Ghost In The Shell

Ghost In The Shell
Originaltitel: Ghost In The Shell – Erscheinungsjahr: 2017 – Regie: Rupert Sanders

Erscheinungstermin: Jetzt im Kino

Darsteller: Scarlett Johansson, Michael Pitt, Juliette Binoche, Michael Wincott, Pilou Asbæk, Rila Fukushima, Takeshi Kitano, Chin Han, Chris Obi, Joseph Naufahu, Peter Ferdinando, Adwoa Aboah, u.A.

Filmkritik: „Hey Leute, Amerika versucht mal wieder einen Manga/Anime als Realfilm umzusetzen, das kann ja nichts werden!“ So oder so ähnlich waren die ersten Stimmen im Internet, als klar wurde, dass „Ghost In The Shell“ eine US-Umsetzung spendiert bekam. Doch, oh Wunder über Wunder, dieses Mal scheint es sogar richtig geklappt zu haben! Warum, wieso, weshalb, das liest du hier!

Blade-Runner-Design für die heutige Zeit

Ghost In The Shell: Blade Runner 2

Die neondurchfluteten 80er Jahre waren das Jahrzehnt des Cyberpunks. Geschichte über virtuelle Krieger, Menschen, die sich in die Matrix einloggten und ihre Körper durch technologische Wunder verstärkten, waren damals an der Tagesordnung. Doch seitdem nun heutzutage jeder mit einem kleinen Computer in der Tasche herumläuft und ständig vernetzt ist, wurde der Cyberpunk popkulturell immer überflüssiger. So ist es schon ein kleines Wunder, dass „Ghost In The Shell“ aktuell eine derart große US-Verfilmung spendiert bekommt. Denn der Manga 1989, als auch der Anime 1995 sind absolute Paradebeispiel der eigentlich längst untergegangenen Cyberpunk-Ära.

War das Original von „Ghost In The Shell“ noch extrem stark von „Blade Runner“ inspiriert, so erneuert nun der Realfilm eben jene visuellen Elemente absolut gekonnt. Die mit Neon-Schriftzügen gefüllten Straßen haben nun überall Hologramme, stets sind auf den Hochhäusern riesige Werbeschriftzüge zu sehen. Dazwischen laufen Menschen, die sich immer mehr mit technologisch verbesserten Körperteilen ausstatten. Ob es nun Augen sind, die auch im Dunkeln oder durch Wände sehen können, oder ob es eine neue Leber ist für jemanden, der sich jeden Abend so richtig betrinken will: Willkommen in der schönen neuen Welt!

Wie bereits die gezeichneten Vorlagen erforscht „Ghost In The Shell“ auf eindrucksvolle Weise die Frage nach der menschlichen Identität, nach dem Sinn des Lebens. Nicht nur wegen der Bildersprache, sondern auch wegen des Inhalts erscheint Freunden des Kinos dabei unweigerlich der letzte Monolog von Rutger Hauer in „Blade Runner“ vor dem geistigen Auge. Persönlich würde ich sogar so weit gehen und fragen: „Nachdem ‚Ghost In The Shell“ dermaßen gut die verschiedenen Themen rund um das seelische Befinden des Menschen bearbeitet hat, brauchen wir da wirklich noch ‚Blade Runner 2‘?“

Atemberaubend: Action wie direkt aus der gezeichneten Vorlage.

Auf der Suche nach der eigenen Seele

Doch warum funktioniert „Ghost In The Shell“ so gut? Regisseur Rupert Sanders inszeniert mit ruhiger Hand und hat stets seine Hauptfigur, die von Scarlett Johansson gespielte „Major“ im Blick. Deren anfänglicher Kampf gegen Cyber-Terroristen, die ganze Persönlichkeiten herunterladen, ist der Ausgangspunkt für eine audiovisuell berauschende Suche nach ihrer eigenen Identität.
Die etwas gestelzt wirkenden Dialoge scheinen oft 1:1 aus der Vorlage übernommen worden zu sein, ebenso wie die eigentliche Bildaufteilung und Struktur. Denn je näher Major ihrem eigenen Ich kommt, desto mehr deckt sie auch eine Verschwörung auf, welche die über-technologisierte Welt, in der sie lebt, ins Chaos stürzen will.

Nicht nur Scarlett Johansson, sondern auch die vielen Nebendarsteller machen ihren Job richtig gut. Allen voran Pilou Asbæk als „Bateou“, Majors einzigem echten Freund. Trotz teilweise heftiger Make-Up-Arbeiten und stilisierten Bildern schaffen es die Schauspieler meist die Geschichte noch wesentlich menschlicher als die gezeichnete Vorlage wirken zu lassen. Vielleicht liegt das alles auch zusätzlich daran, dass man nun erstmalig eben wortwörtlich „richtige Menschen“ in dieser Geschichte hat. Die eigentliche Handlung ist zwar oft unterkühlt und emotionslos, was natürlich mit den eigentlichen Themen zusammenhängt, doch immer wieder können eben die Darsteller auch aus kleinen Gesten viel Menschlichkeit holen.

Was bleibt, wenn der der eigene Körper nicht mehr echt ist?

Ein absoluter audiovisueller Hochgenuß

Neben dem absolut audiovisuellen Verwöhnprogramm gibt es noch ein paar richtig gute Actionszenen, die so gradlinig, wackelfrei und elegant wie schon seit langem nicht mehr inszeniert wurden. Rubert Sanders hat hier ganze Arbeit geleistet, indem er eben nicht aktuellen Rucke-Trends gefolgt ist, sondern seine Kamera stets ruhig gehalten hat. Eine absolute Wohltat!
Für coole Momente sorgt zusätzlich Takeshi Kitano, der stets in seiner Muttersprache spricht und dabei seine gelassene Coolheit aus seinen japanischen Yakzua-Werken perfekt in „Ghost In The Shell“ herüberretten kann.
Beeindruckend ist auch, wie wenige Kompromisse Rubert Sanders für das US-PG-13-Rating eingehen musste. Zwar könnte es hier und da noch einen Tick mehr Intensität geben, doch während der eigentlichen Sichtung fällt dies kaum bis gar nicht auf. Im Gegenteil. Zerstörte Cyborg-Körper, Slow-Mo-Actionszenen im „John-Woo-Gedenkmodus“ und Co. zeigen, dass die Geschichte auch ohne Probleme mit einem PG-13 funktioniert. (Auch wenn das natürlich nichts daran ändert, dass vielleicht ein leicht erweiterter Director’s Cut nachher ganz schön wäre.)

Apropos US-Verfilmung: Einige Ansteller hatten sich ja darüber beschwert, dass Scarlett Johansson hier eine Figur spielt, die im Original eigentlich Japanerin ist. Das Ganze ist dann sogar innerhalb des Films ein wichtiger Handlungspunkt und zeigt, dass man erst einmal den fertigen Streifen abwarten soll. Interessanterweise ist der Wechsel von der Asiatin zur Westlerin sogar ein weiterer faszinierender Moment, der die Entfremdung der Hauptfigur noch einmal verstärkt.

Fazit: Ich bin absolut begeistert. Eigentlich würde ich gerne direkt eine 9 von 10 Punkte-Bewertung springen lassen, aber warten wir doch vielleicht noch auf die Heimkino-Version, die ja vielleicht noch etwas länger wird. Generell habe ich persönlich eigentlich kaum bis gar keinen Kritikpunkt, denn von der Struktur, über die Darsteller bis hin zu dem göttlichen Soundtrack ist hier alles einfach nur richtig gut gelungen. Meine derartige Euphorie macht mich aber selbst schon skeptisch, weswegen ich jetzt einfach mal etwas tief stapele und folgendes vergebe:

Filmbewertung: 8/10 …  aber wisst ihr was? Worauf soll man schon warten! Also gibt es doch die

Filmbewertung: 9/10!