The House That Jack Built

THE HOUSE THAT JACK BUILT
Originaltitel: The House That Jack Built – Erscheinungsjahr: 2018 – Regie: Lars von Trier

Erscheinungstermin: Ab dem 29. November 2018 im Kino

Darsteller: Riley Keough, Jeremy Davies, Uma Thurman, Matt Dillon, Ed Speleers, Siobhan Fallon Hogan, Bruno Ganz, Sofie Gråbøl, David Bailie, Ji-tae Yu, u. A.

Filmkritik: Lars von Trier hat sich eine gute Portion Terrence Malick zum Frühstück reingezogen, AMERICAN PSYCHO geschaut und gedacht: „Hey, das mache ich jetzt auch!“ Und das Ergebnis ist so berauschend wie humorvoll. Dass der Film dabei bei Filmfestspielen Menschen aus dem Saal jagte, sagt allerdings mehr über die Flüchtenden, als die eigentliche schockierende Wirkung von THE HOUSE THAT JACK BUILT …

Warum immer gleich aus dem Saal rennen?

Zu Anfang mal das Unwichtigste: der Gewaltgrad! Nach ANTICHRIST und NYMPHOMANIAC ist THE HOUSE THAT JACK BUILT ein sichtlicher Schritt zurück in Sachen Brutalität und Intensität, hat aber immer noch für „Aufstände“ gesorgt? Das wirkt alles viel mehr nach PR-Blabla, als nach irgendeiner passenden Reaktion auf Lars von Triers neuesten Streifen. Denn wenn THE HOUSE THAT JACK BUILT eine Reaktion hervorruft, dann mit Sicherheit das Lachen!
Der titelgebende Jack, brillant gespielt von Matt Dillon, sieht nämlich die Welt aus der Sicht eines Soziopathen.

Wie funktionieren Gefühle? Warum reagieren die Leute so, wie sie es tun? Lars von Triers pointierte Inszenierung übersteigert dabei dann auch bewusst das Agieren sämtlicher Figuren und platziert den Zuschauer in Jacks Position: Die Welt, die er beheimatet, erscheint absurd und ist immer wieder für eine Überraschung gut. Das nächstbeste Beispiel, was diese Herangehensweise betrifft, ist eben Mary Harrons fantastische AMERICAN PSYCHO Adaption.

Absurde Menschen, absurde Geschichte, absurder Film

Figuren treten auf, ohne richtig eingeführt worden zu sein, oder treten ab, bevor man sie richtig kennengelernt hat. Dies manches Mal auch der Struktur des Films geschuldet, da diese ein einziger Rückblick ist, während sich Jack mit jemandem namens „Verge“ unterhält. Die Funktion von Bruno Ganz‘ Charakter ist dabei schnell klar, doch es ist auch sehr charmant, dass THE HOUSE THAT JACK BUILT keinen Hehl macht, in welche Richtung das Ganze steuert. Etliche Promotionbilder haben es bereits mehr als nur angedeutet.

So wird THE HOUSE THAT JACK BUILT ein sprichwörtlicher Abstieg: in die Seele seiner Hauptfigur, in die soziale Absurdität, ins zwischenmenschliche Fegefeuer. Immer wieder gibt es thematische Einschübe, wird über Traubengewinnung und andere Sachen berichtet, die Jack gerade in den Sinn kommen. Manch einen mag dieser lose, assoziative Ansatz etwas stören, doch Lars von Trier bleibt dabei eben ständig nah an seinen Charakteren und nah an deren Emotionen. Oder eben dem Nichtvorhandensein eben jener.

„Hit the Road, Jack!“

Von der Inszenierung her wechseln sich regelrecht dokumentarische Augenblicke mit schwelgenden Aufnahmen ab. Es gibt visuellen Humor und zahlreiche komische Dialoge und am Ende ist klar, dass der Film selbst mit einem spöttischen Blick auf Jack und dessen Ambitionen herabsieht. Bruno Ganz‘ Kommentar macht dies manches Mal vielleicht etwas zu deutlich klar, doch die faszinierende Sogwirkung des Serienkiller-Epos‘ schmälert dies nur sehr wenig.

Fazit: Wahrscheinlich ist THE HOUSE THAT JACK BUILT nicht nur einer der besten, sondern auch einer der humorvollsten Filme des Jahres. Wer auch nur ansatzweise etwas für Serienkiller, Absurditäten und Lars von Trier über hat, der MUSS sich diesen Film unbedingt im Kino ansehen. Filmbewertung: 9/10