Antichrist

Antichrist

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Erscheinungsjahr: 2009
Regie: Lars von Trier

Darsteller: Willem Dafoe
Charlotte Gainsbourg
Storm Acheche Sahlstrøm

Inhalt@OFDB

Da Lars von Triers neuster Film von einigen Bekannten bereits gesehen wurde und, wie zu erwarten war, vernichtend beurteilt wurde, musste ich mir das Werk doch auch einmal ansehen. Bislang habe ich mich nie wirklich an Werke von Lars von Trier heran getraut. Ihn umgibt einfach diese Aura die man nur widerwillig durchstoßen will und auch nur wenn man sich wirklich sicher ist, dass man sich drauf einlassen kann. Man weiß im Vorhinein schon, dass man vieles im Film wohl nicht verstehen wird oder erst bei späteren Recherchen den Film in Gänze deuten kann.
Es gibt etliche Szenen die man erst einmal sacken lassen müsste, auf sich wirken lasen müsste, aber von Trier macht spätestens in der letzten Filmhälfte unaufhörlich weiter mit seinen krassen Aufnahmen. Bilder der sexuellen Selbstverstümmelung schockieren wohl selbst den "Saw"-erfahrenen Zuschauer, werden aber nicht einfach der Gewalt wegen eingesetzt.
In "Antichrist" geht es um Trauer und Schmerz, um Verlustängste und um das "Böse in Frauen".
Das Prolog des Films ist sehr stark, wohl das echte Highlight des Film. Vortrefflich gefilmt in Superzeitlupe und schockierend zugleich stimmt der Prolog wunderbar auf den Film ein. Er zeigt wie ein Paar(Dafoe und Gainsbourg) Sex hat und in Ekstase dabei nicht auf ihr kleines Kind achtet, welches aus dem Fenster fällt und stirbt.
Die nächsten 3 Kapitel allerdings wirken dann wie ein krasses Kontrastprogramm in Sachen Verständnis. Der Ehemann therapiert seine eigene Frau um über den Verlust des Sohnes hinwegzukommen, hat selbst damit scheinbar weitaus weniger Probleme. Die Wege der Therapie und Sinn der ganzen Maßnahmen ist über weite Strecken nicht ersichtlich und scheint sich am Ende als hohle Phrasen herauszustellen.
Im letzten Akt schließlich folgen die erwähnten, schockierenden Bilder der Selbstverstümmelung, wohl aufgrund nicht erfüllter Lüste und missverstandener Gefühle. Hier liegen die weiteren klaren Stärken des Films. Wie die Verlustängste seiner Frau sich ins Extreme steigern und sie ihm schließlich einen Schleifstein ans Bein schraubt, um ihn an der Flucht zu hindern, ist schon ganz harter Tobak. Dazu passt das unheimliche, vernebelte Set in einem Wald nähe Köln wie die Faust aufs Auge.
Eine Spannung zum zerschneiden und geschnitten wird letztendlich wirklich noch, doch leider nicht die Spannung.
Man fühlt sich hier oft, als hätte man nie einen Film gesehen, als wüsste man plötzlich nicht mehr wie man bestimmte Szenen anpacken muss um sie zu verstehen und was bestimmte Schlüsselszenen überhaupt zu bedeuten haben. Das ist nicht einmal wie bei David Lynch, wo der Film an sich so verworren ist, dass man das meiste nicht deuten kann, aber es trotzallem eine wahre Freude ist zuzusehen.
Bei "Antichrist" wird man, besonders in Hälfte eins, wirklich mehrmals auf die Geduldsprobe gestellt ob man sich für den Film wirklich den richtigen Zeitpunkt ausgesucht hat oder ob es für Filme wie diese überhaupt einen richtigen Zeitpunkt gibt. Hier wird der Film zur absoluten Kunstform stilisiert, viele der verstörenden Waldaufnahmen könnten aus einer Vernissage über Maler des Mittelalters stammen oder gar aus fiebrigen Träumen eines verrückten. Nicht weiter verwunderlich, dass der Film entstand während von Trier sich noch von schweren, lang anhaltenden Depressionen erholte.
Ob "Antichrist" ein Meisterwerk ist wage ich nur schwer zu beurteilen. Erzählerisch gefiel er mir nur bedingt, Schauspielerisch und in seiner Bildersprache ist er über jeden Zweifel erhaben.
Insgesamt wahrlich kein Film für Jedermann und auch nur schwer auf einen Nenner zu bringen. Ich gebe vorsichtig eine:

7/10