Flight

Flight
Originaltitel: Flight – Erscheinungsjahr: 2012 – Regie: Robert Zemeckis



Darsteller:
Denzel Washington, Melissa Leo, John Goodman, Don Cheadle, Kelly Reilly, Bruce Greenwood, Nadine Velazquez, James Badge Dale, Garcelle Beauvais, Rhoda Griffis, E. Roger Mitchell, Brian Geraghty u.A.

Filmkritik: Robert Zemeckis dreht wieder mit richtigen Menschen! Hurra! Und gleich zu Anfang liefert er mit „Flight“ auch noch ein tolles Alkohol-Drama mit einem glänzend aufgelegten Denzel Washington in der Hauptrolle ab. Das Schlechte zu Beginn: Gewisse Elemente wie etwa das durchaus etwas zu rührseelige Ende und die generell mit Religion, Drogenmissbrauch, Entfremdung und Unglücken zugepflasterte Geschichte ist etwas zu sehr „Problemfilm“ und ein wenig Limitierung auf vielleicht ein, zwei Themen weniger hätten dem Streifen durchaus gut getan, auch wenn das was man im Endeffekt abgeliefert wurde auf sehr hohem Niveau ist.

Aber kommen wir dann doch mal zum (positiven) Rest und der Geschichte: Ein Pilot (Denzel Washington) ist gut angesoffen und angekokst im Cockpit, als plötzlich das Flugzeug auseinander fällt und nur durch die schier perfekte Flugarbeit des Captains können beinahe alle Passagiere gerettet werden. Allerdings kommen die großen Probleme erst danach, als eben die Umstände der Notlandung erforscht werden und somit der Captain mit seinem generellen Drogen- und ganz speziellen Alkoholproblem immer weiter in die Schussbahn gerät…

Whip Whitaker, der von Denzel Washington gespielt wird, ist ein faszinierender Charakter und auch wenn „Oscar-Anwärter“ als Wunschvorstellung über dem gesamten Streifen schwebt, so wurden die Komponenten hier tausendmal besser verarbeitet als etwas bei, sagen wir mal, „Zero Dark Thirty“. Zemeckis sensible Regie bemüht sich ein breitgefächertes Bild dieses stark belasteten Mannes zu Zeichnen und nimmt sich dafür auch ausgiebig Zeit. Einen hübschen Kontrast bildet die von Kelly Reilly gespielte Nicole. Ein Junkie, der während der Reha auf Whip trifft und quasi „die andere Seite der Medaille“ für ihn und den Zuschauer verkörpert. Ihr differenziertes Spiel ist dabei besonders hervorzuheben, denn sowohl der getriebene Junkie, wie auch nachher die weisere Abstinenzlerin werden von Reilly wunderbar verkörpert. DAS ist ein Fall für den Oscar.

Fear And Loathing mit John Goodman

Zur Auflockerung gibt es an einigen Stellen des Films sogar ordentliche Portionen schwarzen Humors zu genießen. Dieser wird von Zemeckis clevererweise eingestreut um auch die Rausch-Situationen nicht schlicht negativ, sondern mit ihrem „eigenen Charme“ zu präsentieren, so dass man Whips Zerrissenheit zwischen dem Lockeren und dem eigentlich Richtigen wunder nachvollziehen kann.
Star dieser Sequenzen ist dann allerdings John Goodman, der Whips „Drogenkumpel“ darstellt, der wie eine Mischung aus Johnny Depps Charakter aus "Fear And Loathing In Las Vegas" und Jeff Bridges "Dude" wirkt. Und damit natürlich die Unterhaltungswerte auf seiner Seite hat.

Auch die von Don Cheadle und Bruce Greenwood dargestellten Unterstützer/Freunde von Whip sind wunderbar vielschichtig gelungen und zeigen einmal mehr, wie wichtig ordentlich ausgearbeitete Nebenfiguren sind, durch welche der Hauptcharakter noch weiter definiert werden kann.

Welcome To The 70s!

Richtig fantastisch ist dabei der Look des eigentlich “heute” spielenden Films: Grobkörniges Bild, mit ruhiger Hand geführte Inszenierung und dank einem R-Rating Full Frontal (Female) Nudity, Flüche und massenweise Drogen- und Alkoholkonsum, ohne das Ganze zur Gaudi verkommen zu lassen. Mit feinem Gespür setzt Zemeckis hier sein Rating ein und benutzt auch dieses, um die alkoholgeschwängerten Momente sowohl erschreckend, als auch eben lustvoll verständig zu präsentieren, so dass blinde schwarz-weiß Malerei nicht vorkommt. Abgesehen von ein, zwei Stellen.

Der gesamte Streifen wirkt dabei leicht wie aus einer anderen Zeit herbeiteleportiert und das ist auch gut so. Zemeckis scheint es sinnlich zu genießen, wieder mit echten Menschen zu drehen die Rauchen, fluchen, schwitzen und generell eben durch ihre Stärken und Schwächen plastischer sind, als es seine CG-Kreationen der letzten Jahre hätten sein können. (Auch wenn der Autor dieser Zeilen wegen des grobkörnigen Inszenierungsstils manches Mal irritiert gezeigt hat, als einer der Charaktere plötzlich ein Smartphone oder ähnliches plötzlich aus der Hosentasche zog.)

Im Endeffekt lohnt sich „Flight“ für alle Freunde von gelungenem Kino und dramatischen Erzählungen. Denzel Washington ist absolut großartig, aber, noch besser, alle anderen Darsteller sind ebenfalls glänzend aufgelegt, während Robert Zemeckis ein wunderbar unaufgeregtes (zumindest in Amerika nicht jugendfreies) Drama abliefert. Äußerst gelungen!

Filmbewertung: 8/10

C4rter war ziemlich begeistert
Nur selten wurde ein Trinker-Drama wohl derartig spektakulär begonnen wie in Robert Zemeckis Real-Movie Comeback. Und damit ist nichtmal nur der extrem packende, für schweißnasse Hände sorgende Flugzeugabsturz gemeint. Allein die paar Minuten mit Washingtons Figur und seiner Partnerin auf einem Hotelzimmer sind ein Kickstart in die Welt der Süchte, dabei abstoßend und faszinierend. Die unaufhaltsame Aufdeckung, das es bei dem Typen der sich grad den Rest eines Bieres, einen Joint, eine Zigarette und eine Line Koks reingezogen hat um einen Piloten handelt, eröffnet "Flight" auf die denkbar spektakulärste Art und Weise.
Im weiteren Verlauf der niemals lang vorkommenden knapp 135 Minuten durchlebt man als Zuschauer zusemmen mit einem glänzend aufspielendem Washington und einem auch in Nebenrollen exzellent besetzten Cast die typischen Stationen eines Trinkers, wobei die Läuterung hier wirklich erst spät eintritt, dann aber fast schon einem Tritt in die Eier gleich kommt. Richtig stark!
Wenn Zemeckis da nun weiter macht, kann man sich noch auf den ein oder anderen Film des Meisters freuen. Also, gerne mehr davon!

Filmbewertung: 9/10

Doppel-Review-Notenschnitt: 8,5/10