Aladdin (2019)

Aladdin
Originaltitel: Aladdin – Erscheinungsjahr: 2019 – Regie: Guy Ritchie

Erscheinungstermin: Ab dem 23. Mai 2019 im Kino

Darsteller: Will Smith, Mena Massoud, Naomi Scott, Billy Magnussen, Nasim Pedrad, Marwan Kenzari, Navid Negahban, Numan Acar ,Kamil Lemieszewski, Nikkita Chadha, u.A.

Filmkritik: Die Frage, warum ALADDIN nun als Realfilm auf die Leinwand kommt, ist schnell geklärt: Geld! Mit Guy Ritchie hatte man sogar einen interessanten Regisseur. Doch ist das Ganze auch was geworden?

Kleinere Stolperfallen alla Ritchie

ALADDIN war in den 90er Jahren einer der absolut größten Hits von Disney und lebte von Robin Williams als Genie. Nun darf Will Smith als blauer Wunschgeist das gesamte Projekt auf den Schultern tragen und das gelingt ihm mit Leichtigkeit. Wer den zweideutigen „Big-Willy-Style“ der 90er Jahre mochte, der wird Smiths Darstellung im Film lieben. Als hätte er ALADDIN zwischen BAD BOY und INDEPENDENCE DAY, so wirkt seine lebhafte Energie. Vergangen sind die Tage des Oscar-Baitings, hier als Genie lässt er sein gesamtes Charisma heraushängen, singt und ist einfach nur das Beste am Film.

Aus diesem Grund braucht die Handlung auch etwas, bis sie in Fahrt kommt. Besonders zu Beginn, gibt es auch noch einige merkwürdige Inszenierungsideen. Wenn etwa Aladdin mit der Prinzessin durch die Stadt flieht, gibt es einige Rev-Up/Slow-Mo-Momente, während der Gesang immer die gleiche Schnelligkeit behält. Wer in diesen Augenblicken schon Angst bekam, dass Guy Ritchie seine KING ARTHUR ADHS-Inszenierung im Gepäck hat, der kann beruhigt werden: Abgesehen von diesen Anfangsmomenten läuft alles normal ab. (Was seinerseits aber wiederum die Frage aufwirft, ob man mit dem komischen Editing irgendwelche inszenatorischen Mängel kaschieren wollte.)
Ebenfalls ist der Ablauf etwas holprig, bis schließlich Will Smith als Genie auftaucht, den Film an sich reißt und der Spaß so richtig losgehen kann.

Clevere neue Nebenhandlungen …

Die bezaubernde Naomi Scott bekommt als Prinzessin Jasmin auch einen kleinen Subplot, in dem sie lernen muss für sich und ihr Volk einzustehen. Der Film verkauft dies als große (feministische) Heldentat, obwohl es eigentlich eher der einzige Beweis dafür ist, dass Jasmin doch selber mal Sultan werden kann, ohne dass da ein Mann auf dem Thron sitzen muss. Besonders ihre neuen Songs sind irgendwie über und teilweise sehr langweilig choreographiert, aber schlimm ist es auch nicht.

Nachdem Disneys furchtbare DIE SCHÖNE UND DAS BIEST mit einer Menge an Nonsens-Handlung den wunderbar strukturierten Ablauf des Originals ermordet hatte, konnte man bei ALADDIN glücklicherweise einige interessantere Zusätze finden. Besonders der Handlungsstrang rund um Genie, der sich in die Kammerdame von Jasmin verguckt, ist mindestens so schön wie die Haupthandlung.

… und einige gute Story-Ideen

Der „neue“ böse Berater Jafar hat eine interessante Hintergrundgeschichte bekommen, die ihn zu einer Art bösen Spiegelbild von Aladdin macht. In diesem Kontext passt auch das Casting, das einen ziemlichen Schönling in diese fiese Rolle setzt. Generell ist eigentlich alles am Film rundum unterhaltsam, spaßig und … nett. Und das ist auch teilweise das große Problem.
Ob man nun weggelassen hat, dass Jasmin zu Beginn des Films eigentlich die Hand abgeschlagen werden sollte, nachdem sie etwas Brot an Kinder verschenkt und nicht bezahlen kann, oder auch Genies Darstellung davon, dass er keine Toten zurück ins Leben bringen will, deutlich harmloser ausfällt: Anscheinend hat man sich bewusst bemüht, die Realversion von ALADDIN deutlich harmloser als das gezeichnete Original zu machen.

Aladdin – The Soft Version

Anscheinend leben wir aktuell wirklich in einer Zeit, in der das farbenfrohe Zeichentrick-Original nicht mehr politisch korrekt und zu brutal ist, für die kleinen Zuschauer. Das ist schon ziemlich erschreckend. Schlimm ist auch, dass dies bei einigen Situationen die Spannung merklich drosselt. Besonders das Finale ist leider alles andere als spektakulär geraten, da man sich allem Anschein nach regelrecht krampfhaft von manch bedrohlichen Elementen der Vorlage entfernen wollte.
Der größte Gag ist, dass das Zeichentrick-Original in den 90er Jahren „ab 0 Jahren“ freigegeben wurde und nun die softere Neuauflage sogar „ab 6“ ist. An dieser Stelle wäre sicherlich ein zynisches Fight-Club-Zitat über eine herangezüchtete Generation voller Weicheier gut. Doch das ändert ja auch am Film nichts. Was bleibt ist eben nette Familienunterhaltung mit coolen Songs, einer etwas zu langen Laufzeit und einem exzellenten Will Smith.

FAZIT: Wer das Original mag und einfach eine „reale“ Version dessen sehen will, der liegt bei ALADDIN richtig. Ebenso ist es einfach ein schöner Abenteuerfilm für die gesamte Familie, doch leider sorgt die extreme Familienfreundlichkeit dafür, dass – ebenso pointiertere – Vorlage definitiv nicht erreicht wird. Die Bewertung gibt es mit richtig guten 6 von 10 Punkten.