The Amazing Spider-Man 2: The Rise Of Electro

The Amazing Spider-Man 2: The Rise Of Electro
Originaltitel: The Amazing Spider-Man 2 – The Rise Of Electro – Erscheinungsjahr: 2014 – Regie: Marc Webb

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Darsteller: Andrew Garfield, Emma Stone, Jamie Foxx, Dane DeHaan, Campbell Scott, Embeth Davidtz, Colm Feore, Paul Giamatti, Sally Field, Martin Sheen, Chris Zylka, Denis Leary u.A.

Filmkritik: Marc Webb lieferte vor einigen Jahren den überraschend großartigen „The Amazing Spider-Man“ ab. Zwar waren einige „Normalos“ irritiert, weil jetzt wieder die gleiche Geschichte noch einmal verwurstet wurde. Was auch durchaus stimmt, aber in diesem Fall eben zu erweitern wäre mit „weil die gleiche Geschichte BESSER noch einmal verwurstet wurde“. Der Erfolg war auf jeden Fall gegeben und nun schwingt sich der Spinnerich wieder durch New York. Und, Hand aufs Herz, ich bin mir immer noch nicht so sicher, wie das Ganze zu bewerten ist.

Nach dieser taffen Ansage zu Beginn des Reviews, hier mal kurz die Story umrissen: Peter ist eigentlich glücklich und mit seiner großen Liebe Gwen zusammen, aber weil er immer wieder geisterhafte Erscheinungen ihres Vaters hat, welcher ihn gebeten hat sich von Gwen fernzuhalten, bricht Peter die Beziehung ab. So in etwa, denn das tägliche Spidey-Stalking geht nun munter los, während einige andere Charaktere mit ihren ganz eigenen Storybögen zu kämpfen haben: Harry Osborn (der bislang immer gute Dane DeHaan aus „Chronicle“) kommt zurück in die Stadt und übernimmt von seinem sterbenskranken Vater OsCorp, die „böse Gen-Firma“, die bereits in Teil 1 eingeführt wurde. Dort arbeitet auch Max Dillon (Jamie Foxx), der von seinen Mitmenschen ignoriert und einmal von Spidey gerettet wird, daraufhin einen Freundschaftskomplex mit dem Wandkrabbler entwickelt, schwer einen an der Klatsche hat und sich in den titelzusatzgebenden „Electro“ verwandelt. Und während all diesem Gedöns forscht der immer verzweifelter werdende Peter hinter dem mysteriösen Verschwinden seiner Eltern her, um herauszufinden, warum diese ihn einst bei Tante May und Onkel Ben abgeladen und niemals wieder zurückgerufen haben.

Und man sieht schon, dass alles ist verdammt viel Handlung für einen Film. Noch mehr sogar, weil innerhalb all dieser Geschehnisse noch verschiedenste Subplots verstreut sind. So wirkt „The Amazing Spider-Man“ nicht mehr so wunderbar wie aus einem Guss wie der Erstling, sondern kommt oftmals einer – zugegeben sehr guten – Zusammenfassung einer gesamten TV-Serien-Staffel nahe. Eine Entwicklung hängt sich an die nächste. Eine dramatische Aussprache reiht sich an die nächste Actionszene, die wiederum in einer dramatischen Aussprache endet und so weiter. Das lockerere Feeling und die Erdung von „The Amazing Spider-Man“ gehen leider seiner Fortsetzung ziemlich ab. Ständig passiert überall irgendwas, es werden neue Figuren eingeführt und während Dialogen ganze Hintergrundgeschichten in Form von mal mehr, mal weniger geglückter Exposition auf den Schultern des Zuschauers abgeladen. Comic-Fans dürften dabei manche Aha-Erlebnisse haben, aber die durchaus starken Änderungen gegenüber der Vorlage sorgen auch bei ihnen für das manchmal nagende Gefühl, dass hier weniger doch mehr gewesen wäre.

The Amazing Asshole-Man

Dazu kommt, dass Spider-Man alias Peter Parker in diesem Streifen oftmals als ziemlicher Unsympath in Erscheinung tritt. Angefangen bei seinem teils mehr als ambivalentem Verhalten Gwen Stacy gegenüber, was allerdings leider mehr so wirkt, als wollte man krampfhaft Herz-Schmerz in die Handlung bringen, anstatt dass man sich wirklich eine runde Geschichte überlegt hatte. Weiter geht es mit Peters Verhalten seinem Kindheitsfreund Harry Osborn gegenüber, bis hin zu manch kleineren Momenten. Dabei hätten diese Momente mit teils einfachen Handgriffen entzerrt werden können, aber dazu hätte es zwischendurch wohl Szenen gebraucht die nicht stets neue Handlungselemente einführen oder die, zugegeben, atemberaubenden Actionszenen einleiten.

Aber nach diesen Problemen, kommen wir zu den guten Elementen. So sind wie im Vorgänger sämtliche Darsteller absolut erstklassig und sorgen sogar dafür, dass manch gröbere Szene – besonders sei da Jamie Foxx als Max Dillon zu erwähnen – deutlich organischer und natürlicher erscheint, als sie es wahrscheinlich noch auf dem Papier getan hat. Emma Stone ist mit ihrer Mischung aus Cleverness und Charme einmal mehr zauberhaft, Garfield ist nach wie vor die Top-Besetzung für Spider-Man und Dane DeHaans facettenreiche Darstellung des Harry Osborn lässt den inhaltlich viele Stationen schnell abhakenden Staffellauf umso bitterer erscheinen. Was hätte man nicht alles noch mit dieser Figur machen können, wenn man nicht gleich so viele Entwicklungen in einen Streifen hätte packen wollen? In der Hinsicht ist Sam Raimis langsamer aufgebautes Spinnen-Epos den neueren Streifen sogar in diesem Punkt durchaus überlegen. (Und ich hätte nicht gedacht, dass ich das nach dem amazing Erstling jemals sagen würde.)

The Amazing Denglisch-Speak

Ein weiteres großes Problem, welches der Film hat, entsteht leider durch die Synchronisation. Aus „Web-Slinger“ wurde der „Netz-Schleuderer“, oftmals werden Worte wie „Power“ oder „Amazing“ gleich im Englischen belassen und bei Electros Amoklauf am Time Square wird dessen innerer Monolog als rap-artiger Singsang wiedergegeben, was sowohl gut als Musikuntermalung, als auch eben Vertiefung der Handlung funktioniert. Durch den steten Wechsel zwischen deutschen Dialogen und englischem Hintergrundsingsang verpufft der Effekt dann aber leider.

Apropo „verpuffter Effekt“: Am Abspann kommt eine komplett zusammenhanglose Sequenz aus dem bald in den Kinos erscheinenden „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ (so viel zu schlechten Übersetzungen). Warum? Weil die Studios irgendeinen Deal gemacht haben? Macht das inhaltlich irgendeine Art von Sinn? Nicht den Geringsten. Ist es komplett verwirrend für 99% aller Zuschauer? Auf jeden Fall! Aber nachdem man sich mit dem „Rise“ von Electro ja schon kramphaft an den Dark Knight angehängt hat, wirkt es jetzt nur verzweifelt, beziehungsweise passend, dass man sich bei den Abspann-Sequenzen bei Marvel orientiert, ohne dass allerdings die weiterführende Handlung solch eine Entscheidung begünstigt.

The Amazing 3D-Man

Zumindest kann man noch positiv vermerken, dass der 3D-Faktor bei „The Amazing Spider-Man 2“ enorm in die Höhe geschraubt wurde. Die atemberaubenden Fahrten und Schwünge durch New Yorks Wolkenkratzer-Gassen sind eine Augenweide, das Gleiche gilt für die stetig eingesetzte Ultra-Slow-Motion, um Spider-Mans Spinnensinn zu illustrieren. Aber all dies bringt mich und dieses Review im Endeffekt nicht sonderlich weiter, denn nach wie vor besteht die eingangs gestellte Fragen: Was ist nun von dem Film zu halten? Besonders am Ende wird der Handlung-Overload noch einmal schön vor Augen geführt, wenn ein eigentlich dramatischer Moment wunderbar für einen zwar düsteren, aber passenden Abschluss gesorgt hätte, der Streifen aber zwanghaft noch weitere zehn, fünfzehn Minuten dranklatschen muss, um den Zuschauer mit einem etwas wohligeren Gefühl aus dem Saal zu entlassen. All das was in „The Amazing Spider-Man 2“ passiert, daraus hätten andere Reihen gleich eine Trilogie gemacht, oder zumindest zwei Filme. Den Schauspielern ist es allerdings zu verdanken, dass der extrem schnelle Ablauf trotz allem gut herübergebracht wird. Aber viel zu oft fehlen einfach die kleinen, besonderen Momente, die es eben nur geben kann, wenn die Handlung gerade nicht im Schnelldurchlauf eine wichtige Station nach der anderen abhakt. Lustiges wird so manches Mal ungelenk mit ernstem gekoppelt und umgekehrt, während hier und da Situationen nicht ihr volles Potential ausschöpfen können.

Ist „The Amazing Spider-Man 2“ also im Endeffekt empfehlenswert? Auf jeden Fall. Allein die großartigen Action-Momente gekoppelt mit dem fantastischen „Mittendrin, statt nur dabei“-3D sind das Ticket wert, ganz zu schweigen von den erstklassigen Schauspielern. Aber für die Zukunft der Serie wäre es wirklich wünschenswert, wenn in den weiteren Teilen mal wieder etwas auf die Bremse getreten wird. Denn so wie er jetzt ist, fühlt sich „The Amazing Spider-Man 2“ eben an wie der Zusammenschnitt aller wichtigen Szenen von „Spider-Man Staffel 2“, nur dass eben die kleinen, coolen und oft so warmherzigen, wie grundsympathischen, aber eben nicht zwingend notwendigen Momente auf der Strecke bleiben.
Immer noch leicht zögernd und mit der definitiven Absicht eines zweiten Kinobesuchs gibt es so die

Filmbewertung: 7/10