, wurde allerdings doch in vielen Teilen völlig anders als ich gedacht hätte, aber ist im Endeffekt genau so geworden wie man einen Kriegsfilm von Quentin Tarantino eigentlich hätte erwarten müssen. Ob der Film der breiten Masse schmeckt, ich bezweifel es stark. In Deutschland wird der Film nicht viele Fans finden wage ich zu Prophezeien und auch in den USA wird es sich eher in Grenzen halten. Dafür hat Quentin nach dem, von vielen Fans und Kritikern meiner Meinung nach völlig zu Unrecht verunglimpftem „Death Proof“ hiermit wieder einen Film erschaffen der beiden Seiten, Fans und Kritikern, sehr gut schmecken wird.

Filmbewertung: 10/10