Academy Awards 2011 – Die Show

Um 2:30 begann sie und um 5:45 war alles schon wieder vorbei. Die 83. Academy Awards wurden gestern verliehen, doch die Show war wohl leider die schlechteste die ich bisher gesehen habe(schaue aber auch erst seit 2005). Die Skepsis die sich zuvor breit gemacht hatte wegen des jungen Moderatoren-Duos Anne Hathaway und James Franco, sollte sich leider bestätigen. Zwar begannen sie mit einem wirklich ganz witzigen Einspieler, den ich die letzten Jahre immer ein wenig vermisst hatte, doch die anschließende Moderation fiel dann direkt weit dahinter zurück. Nun folgte eigentlich der Part, an dem die Moderatoren die Anwesenden Stars aufs Korn nehmen, einige ausgewählte Darsteller vorstellen und ein paar, auch mal gern derbe, Scherze machen. Leider hatten Hathaway und Franco, außer ihre Eltern/Großeltern für 2 Gags zu benutzen, nicht viel auf dem Kasten…und dies sollte sich durch die Show ziehen wie in roter Faden.

Die ersten Kategorien waren Art Direction und Cinematography. Tom Hanks präsentierte die beiden Preise und er schwelgte zunächst in Erinnerung. „Gone with the wind“, „Titanic“ und „Schindler‘s List“ räumten diese Preise zusammen mit vielen anderen ab und bewiesen damit, dass sie perfekte Filme waren. Diese Chance hätte heute Abend auch bestehen können, doch alles kam anders denn „Art Direction“ ging an „Alice in Wonderland“ und somit wirkt „Alice in Wonderland“ als Combo-Breaker.

Nach Tom Hanks kam dann eine Legende auf die Bühne und für mich das Highlight des Abends: Kirk Douglas. 94 Jahre, sprachlich ein wenig beeinträchtigt aber er witzelt die Hosts bereits hier gegen die Wand.

Nicht nur das er direkt Anne Hathaway angräbt, er wundert sich auch noch wieso Hugh Jackman lacht, aber alle Australier fänden ihn wohl witzig. Colin Firth allerdings nicht, naja, aber der ist ja auch Brite. Anschließend kämpft er mit dem Umschlaghalter um seinen Stock, schmeißt den leeren Umschlag einfach weg und zögert die Bekanntgabe der Gewinnerin immer wieder herrlich hinaus. „3 Times, and I lost every time!“ Zum Schluss schmeißt er sich dann noch an die Gewinnern Melissa Leo ran. Herrlich, Kirk Douglas, ein wenig creepy aber in jedem Fall einer der witzigsten Auftritte des Abends. Melissa Leo rutscht dann noch ein „Fuck“ heraus, aber natürlich nur in der unzensierten Oscarversion.

Die Veranstaltung läuft dann in gewohnten Bahnen weiter, lässt aber leider weiterhin Humor vermissen. Die Moderatoren streichen bereits hier die Flügel, allerdings stört auch das ständige Gehetze. Die Show darf nicht länger als 3,5 Stunden dauern, dadurch folgen die Awards Schlag auf Schlag und oft im Doppel. Platz für Zwischenmoderationen bleibt da leider nicht.

Wirklich gefreut habe ich mich aber kurze Zeit später über den „Adapted Screenplay“ Award für den großen Aaron Sorkin, den Autor von „The Social Network“. Er hat erneut großartige Arbeit geleistet. Ich hoffe durch den Oscar bekommt er nun wieder eine seiner genialen Serien ins Fernsehen. Der Oscar für das beste Originaldrehbuch ging dann allerdings an „The King’s Speech“, dabei gab es da doch wirklich bessere Drehbücher.
Als nächstes gab Anne Hathaway eine Musiknummer zum Besten. Ziemlich gut gesungen und sogar ein wenig Witz gegen Hugh Jackman ist enthalten. Kleines Highlight: James Franco in Frauenklamotten der sich darüber beschwert, dass er nun sogar eine SMS von Charlie Sheen bekommen hat, rundet die Performance am Ende ab. Wohl der einzige gute Auftritt von Franco an diesem Abend.

Anschließend bekommt Christian Bale seinen wohlverdienten Oscar für „The Fighter“. Wobei dies in meinen Augen doch eher einer dieser „er hätte ihn früher schon bekommen müssen, dann bekommt er ihn jetzt“ Oscars ist. Aber Bale hat ihn in jedem Fall verdient, alleine für sein ständiges Körperschinden.

„Original Score“ gestaltet sich danach erst als nette Rückblende und wird wundervoll abgeschlossen mit dem „Star Wars“ Theme. Toll präsentiert. Der Preis geht hoch verdient an „The Social Network“ bzw. Trent Reznor, der definitiv den besten Soundtrack komponiert hat dieses Jahr.

Nun folgt ein Loch, gähnende Leere. Die folgenden Awards hauen niemanden aus den Socken, der Humor fehlt weiterhin und auch die Dankesreden sind sehr unkreativ und werden sogar bereits vom Zettel abgelesen. Die Show hat definitiv ihren Tiefpunkt erreicht. Dieser hält mindestens 30 Minuten(eher länger) an und enthält auch die lahme Vorstellung der 4 nominierten Filmsongs, einen Preis den dann Randy Newman abräumt für „Toy Story 3“.

Witzig ist dann erst wieder „Live Action Short Film“. Ein Typ bei dem jeder im Saal und am TV denkt „Oh Gott was für eine Frisur“ kommt auf die Bühne und beginnt die Rede mit „Oh god, I should have got a haircut.“. Herrlich.

Was folgt ist eine halbwegs witzige Musical-Version aus einigen nominierten Filmen und der Oscar für die beste Doku der nicht an „Exit through the gift shop“ ging sondern an die Wirtschaftskrisendoku „Inside Job“. Die Dankesrede hatte Potential, die Bosse wurden auch nochmal kurz recht halbherzig an den Pranger gestellt, aber hier war Michael Moore dann damals doch weitaus bissiger.

Nach einer der zahlreichen Werbepausen kommt dann Ex-Oscarmoderator Billy Chrystal auf die Bühne. In alter Tradition der bisherigen Show des Abends schlägt auch er Franco und Hathaway mit Witz und Charme um Längen. Zudem bekommt er standing ovations. Go Billy!

Robert Downey Jr. und Jude Law präsentieren dann den Preis für die besten visuellen Effekte. Wie bereits eine Jahre zuvor gibt es wieder eine herrliche Schelte auf Downeys Drogen- und Alkohol-Vergangenheit. Diese Selbstparodie geht immer!

Ein erneutes Stimmungsloch von 15 Minuten endet mit der „In Memorian“ Montage, in der alle letztjährigen verstorbenen Darsteller, Produzenten, Cutter usw. vorgestellt werden. Wie jedes Jahr einer der emotionalsten Beiträge.  Leslie Nielson, Tony Curtis, Sally Menke, Dennis Hopper, Blake Edwards oder Irvin Kershner, um nur ein paar zu nennen.

Danach wird David Fincher erneut seines Regie-Oscars beraubt und zwar ausgerechnet vom „The King’s Speech“ Regisseur Tom Hooper. Der Film in allen Ehren, aber die konventionelle Regie des TV-Filmers war nun gewiss nicht Oscarverdächtig. Die Darsteller waren allesamt spitze, die restlichen Kategorien hatte alle bessere Vertreter.

Nach diesem herben Rückschlag, kommen Francis Ford Coppola, Eli Wallach und Kevin Brownlow auf die Bühne um sich Ehrenoscars abzuholen. Ein großer Moment, ohne Frage. Besonders Eli Wallach gönne ich es von Herzen.

Wenig überraschend bekommt kurz danach Natalie Portman ihren ersten Oscar. Sie wirkt erstaunlich gefasst. Schade, hier hat wohl jede auf eine emotionale Rede gehofft. Die zweite Überraschung die absolut keine war ist der anschließende Preis für den besten Hauptdarsteller. Der geht natürlich an Colin Firth. Hochverdient, in jeder Hinsicht.

Der Abend wird dann abschlossen mit dem Preis für den besten Film, der von Spielberg verliehen wird und wenig überraschend ebenfalls an „The Kings Speech“ geht. Im Anschluss gibt eine Schulklasse aus New York noch ein Ständchen(gähn) und das war es dann für dieses Jahr.

Die 83. Academy Awards, auf die ich mich wie immer sehr gefreut habe, waren leider nicht so gut wie die letzten Jahre. Zu kurz, viel zu wenig Humor, schlechte Moderatoren, oft langweilige Dankesreden und wie immer zu viel Werbung lassen den Abend zerfahren, durcheinander und beliebig wirken. Der Glanz war kaum vorhanden und erneut gingen ein paar Oscars in unverdiente Richtungen.

Trotzdem machte die Veranstaltung aber wieder Spaß. Im Wohnzimmer der Stars zu hocken war, aller Kritik zum Trotz, wieder ein Genuss. Ich hatte meinen Spaß und freue mich bereits jetzt auf nächstes Jahr. Dann bitte wieder länger, ausgedehnter und UNBEDINGT mit anderen Moderatoren. Jon Stewart, Billy Chrystal, Ricky Gervais, Steve Martin, einer von diesen!