The Tree of Life

The Tree Of Life
Originaltitel: The Tree Of Life – Erscheinungsjahr: 2011 – Regie: Terrence Malick



Darsteller:
Brad Pitt, Sean Penn, Fiona Shaw, Jessica Chastain, Joanna Going, Jackson Hurst, Dalip Singh, Lisa Marie Newmyer, Crystal Mantecon, Tamara Jolaine, Jennifer Sipes, Brenna Roth u.A.

Filmkritik: Terrence Malick ist wieder da und dieses Mal hat er einen richtig funkelnden Filmbrocken meditativen Familienfilmdramas mitgebracht. Und es ist kein Wunder, dass die generelle Meinung sehr geteilt ist, denn auch im Gegensatz zu sonstigen ruhigen Arthouse-haften Dramen verlangt „Tree Of Life“ einiges von seinen Zuschauern ab. Angefangen bei der Offenheit für teils radikale Inhaltswechsel, wie auch vor allem ein sehr großes Maß an Ruhe, um schlicht und ergreifend nicht nach etwa anderthalb Stunden nervös auf ihren Plätzen hin und her zu rutschen. Aber der Malick macht es eben nicht sonderlich einfach.

Schon reichlich mit bewusster Trägheit inszeniert beginnt das Geschehen damit, dass Eltern (Pitt und Chastain) um eines ihrer Kinder trauern und dabei begleitet von geflüsterten Sätzen (überhaupt ein großes Markenzeichen des Films, welches so stark eingesetzt wird, dass es die Grenze des Prätentiösen sprengt und ab der Hälfte schlicht als Stilmittel für gegen hingenommen wird) durch die Gegend wandeln. Doch dann, plötzlich beginnt das, was böse Zungen den „Bildschirmschoner-Teil“ des Films genannt haben, falls sie eben nicht über die Muße verfügen, sich dem gesehenen hinzugeben.

So beginnt ab der 50 Minuten Markte eine meditative Reise durch die Wunder der Existenz. Von der Schaffung des Universums über die Entstehung der Erde bis zum Anbeginn des Leben auf diesem Planeten. Über die aufkommende Vegetation, bevor schließlich komplexere Lebewesen erreicht werden (jupp, es gibt Dinos in diesem Film!), die schmerzhaft ihr Sein erkämpfen. Dabei herrscht eigentlich immer friedliche Stille in der urzeitlichen Welt und das Auftauchen verschiedener Wesen führt dazu, dass plötzlich ein Machtgefüge entsteht, in welches sich alles Leben eingliedern muss. Und so sind wir dann wieder zurück bei den Kindern der Anfangs genannten Eltern und sehen, dass auch ihr Leben diesen universellen Regeln unterworfen ist, welche von ihrem teils harschen und wenig Liebe ausstrahlenden, zurückgezogenen Vater implementiert werden… (Und das nur einmal als sehr grobe Beschreibung des Ganzen.)

Wer jetzt eine Augenbraue hochgezogen hat, dem sei gesagt, dass „Tree Of Life“ zwar natürlich ein Kinofilm ist, aber den Zuschauer weniger auf das stößt, was er selber abbildet, sondern viel mehr mit seiner losen Szenerie einlädt zum assoziativen Mitdenken und –fühlen. Zum Eintauchen in die eigene Vorstellungs- und vor allem Erinnerungskraft. Genau dies macht nämlich eigentlich Sean Penns Figur im Film. Er ist einer der drei Brüder, der sich an seine Kindheit erinnert und schließlich selbst seinen Gedanken freien Lauf lässt, so dass sich zum Finale sämtliche Figuren egal aus welchem Zeitraum am Strand treffen, um sich noch einmal so zu begegnen, wie sie in Erinnerung gehalten werden.

Nein, ein leichter Streifen ist „Tree Of Life“ wahrlich nicht. Am ehesten vergleichbar mit Gaspar Noes „Enter The Void“, allerdings ohne dessen leidlich störende Affinität zu immer gleichen Exploitation-Situationen, die jedes Mal wieder aus der traumähnlichen Atmosphäre durch ihr sattsam bekanntes Auftreten im vorherigen Schaffen des Regisseurs reißen. Malick ist wie so oft hier komplett originell und vor allem einheitlich in seiner Regie. Wie etwa die eingangs erwähnten Flüstersätze werden die Stilmittel so unbedarft benutzt, dass schließlich eine Verurteilung wegen bewusster ver-Arthouse-isierung schon herausfällt. Naja. Fast. Dies muss eben jeder selbst für sich entscheiden, sollte aber vor allem bedenken, dass er neben zweieinhalb Stunden Zeit (und am besten einer weiteren Stunde nachher bei Kaffe und einem Stück Kuchen im Nachtcafe zum drüber reden)  vor allem einen aufgeschlossenen Blickwinkel und den Wunsch mitbringen sollte, sich von einem Film treiben zu lassen, als auch diesen als Sprungbrett für die eigene Phantasie benutzen zu wollen. Wer einfach nur berieselt werden will, sollte schleunigst eine andere Abend-, Mittags- oder Vormittagsunterhaltung wählen. Hier wird nämlich nicht nur nicht für den Zuschauer gedacht, sondern dieser wird eben mit offenen Armen dazu eingeladen, aus dem Geschehen sein ganz persönliches Filmerlebnis zusammenzusetzen.

Filmbewertung: 8/10