Officer Downe

Officer Downe
Originaltitel: Officer Downe – Erscheinungsjahr: 2016 – Regie: Shawn Crahan

Erscheinungstermin: Gute Frage, nächste Frage (Erschienen in Amerika)

Darsteller: Kim Coates, Tyler Ross, Sona Eyambe, Reno Wilson, Bruno Gunn,  u.A.

Filmkritik: Also, Zeit für die Hintergrundgeschichte: Um 2012 herum veröffentlichte Autor Joe Casey – der ziemlich „Hit or Miss“ ist – zusammen mit dem begnadeten Zeichner Chris Burnham den Comic „Officer Downe“. Die Geschichte handelte von einem Cop, der nahezu unsterblich ist und selbst wenn er mal total zerschreddert wird, immer wieder zurück ins Leben gebracht wird. Dieser Cop nimmt es mit allerlei bunten Ninjas, bizarren Gang-Bossen und fiesen Kriminellen auf, was vor allem zum Zelebrieren von extrem gewalttätiger Pop-Art-Action genutzt wurde.

Vier Jahre später machte sich Shawn Crahan, einer der Gründer von „Slipknot“ und Musikvideo-Regisseur, auf, das Teil als Realverfilmung umzusetzen. Dies ist die Obduktion dessen, was dabei herausgekommen ist und leider nicht lange gelebt hat …

Officer Down – Editor out

Zu aller erst fällt bei der Inszenierung auf, dass von den knalligen – aber dennoch stark abgedunkelten – Farben ein charmanter Pop-Art-Flair durch den gesamten Streifen schwingt. Das ist dann auch schon direkt das Beste, was das Werk zu bieten hat, denn abgesehen von ein paar Momenten werden zahlreiche Actionsequenzen in Schnitten ertränkt, die Sekundenbruchteile betragen. Dass Mark „Crank“ Neveldine hier den Produzenten gemacht und das zweite Regie-Team geführt hat, ist da direkt als Einfluss und Problem zu erkennen.
Anstatt die schwelgend-albernen Gewaltmomente der Vorlage als solche auch zu zelebrieren, gibt es hier typisch-aktuellen Quick-Cut-Bullshit. Zumindest manche Momente stechen noch angenehm aus dem zermatschten Allerlei der Einstellungen heraus, bei denen es durchaus satt gesplattert wird. Aber, nein, an die enormen Ausmaße des Comics kommt es leider zu keinem Zeitpunkt heran.

Was auch nur mäßig funktioniert, sind die extrem günstig produzierten Effekte an sich. Wenn da im Comic die Gang-Bosse Tierköpfe haben, fügt sich dies organisch in die generelle Welt der überzeichneten Vorlage ein. Aber im Film selbst sind das eigentlich unbewegliche Masken, von denen man sich als Zuschauer bis zum Ende nicht sicher ist, ob es nun eben in der Realität des Werks „echt“ oder doch nur eine Verkleidung sein soll.
Und was den Pop-Art-Flair angeht: Das ständige Einstreuen von allumfassenden Farbspielereien soll anscheinend der Vorlage huldigen. Die ist aber – wie viele Werke von Chris Burnham – zwar mit knalligen Tönen versehen, aber hell und eindeutig koloriert. Crahan taucht einfach mal alles in ein grünes, blaues oder auch mal rotes Licht und – Booom – das ist jetzt anscheinend „Comic“, weil eben bunt. Oder so. Anders kann man sich die Herangehensweise nicht wirklich erklären. Am ehesten hätte noch so eine Farbdramaturgie wie bei „Dick Tracey“ Sinn gemacht, obwohl selbst dahingehend Burnhams Artwork noch deutlich heller gehalten ist. Aber Farben plus hochgedrehter Kontrast plus Abdunkeln (warum auch immer) ist ausreichend für den Regisseur, der hier das Verfilmen eines Comics leider auch so ziemlich falsch angeht.

Ninjas gegen Cops gegen Verfilmungsfrust

Dadurch, dass viele Action- und Splattermomente die Vorlage dominieren, hat sich der Film selbst etwas mehr Zeit für seine „Figuren“ genommen. Man beachte die Anführungszeichen. Denn jenseits von Officer Downe, der gut gespielt von Kim Coates – auch wenn diesem die Wrestler-artigen Muskelmassen der Comicvorlage fehlen – der anscheinend sichtlich Spaß an dieser überzeichneten Rolle hat.

Wenn es aber um den Neuen in der Truppe geht, die Chefin der Polizeistation und erst recht den Ninja-Meister „Zen Master Flash“, so funktioniert das Übertragen aus der Comicwelt kaum mehr. Statt exaltierter Gesten und Klischee-Dialogen gibt es gestelztes Acting und ein unglaubliches Leerlauf bei der eigentlichen Inszenierung. Manches Mal dauern Szenen gefühlt fünf Mal so lange, wie es eigentlich nötig wäre, während andere wiederum während eines Sekundenbruchteils vorbeigehen. Man merkt, dass Shawn Crahan sonst nur Musikvideos gemacht hat, denn Figuren kann er nicht leiten. Ganz schlimm wird es, wenn so etwas wie EMO-TIO-NEN gezeigt werden müssen. Da fokussiert sich Crahan manchmal stark darauf die einzelnen Panels des Comics abzubilden, während er an anderer Stelle sein eigenes Ding macht, aber fast jedes Mal von der Stimmung daneben haut.
Das Drehbuch stammt von Joe Casey selbst. Doch wo dessen Comic zumindest Chris Burnhams Gore-Action ein nettes, wenn auch etwas vergessenswertes Fundament gegeben hatte, so ist dessen erweiterte Drehbuchvariante regelrecht öde. Im Gegensatz zur gezeichneten Version stellt sich hier gar kein Rhytmus ein. Szenen fangen an, wechseln den Schauplatz und sind dann plötzlich vorbei. Kaum irgend ein Aspekt der Handlung wird auch dem Zuschauer effektiv nähergebracht, geschweige denn vertief. Aber das muss ja auch nicht immer sein. Nur sollte es dann ansonsten eben auch nicht dermaßen langweilig zugehen. Bei dem nur 88 minütigen Streifen gibt es etliche Momente, die man ohne Probleme auf dem Boden des Schneideraumes hätte lassen können.

Ein interessanter Ansatz?!?

Das Schlimmste ist aber eigentlich, dass der generelle Ansatz der überzeichneten Cartoon-Welt im Realen durchaus seinen Reiz hat und zumindest die Konsequenz, mit der Crahan das Ganze durchzieht, Respekt gebührt. Nur ist eben leider das Ergebnis verhauen worden. Warum müssen die einzelnen Farben, wenn man schon die bunten Eindrücke der gezeichneten Vorlage übernimmt, so extrem abgedunkelt werden? Warum kann man nicht Action mit Slow-Motion versehen, anstatt einen regelrecht spastisch arbeitenden Editor manche durchaus ordentliche Einstellung und Sequenz versauen zu lassen?
Ich hatte ein anderes Review gelesen, dass davon sprach, dass Officer Downe „wie ‚RoboCop‘ ist, nur ohne die Satire, die Charaktere, die guten Actionszenen und den Charme“. Das bringt es durchaus auf den Punkt. Dabei würde ich den Streifen so gerne mögen. Er fängt mit einer übertriebenen Sexszene an, hat bunte Ninjas, Nonnen mit Maschinengewehren (ok, das ist langsam doch schon öde) und Kim Coates macht seine Sache eigentlich echt gut. Mit Freunden bei einer gemeinsamen Sichtung ist es wahrscheinlich auch einmal eine ganz nette Sache, aber selbst da wird man zu Recht bei manchen Sachen zu meckern haben.

Oh ja. Der Soundtrack war „ganz nett“. Da gibt es nichts dran zu rütteln. Jedes Mal, wenn Crahan zu einem guten Stück seine Szenen montieren konnte – und eben nicht komplett wahnsinnig wurde mit dem Schnitt – hat er durchaus gezeigt, dass er Bilder und Töne so verbinden kann, dass es nicht schlecht wirkt.
… Ok, ich merke gerade, dass das auch nicht unbedingt ein Lob ist. Naja. Was solls.

Fazit: Direkt nach der Sichtung hätte ich dem Streifen eigentlich so seine gaaaanz knappen 6 von 10 Punkte gegeben, auch wenn 5 von 10 bestimmt besser gewesen wären. Aber spätestens, nachdem ich mich auch mit der Vorlage kurz beschäftigt habe, rutschte die Bewertung doch noch etwas herab.
Lustigerweise gibt es genau wie beim etwa 90 seitigen Comic auch beim Film keinen komplett runden Abschluss. Doch genauso, wie es anscheinend noch keine Fortsetzung der gezeichneten Variante gibt, würde ich wohl auch nicht wirklich auf einen weiteren „realen“ Teil hoffen. Erst recht nicht bei der …

Filmbewertung: 4/10