Findet Dorie

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Findet Dorie
Originaltitel: Finding Dory – Erscheinungsjahr: 2016 – Regie: Andrew Stanton, Angus MacLane

Erscheinungstermin: 29.9.2016

Darsteller: Anke Engelke, Christian Tramitz, Roland Hemmo, Udo Wachtveitl, u.A.

Filmkritik: Fast fünfzehn Jahre nachdem 2003 „Findet Nemo“ im Kino lief, startet nun die Fortsetzung und das Faszinierendste ist wohl, in wie weit sich die Anforderungen an einen Familienfilm seitdem geändert haben. War der Erstling ein von Herzen kommendes Roadmovie, welches bewusst den Fokus auf den Kontakt mit vielen verschiedenen Figuren gelegt hat, so ist nun beim zweiten Teil dieser durchaus anders gelegt worden.

Im Zentrum steht Dorie, der Fisch, der ein großes Gedächtnisproblem hat, weil sie binnen Sekunden verschiedenste Sachen immer wieder vergisst. War das Ganze im Original eher eine humoristische Version der Tatsache, dass Fische eben wirklich ein extremes Kurzzeitgedächtnis haben, so weitet nun „Findet Dorie“ das Ganze aus als Geschichte um eine mentale Behinderung.
Das ist auch mit der effektivste Punkt, den der Streifen anspricht. Mit typisch emotionalen Momenten, die so simpel wie packend sind, werfen Rückblinden einen interessanten Blick auf die Kindheit der beeinträchtigten Dorie. Typisch für die Macher von „Pixar“ gibt es auch immer wieder wehmütige Momente, welche die Probleme der Eltern in den Vordergrund rücken.
Das übertrieben niedliche Design der kleinen Dorie ist zwar haarscharf an oder über der Grenze zur Lächerlichkeit, aber passt dennoch zum eigentlichen Thema: Dorie schaut mit großen Augen in die Welt, auch wenn diese von ihr nicht immer verstanden wird.

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Nur schade, dass die eigentliche Haupthandlung sich gar nicht mal so sehr auf diese gekonnten Elemente bezieht, sondern Dorie sich plötzlich an ihre Eltern erinnern lässt und dann auf die Suche nach diesen geht. Dieser Weg führt sie in ein „Marine Life Institute“, indem ihre Erzeuger anscheinend leben sollen.
Die aus dem ersten Teil bekannten Figuren Nemo und dessen sorgenvoller Vater Marlin folgen ihr und, naja, versuchen sie zu finden. Innerhalb des Instituts lernt sie ein paar andere Fische kennen und einen griesgrämigen Oktopus, dem sie mit ihrer Lebensfreude die Augen öffnet. So weit, so gut, aber statt des durchaus entspannten Tempos des Erstlings fühlt es sich nun so an, als müsse eine Actionszene an die andere gereiht werden. Die ruhigen Momente zwischendurch sind wenig mehr als kleine Verschnaufpausen vor dem nächsten überzogenen Gewimmel.

Dass der Showdown angemessen absurd ausfällt ist eine Sache, ebenso gibt es einen fantastisch bedrohlich wie lustigen Moment im Streichelzoo-Teil des See-Instituts, aber all die hibbeligen Momente dazwischen hätte man gut und gerne etwas herunterschalten können. Auch wirkt es so, als hätte im letzten Drittel „Findet Dorie“ selber etwas Probleme mit dem eigentlichen emotionalen Gleichgewicht. Denn ohne zu viel verraten zu wollen, so wirkt das Ende schließlich so, als hätte man Pixar gesagt, dass deren manches Mal ambivalente Emotionen keinen Platz mehr haben in der heutigen Welt. Klare „cookie-cutter Happy Ends“, bitte schön!

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So wirkt „Findet Dorie“ auch besonders eben im letzten Drittel immer wieder so, als könnte man nach jeder weiteren Szene den Streifen auch einfach beenden. Abspann laufen lassen, fertig. Selbst die neuen Figuren aus dem Institut fallen in etwas lahme Schemata: Sie werden eingeführt, haben ein Problem und in der nächsten Szene überkommen sie selbiges. Wunderbar. Erinnere ich mich nur falsch, oder war Pixar früher einfach ein wenig anspruchsvoller mit seiner Struktur und seinem Ablauf? Alles bei „Findet Dorie“ wirkt wie im Komitee entschieden. Zu glatt gebügelt, zu einfach präsentiert. Die Ecken und Kanten, die frühere Pixar-Arbeiten hatten, sind hier – bis auf die pointierten Rückblicke – leider kaum vorhanden.

Beim eigentlichen Anschauen ist das nicht unbedingt so das Problem, weswegen ich eigentlich eine Filmbewertung von 7 von 10 aus dem Hut zaubern wollte. Aber gerade wenn man einen Tag mal darüber schläft, werden die positiven Elemente kleiner und die etwas nervigen, aber vor allem unnötigen Teile größer. Zwar gab es auch einige extrem gute Lacher und die Actionszenen an und für sich sind auch gut gemacht worden, aber in ihrer überschwänglichen Menge und Inszenierung konkurrieren sie zu sehr mit dem eigentlichen Fokus des Geschehens:
Der Suche des geistig beeinträchtigten, aber herzensguten Fisches Dorie nach ihrer Familie. Dass diese Suche am Ende auch deutlich pointierter hätte sein können – und vielleicht sogar müssen – ist dann etwas, dass „Findet Dorie“ zu einer netten Fortsetzung macht. Aber eben auch leider nicht zu mehr.

Filmbewertung: 6/10