Captain America – The First Avenger

Captain America
Originaltitel: Captain America – The First Avenger – Erscheinungsjahr: 2011 – Regie: Joe Johnston



Darsteller:
Chris Evans, Hugo Weaving, Stanley Tucci, Tommy Lee Jones, Richard Armitage, Natalie Dormer, Dominic Cooper, Hayley Atwell, Sebastian Stan, Toby Jones, Neal McDonough, Derek Luke u.A.

Filmkritik: Der Comicverlag Marvel geht mit Riesenschritten auf sein nächstjähriges Mega-Crossover „The Avengers“ zu. „Iron Man“, „der unglaubliche Hulk“, „Thor“ und auch einige Nebendarsteller wie Scarlett Johansson als Black Widow oder Jeremy Renner als Hawkeye aus anderen Filmen sind bereits auf der Leinwand erschienen. Einzig Steve Rogers, Codename „Captain America“ fehlte da noch. Der zierlich gebaute, kränkliche Junge aus Brooklyn, dessen Körper durch ein Experiment an die Grenze des Menschenmöglichen und ein wenig darüber hinaus aufgepumpt wurde, um den Nazis saures zu geben.

Gerade in hiesigen Breitengraden ist „Captain America“ eher wenig beachtet. „Das ist doch so ein patriotischer Quatsch, oder?“ fragen da Unbedarfte und das teils zurecht. Nicht umsonst haut Cap auf seinem ersten Comic-Cover Hitler um, denn ursprünglich entwickelt wurde der Charakter als patriotische US-Propaganda während des zweiten Weltkriegs. (Und keine Sorge, vor schwarz-weiß-Malerei ist man im eigentlichen Film auch sicher, der mit Sätzen wie „Man muss bedenken, dass das erste Land, was die Nazis besetzt haben Deutschland war.“ sich erfolgreich um eine Vermeidung von Klischees bemüht.)

In den frühen 60ern wurde der Captain dann von Marvel wieder wortwörtlich ausgegraben und leitete bereits nach kürzester Zeit eben die Rächer, das Superheldenteam-Flaggschiffcomic des Verlags.
Auch für Propagandazwecke hat man ihn kaum mehr eingesetzt, eher der Gegenteil war der Fall, denn Steve Rogers soll das Ideal von Freiheit, Einheit und Brüderlichkeit vertreten, was ihn in seinem eigenen Land oftmals gegen die momentanen Machthaber gestellt hat und dafür sorgte, dass er in der Comicvorlage mehr als nur einmal sein Kostüm in den Müll geworfen hat. (Nur um kurz darauf auf die eigentliche Grundidee der Figur hinweisend den rot-weiß-blauen Dress wieder rauszukramen.)

„Wir wollten keinen Soldaten, sondern einen guten Menschen!“

Sagt der weise, väterliche Leiter des Supersoldatenexperiments im Film, der es von der ersten Minute an gut versteht sowohl glaubwürdige, charmante Charaktere aufzubauen, als auch die Comicvorlage auf clevere Art und Weise zu nutzen.

So wird der frischgebackene Kraftprotz nicht etwa direkt an die Front geschickt, sondern darf erst einmal per Variete durchs Land ziehen, um die Moral des Landes und die Rekrutierungskabinen der US-Army zu heben. Aber das ist nur eine der offensichtlichsten Anleihen an die eigentliche Comicgeschichte, die von Johnston großartig in den Gesamtkontext eingebaut wurden.

Bei den bösen darf einmal mehr Huga Weaving sein Talent für beherrschte, aber nichts desto trotz radikal böse Schurken als „Red Skull“ unter Beweis stellen. Der rotgesichtige Skeletorvorläufer leitet im Streifen die Geheimsekte „Hydra“, die im dritten Reich für Waffenentwicklung und Forschung zuständig ist. Dabei bekommt der Skull ein mysteriöses Artefakt in die Hände, welches sich unter anderem als unendliche Energiequelle nutzen lässt. Als dann auch noch Bucky Barnes, Steves bester Freund, samt Einheit vom Skull gefangen wird, gibt es für den Captain kein Halten mehr und er macht sich auf hinter die feindlichen Linien…

„Ich hab Adolf Hitler von zweihundert mal aufs Maul gehauen!“

Und keine Sorge, damit ist nicht der gesamte Film eigentlich schon verraten, ganz im Gegenteil. Das zurecht gut zweistündige Werk schafft einen klassischen, immer rasanter werdenden Geschichtsaufbau, der auf unaufdringliche Weise auch schon auf einige Elemente zurückgreift, die bereits aus anderen Marvel-Superheldenfilmen bekannt sind. Das Kunststück, das Ganze auch für Nichtkenner der anderen Streifen durchschaubar zu machen, schafft Johnston ebenfalls. Überhaupt scheint der dank dem 40er Jahre Setting wieder regelrecht aufzublühen.
Nach dem wenig stringenten „Wolfman“ ist der gute Joe nun wieder auf gehobenem „Rocketeer“-Niveau angekommen, wenn er das Niveau nicht sogar noch etwas weiter nach oben hebt. So ist die Inszenierung ausgewogen und schafft es sowohl ruhige, als auch krawallfreudige Szenen schön und mit einem gewissen Comic-Touch einzufangen, ohne dass es sonderlich übertrieben aussieht.

Nicht dauernd fliegt dem geneigten Zuschauer etwas um die Ohren, aber wenn, dann so richtig. Dank leicht überdurchschnittlich konvertiertem 3D sehen die gut portionierten Action-Set-Pieces sogar noch ein bisschen besser aus und überraschen dazu mit manch einer Härte, die man einem PG-13- oder auch FSK 12-Streifen nicht unbedingt zugetraut hätte. Aber auch einige blutige Schießereien oder eine Szene, in der ein Soldat mal eben in Breitbild durch einen Flugzeugrotor geworfen wird, sorgen dann nicht dafür, dass das eigentlich sogar recht lockere Superheldenabenteuerfeeling zu düster wird. Gerade diese stets gewahrte Balance aus Ernsthaftigkeit und Spaß sorgt dann dafür, dass die 124 Minuten im Kino keine Sekunde langweilig werden. Natürlich haben die Schauspieler wie Chris Evans, Hayley Atwell oder auch Tommy Lee Jones und Neal McDonough als humorvolle Nebencharaktere daran einen großen Anteil.

War Evans bereits bei den „Fantastischen Vier“ als „menschliche Fackel“ dabei, so ist sein nuanciertes Spiel hier perfekt passend für die Figur des Steve Rogers, während Atwell als Love-Interest ihre Sache ebenfalls gut macht und ihrem Charakter so einige interessante Ecken und Kanten abgewinnen kann.

Apropos Ecken und Kanten, denn eine Sache ist dann wohl der größte Kritikpunkt, an dem „Captain America“ vielleicht etwas leidet. Vielleicht deshalb, da nach dem Erscheinen des „Avengers“-Films sich dieser Umstand wohl erledigt hat. Aber bis dahin gibt es das Problem, dass „Captain America – The First Avenger“ eigentlich nahtlos in das Mega-Crossover überzugehen scheint.
Nicht falsch verstehen: Die eigentliche Geschichte des Films wird zu einem Abschluss gebracht, man braucht also keine „to be continued“-Tafel zum Schluss erwarten. Aber die als Prolog und Epilog vorkommenden Szenen in der Jetztzeit hätten etwas behutsamer angepackt werden müssen, um ein wirklich rundes Filmerlebnis zu schaffen. Ohne viel Spoilern zu wollen, aber etwa die gesamten letzten Minuten hätten wohl am ehesten Marvel-typisch nach dem Abspann gepasst, aber dieser Platz ist wohl auch zwecks Marketing schon anderweitig belegt gewesen (also sitzen bleiben!).

So bleibt als für sich stehendes Werk ein leicht schaler Nachgeschmack. Nicht etwa, weil man mitten in der Geschichte bereits der Abspann durchs Bild läuft, sondern weil eben zugunsten eines als überlangen Teasern erscheinenden Epilogs die eigentliche Wucht des Filmendes ein wenig geschmälert wird. Wie gesagt, in ein, spätestens zwei Jahren hat sich das dann aber erledigt, weil man nach dem Ende des Films gemütlich zum Blu-ray-Player laufen und einfach „The Avengers“ direkt hinterher schieben kann. Bis dahin gibt es allerdings die

Filmbewertung: 8/10

C4rter schnappt sich auch noch des Captain’s Schild

So wirklich anschließen kann ich mich meinem Kollegen hier leider nicht. "Captain America" ist ein Relikt, die Figur wie auch der Film. Nachdem sich die meisten Superhelden-Filme in den letzten Jahren weiterentwickelt haben, wird hier wieder Stillstand propagiert. Stimmungsvoll ist die komplette Einführung des Charakters. Sein Weg ins Militär, seine Verwandlung. Doch sobald die Haupthandlung einsetzt, mit einem Hugo Weaving der bei der Rollenauswahl diesmal irgendwie daneben lag, beginnt sich auch "Captain America" auf den absteigenden Ast zu begeben. Die Geschichte kennt keine Spannung, die Action wirkt unspektakulär und der Film quillt über vor mittelmäßigen bis schlechten und sehr oft ziemlich unnötigen CGI-Effekten.
Am Ende war der Auflug in die graue Zeit der Comics keine verschenkte Zeit, aber man merkt doch deutlich, dass hier nur eine Pflichtübung abgearbeitet wird und das Ende von "Captain America" hat mehr Potential als der gesamte restliche Film.

Filmbewertung: 6/10

Doppel-Review-Notenschnitt: 7/10