Dredd 3D

Dredd 3D
Originaltitel: Dredd 3D  – Erscheinungsjahr: 2012 – Regie: Pete Travis



Darsteller:
Karl Urban, Lena Headey, Olivia Thirlby, Domhnall Gleeson, Langley Kirkwood, Deobia Oparei, Jason Cope, Brandon Livanos, Santi Scinelli, Rakie Ayola, Joe Vaz ., Warrick Grier u.A.

Filmkritik: Nachdem die "Expendables" ersten und dann erst recht im zweiten Teil der 80er Jahre Action einen Liebesbrief ausgestellt haben, tritt nun „Dredd 3D“ dazu an, die Attitüde der 80er schlussendlich komplett in die 2010er Jahre zu bringen. Harte Gesetzesvertreter, die Polizist, Richter und Henker in einer Person sind und dabei sind sich einen großen Leichenhaufen zusammenzuballern, weil ein „Mega City-Stadtblock“, bewohnt von über 700.000 Menschen, komplett in der Hand einer einzigen, Drogen-dealenden Gang ist und dies nun mal so nicht angehen kann.
Vorhang auf für „Dredd 3D“:

Willkommen zurück in den 80er, den 2180ern!

Gut, der Film spielt nicht 2180, aber eben irgendwann in der Zukunft: Die Welt ist zu großen Teilen unbewohnbar geworden und es gibt nur einige wenige „Mega City“-Städte, wenn man sie denn so nennen will, welche auf engstem Raum, beinahe Ghetto-isiert, unzählige Menschen auf kleinstem Raum zusammenpfercht. Nur auf 6% aller Gewalttaten kann dabei reagiert werden, denn trotz den „Judges“, welche eben Prozesse und Co. durch ihr Handeln einsparen, gibt es eben so unglaublich viel zu tun, dass es schlicht komplette Willkür ist, wo denn nun beim nächsten Vorfall ein Rechtsvertreter auftaucht. In dieser Welt ist Judge Dredd (Karl Urban) DER Judge unter den Judges. Mit einer neuen Rekrutin, welche aufgrund ihrer telepathischen Talente noch eine zweite Chance bekommt, sich als Judge zu beweisen, werden für einen Tag lang „nach draußen“ geschickt, damit Dredd am Ende schlicht ein Urteil über den neuen Rekruten fallen kann. Durch das eben erwähnte Zufallsprinzip landen die Beiden dann in einem Häuserblock, in welchem gerade eine Mafia-artige Hinrichtung mit Warnungspotential abgehalten wurde: Es wurden drei gehäutete Drogendealer über das Geländer des etwa 120. Stockes geworfen!

Schnell ist dabei eigentlich der Schuldige gefasst, doch auch er ist nur ein kleines Teil in der großen Gang-Hierarchie an deren Spitze „Ma-Ma“ steht, welche mit ihrer neuen Droge „Slow-Mo“ (die genau das tut, nachdem sie benannt wurde, abgesehen vom „Kick“) langsam aber sicher immer mehr Einfluss in der Stadt kriegt. So etwas darf ein kleiner Unterling natürlich nicht zerstören, also lässt „Ma-Ma“ den ganzen Block komplett abriegeln und einbunkern und weißt alle Leute an, dass ein nicht unerhebliches Kopfgeld auf die beiden Judges ausgestellt wurde und dass die Bewohner des Blockes erst wieder frei sein werden, wenn die Gesetzesvertreter tot sind. Aber Judge Dredd lässt sich das natürlich nicht gefallen und geht zum Angriff über…

Judge Dredds „Raid“, nur in besser

 Und ja, der eigentliche Inhalt entspricht dann durchaus dem eigentlichen Set-Up von "The Raid" , bei welchem auch ein paar Polizisten in einem Haus voller Gangster überleben und sich von Etage zu Etage kämpfen müssen. Und, nur um das mal aus dem Weg zu haben: Nein, „Dredd“ hat nicht bei "The Raid"  geklaut, der Film selbst war schon fast fertig, bevor "The Raid"  überhaupt auf den Plan trat. Und überhaupt: „Dredd ist besser!“ und jetzt kommt auch wieso:

Regisseur Pete Travis und Autor Alex (28 Days Later, The Beach) Garland sind extreme Fans der zynischen Comicvorlage gewesen, die es bereits seit Ende der 70er in England gibt und dann in den 80ern extremst populär wurde. Hartes Durchgreifen bei immer krimineller und böser werdenden Subjektiven, harte (Anti-)Helden und harte Gewaltmomente, das wollte man damals eben sehen. Zahlreiche Streifen von „Cobra“ und "City Hai" bis hin zu all den Mad Max-haften dystopischen 80s Endzeit-Streifen, die beinahe schon ein eigenes Genre für sich geworden sind.

So wurde der Comic derart populär, dass Mitte der 90er sogar Sylvester Stallone den Titelhelden bereits spielte in einem Werk, welche das alte Argument: „Weil es ja eine Comicverfilmung ist kann es ruhig übertriebener, bunter und vor allem witziger sein!“ missbrauchte, um zwar einen durchaus netten, großbudgetierten Endzeitreißer mit tollen Kreatureneffekten zu machen, aber dem eigentlichen Kern der Vorlage in keiner Weise entsprach.

Die zynische Gesellschaftskritik und Weltsicht in dieser dystopischen Zukunft kam dabei wenig durch und Judge Dredd zeigte sogar sein Gesicht. Ein ganz großes NoNo, denn in den Comics wurde ein Heidenaufsehen darum gemacht, dass man eben das Gesicht des Mannes hinter dem symbolischen Helm nie zu Gesicht bekam. Aber das ist natürlich nur ein kleiner Punkt, insgesamt gibt es schlicht zwei Worte, die „Dredd 3D“ beschreiben: Konsequent und kompromisslos! Es gibt Blut und Gewalt, ohne jedoch einen Fokus darauf zu legen; es wird knallhart von Dredd durchgegriffen, ohne jedoch als inhumane Mordmaschine zu erscheinen und durch das tolle Zusammenspiel zwischen Dredd und seiner telepathischen „Praktikantin“ wird so nicht nur immer mal wieder ein kleiner Wesenszug hier, eine menschliche Note da eingesponnen, sondern gerade bei der von Olivia Thirlby gespielten Rekrutin kommt so am Ende gar eine hübsche Charakterentwicklung dabei heraus.

Let The Bodies Hit The Floor… IN SLOW-MO!

Und endlich hat Dredd eben auch die Härte, die ihn eigentlich auszeichnen sollte. Kopfschüsse und Körperdurchschüsse in Slow-Mo, kleinere Prügel-Gemeinheiten und ähnliches sind alles Elemente, welche dem Streifen durchaus berechtigt die FSK18-Freigabe eingebracht haben. Noch besser ist da nur, dass Regisseur Travis sich dieser Elemente zwar bedient, sie aber nie zum Selbstzweck ausschlachtet. Wer sich jetzt also auf ein Splatter-Massaker gefreut hat, der kann dann doch noch eher zu „John Rambo“ greifen, bei dem die Gewalt durchaus noch extremer wirkte.
Hier wirkt sie fast schon naturalistisch und zwangsläufig eben stimmig im Gesamtkontext des Geschehens. Und nicht nur wegen dieser Kompromisslosigkeit erinnert das Geschehen des Öfteren an die US-Filme von Paul Verhoeven. Besonders dessen "RoboCop", welcher in einer ähnlichen, wenn auch noch nicht ganz so kaputten (und fernen) Zukunft spielte und vergleichbar intensiv mit seinen Themen umgegangen ist.

Dabei werden die Actionmomente immer extrem gut portioniert vom Drehbuch, überzogene Krawall-Momente gibt es kaum bis gar nicht. Kein Slow-Mo-Kung-Fu-Gedöns wie bei den "Resident Evil"-Werken und auch kein „cooles Geballer“ wie bei John Woo oder etwa dessen Gag-Hommage "Shoot’Em Up". Bodenständige, wie auch zuvor bereits angesprochene, beinahe naturalistische Action ist an der Tagesordnung. Dredd hat  eben eine Waffe mit verschiedensten Munitionstypen. Aber das war es dann auch schon.

Der Kampf gegen den Durchschnittsgeschmack

Sogar der Soundtrack ist eine Wucht und liefert neben einigen wunderbar sphärischen Songs, welche gekonnt das „Slow-Mo“-Feeling einiger Momente noch unterstreicht, ebenfalls eine Rückkehr zu simpleren 80er Zeiten, wen auch nun einen Tacken elektronischer, futuristischer und basslastiger. Damit fügt sich auch dieser Ohrenschmaus wunderbar in das restliche Gesamtgefüge ein. Die Gesellschaftskritik ist nicht aufdringlich wie etwa noch bei "District 9", welcher einen Vorschlaghammer subtil aussehen lässt, sondern bildet das Grundgerüst für die eigentliche Geschichte  die Charaktere und die Action. Letztere ist wunderbar ruhig und intensiv eingefangen und wird dabei ordentlich portioniert geliefert, während es immer wieder kleinere Charaktermomente gibt, welche sich am Ende zu einer durchaus gelungenen Entwicklung zusammensummieren. Und der Soundtrack ist auch gut, was will man also mehr?

Anscheinend so einiges, denn leider leider scheint „Dredd 3D“ gerade in den Kinos durchaus abzusaufen, was eine gottverdammte Schande ist, wenn man bedenkt was sonst alles trotz eklatanter Mängel in Struktur, Figuren und sonstigem ordentlich Geld einspielt. Bei einem Produktionsbudget von etwa 50 Mio. Dollar ist der Streifen eigentlich sogar noch durchaus günstig gewesen, beherzt man die Tatsache, dass hier direkt in 3D gedreht wurde, was man dem Film auch in jeder Sekunde ansieht. (Auch hier: Das 3D ist fantastisch! Und allein für die „Slow-Mo“-Szenen sollte man bereits eine Kinokarte lösen!)

Interessanterweise gab es dann sogar extremst viele gute Kritiken zum Film und jene wenigen, die nicht so blendend ausgefallen sind, haben meist damit zu tun, dass die betreffende Person mit Genre und Co. einfach nichts anzufangen weiß. „Ich hätte es lieber gehabt, wenn es ein ruhige Charakterstudie gewesen wäre!“ meinte da der einzige Nichtmöger (bei dem ich es mitbekommen habe) nach der Pressevorstellung, Die restlichen Mitgucker waren ansonsten deutlich euphorischer als bei vielen anderen Sichtungen. „Den könnt ich jetzt gut noch einmal sehen!“ kam da aus einigen Mündern.

Also, woran liegt es, dass „Dredd 3D“ bislang nicht das große Einspiel (mit hoffentlich schnell folgender Fortsetzung) bekomme hat, welches er eigentlich verdienen würde? Vielleicht wird der Streifen ja noch erfolgreicher, vielleicht wird er auf dem Heimkino-Markt eine ganz große Nummer, zu hoffen wäre es. Für die Kunst, die menschliche Existenz und den Planeten als solchen.

Woran liegt es also nun, dass „Dredd 3D“ nicht gebührend gewertet wird? Persönlich glaube ich, dass es wohl nicht weniger ist als das Zeichen der nahenden Apokalypse. Und gerade deswegen sollte man sich auf jeden Fall bemühen „Dredd 3D“ noch im Kino zu sehen, bevor die Welt ins Dunkel trudelt und wir am Ende wirklich noch in einer Welt wie der von Dredd aufwachen. Wenn man sich nicht vorsieht ist diese Zukunft leider näher als man denkt…

Filmbewertung: 9/10

P.S.: Gerade in Anbetracht der fantastischen Ideen, die Autor und Dredd-Fan Alex Garland für Teil 2 und 3 bereits hat, wäre es eine unermessliche Schande, sollten diese Werke in der „Production Hell“ stecken bleiben. Und, ernsthaft, keine Ahnung, warum „Dredd 3D“ momentan nicht seinen verdienten Erfolg hat. Vielleicht damit es weiterhin ein „Geheimtipp“ bleibt? Am Ende bleibt da leider nur Daumendrücken und der Gang ins Kino! 

C4rter holt’s einmal mehr auf Blu-ray nach
Ich kann meinem Kollegen hier erneut nur voll beipflichten. "Dredd" ist kompromisslos, straighte "in you face" Action mit angenehmer Laufzeit, passenden Darstellern und einem tollen Filmstil. Davon könnte gerne mal wieder mehr kommen.

Filmbewertung: 9/10

Doppel-Review-Notenschnitt: 9/10