Philomena

Philomena
Originaltitel: Philomena – Erscheinungsjahr: 2013 – Regie: Stephen Frears

philomena-movie-poster-2

Darsteller: Judi Dench, Steve Coogan, Sophie Kennedy Clark, Mare Winningham, Barbara Jefford, Ruth McCabe, Peter Hermann, Sean Mahon, Anna Maxwell Martin, Michelle Fairley, Wunmi Mosaku, Amy McAllister

Filmkritik: Er hat auf höchster politischer Ebene mitgemischt. Menschelnde Schicksalsstorys öden ihn an. Aber als die fast 70jährige Philomena Lee (Judi Dench) dem arroganten Journalisten Martin Sixsmith (Steve Coogan) ihre Lebensgeschichte anvertraut, wittert er eine Story: Als Teenager wird Philomena im streng katholischen Irland der fünfziger Jahre ungewollt schwanger. Zur Strafe kommt sie in ein Kloster, in dem sie ihren unehelichen Sohn zur Welt bringt und gezwungen wird, ihn zur Adoption freizugeben. 50 Jahre lang schweigt Philomena aus Scham. Jetzt bittet sie Martin um Unterstützung bei der Suche nach ihrem Kind. Während ihrer gemeinsamen Reise auf den Spuren der Vergangenheit prallen zwei Welten aufeinander: Die fromme, warmherzige ältere Dame und der zynische Reporter bilden ein kurioses Team. Trotz aller Gegensätze freunden sie sich an – und stoßen im Verlauf ihrer Nachforschungen auf einen unfassbaren Skandal…

Zugegeben, auf dem Papier klingt „Philomena“ nicht wirklich nach einem hochinteressanten Stück Film. Doch zugleich gibt es auf eben diesem Papier auch viele Sachen, die wiederrum für den Film sprechen. Angefangen bei seinem Herstellungsland, über die stark besetzten Hauptrollen bis hin zum Regisseur. Da passt es ja dann, das sich auch die Story des Films alles andere als altbekannt und langweilig entwickelt sondern viele Überraschungen bereithält.

Der Einstieg geschieht noch etwas holprig. In kurzen Sequenzen wird versucht die beiden Hauptfiguren vorzustellen, aber von Martin wie auch von Philomena erfährt man nur sehr wenig. Das hat allerdings auch zugleich den charmanten Vorteil, dass man beim ersten Aufeinandertreffen der beiden ähnlich unvoreingenommen agiert wie die beiden Personen selbst.

Bereits bei diesem ersten Treffen wird die treffsichere Chemie zwischen Judi Dench und Steve Coogan mehr als deutlich. Die etwas spröde aber zugleich herzensgute Philomena und der nüchtern betrachtende und hinterfragende Martin passen einfach perfekt zueinander. Allein wie Martin in einer der ersten Szenen versucht lustig zu sein und Philomena dies überhaupt nicht versteht und im Anschluss dann sogar noch an den falschen Stellen lacht, ist hinreißend komisch.

Die Geschichte die „Philomena“ erzählt ist hingegen mehr als tragisch. Nonnen die Kinder von Minderjährigen in die USA verkaufen und spätere Versuche der Kontaktaufnahme von beiden Seiten komplett abblocken ist ein ernstes und tragisches Thema. „Philomena“ schafft es diese Thematik mit der nötigen Ernsthaftigkeit und Weitsicht zu betrachten und lebt dabei erneut vor allem aus dem perfekten Zusammenspiel zwischen Philomena und Martin, welche die Situation zumeist völlig anders angehen.
Es ist faszinierend zu beobachten mit welcher Engelsgeduld Philomena an Momente herangeht, wo ihr und ihrem Sohn einst Unrecht getan wurde. Umso verblüffender ist, wie sie derartige Vertrauensbrüche beinahe umgehend vergibt. Martin agiert in diesen Momenten mehr im Sinne des Zuschauers, ist aufbrausend und forsch, rennt damit aber auch oft nur offene Türen ein und wird meist abgeblockt.
Judi Dench und Steve Coogan spielen diese Rollen bis zur Haarspitze perfekt. Selten gab es zuletzt ein Film-Paar was auf dem Papier nicht so recht zueinander passen mag aber auf der Leinwand zur absoluten Höchstform aufläuft.

Mit knapp 90 Minuten ist „Philomena“ erfreulich kurz gehalten. Der Film hält sich nicht lange mit Kleinigkeiten auf, bereits die Einführung der Charaktere ist kurz und auch im weiteren Verlauf des Films gibt es keine unnötigen Szenen. Dadurch ist die Geschichte sehr kurzweilig, was auch über die seltenen aber vorhandenen humoristischen Stellen der Handlung betont wird. Die Laufzeit tut dem Film gut und nimmt der tragischen Geschichte viel von seiner Schwere, da nicht unnötig lange auf Szenen herumgeritten wird.

„Philomena“ ist eine kleine, feine Film-Überraschung aus Groß Britannien geworden. Die Geschichte wird interessant und wendungsreich erzählt und von den Darstellern perfekt gespielt. Dazu kommt etwas britischer Humor und eine kurzweilige Erzählstruktur. Für Fans des britischen Kinos aber auch alle anderen eine klare Empfehlung.

Filmbewertung: 8/10