Godzilla

Godzilla
Originaltitel: Godzilla – Erscheinungsjahr: 2014 – Regie: Gareth Edwards

Godzilla-Teaser-Poster-2

Darsteller: Bryan Cranston, Elizabeth Olsen, Sally Hawkins, Aaron Taylor-Johnson, Juliette Binoche, Ken Watanabe, David Strathairn, Victor Rasuk, CJ Adams, Al Sapienza, Richard T. Jones, Brian Markinson u.A.

Filmkritik: Halleluja, GODZILLA ist wieder da! Nach Roland Emmerichs ordentlichem Monsterfilm Ende der 90er Jahre, der aber schlicht und ergreifend das klassische Konzept mit Füßen trat und dem fulminanten japanischen Abschluss in Form des Action-Orkans Godzilla: Final Wars von Ryuhei Kitamura tritt die große Echse nun nach zehnjähriger Leinwandabstinenz wieder auf. Oh. Und wie sie auftritt.

Der Mann auf dem Regiestuhl ist dieses Mal Gareth Edwards, der vor ein paar Jahren bereits Riesen-„Monsters“ zurück ins Kino gebracht hat. Und im Gegensatz zu Emmerich nähert er sich Godzilla sehr respektvoll. Fast sogar schon zu respektvoll.

Der Film beginnt mit einer kurzen Sequenz, in der sich herausstellt, dass die Atombombentest der 50er Jahre keine Tests waren, sondern versuche Godzilla ins Jenseits zu befördern. Gebracht hat das nichts. Und Ende der 90er kam es in Japan zu einem verheerenden Atomreaktor-Unglück, bei dem die Familie Brody ihre Mutter verliert. Vater Joe (Bryan Cranston) ist am Boden zerstört und weiß, dass die Regierung irgendetwas verheimlicht, denn das war kein „normaler“ Meltdown. Zeitsprung. Sohn Ford (Aaron-Taylor Johnson) ist erwachsen geworden und hat nun eine Familie, während Vater immer noch den Verschwörungsfanatiker spielt. Über Umwege kommt man zusammen und findet heraus, dass anscheinend eine Art von Radioaktivität fressenden Monstern, genannt „M.U.T.O.“s – wie das Akronym sich zusammensetzt wird noch nicht verraten – dafür verantwortlich ist. Und wo böse Monster nahen, da ist Godzilla nicht weit. Denn der wird nicht nur von Dr. Serizawa (ein Name-Drop vom Godzilla-Original und dargestellt von Ken Watanabe) als „for all intends and purposes, a god“ bezeichnet, sondern auch als natürlicher Fressfeind der anderen Riesenmonster. Und goldig ist Serizawas Ansicht, was wie man sich denn der Monsterplage entledigen könnte (ohne gleich mit mehr Atombomben alles und jeden zu verstrahlen): „Let Them Fight!“

The King Of The Monsters – The Saviour Of Our City?

Ja, ihr habt richtig gelesen, der größte Schock beim aktuellen “Godzilla” ist die Tatsache, dass der Große hier definitive der “Good Guy” ist. Visuell werden zwar zahlreiche Tsunami- und Fukushima-Situationen bemüht, um – sehr effektiv – eine erstklassige Katastrophen-Film-Atmosphäre heraufzubeschwören, die in der Wirklichkeit verankert ist. Aber all dies sind eher Nebenerscheinungen. Fast schon bedächtig wandelt Godzilla zum Finale durch die Straßen der Großstadt und (Text markieren für milde Spoiler) verschwindet nach getaner Arbeit umgehend wieder in den Fluten, ohne den zarten Menschlein bewusst ein Haar zu krümmen. Die Trailer lassen da definitiv eine gänzlich andere Erwartungshaltung aufkommen. Dieser Godzilla hier wirbelt zwar (wortwörtlich) viel Staub auf, ist aber durchaus positiv besetzt. Unterstrichen wird dies durch zahlreiche parallel montierte Situationen zwischen Aaron-Taylor Johnsons Figur und dem Großen. Etwa wenn dieser strauchelt und zu Boden geht und im Zwischenschnitt das Gleiche mit Godzilla geschieht. Beide dürfen sich sogar für einen Moment vielsagend in die Augen blicken, bevor der Große, nur einige Meter entfernt, wieder den Kampf aufnimmt und den Tag rettet. Godzilla ist immer noch eine lebendige Naturgewalt, aber in diesem Fall eine, welche die bösen Elemente davon spült. Ein reinigender Sturm.

Das ist schon sehr stark in den klassischen Godzilla-Werken aus der zweiten Hälfte der ersten Staffel bekannt. Big G ist dort zum Retter der Menschen geworden und startet nun sogar 2014 in seine – hoffentlich – vierte Staffel genau auf diese Weise. Das ist verwunderlich, aber auch großartig. Denn neben all dem Drama wird hier besonders im Finale klassische Kaiju-Action präsentiert, wenn Godzilla mit den Bösen kämpfend durch die Gegend wrestelt.

Kaiju-Kino der klassischen Sorte

Die Monsterszenen. Hach ja. Edwards bedient sich die meiste Zeit eines effektiven Tricks, den viele aktuelle Regisseure scheinbar verlernt haben: Weniger ist mehr! So werden immer wieder Einstellungen, kleinere Momente gezeigt, aber sogar ganze zwei(!) Monster-Kämpfe übersprungen, da die Perspektive bei den Menschen bleibt. Wortwörtlich, denn die zum großen Teil aus der Untersicht gefilmten Sequenzen vermitteln – auch ohne den mit einiger Tiefenschärfe das Gesehene unterstützenden 3D-Faktor – ein atemberaubendes „Mittendrin statt nur dabei“-Feeling.

Als Zuschauer wartet man erst begierig auf die Enthüllung der Wesen und dann noch einmal eine gute Portion darauf, bis sich diese an den Kragen gehen. Vielleicht sogar schon zu lang.
Nicht falsch verstehen, Gareth Edwards dramaturgischer Aufbau ist erstklassig und die Struktur richtig gehend klassisch. Es steht nur zu befürchten, dass es für einige schon fast zu klassisch ist. 45 Minuten menschliches Drama, bevor die Monster wirklich über die Leinwand fegen, danach noch einmal pointiert eingesetzte Momente, bevor es eben im Finale so richtig rund geht. All das ist eine wunderbare Liebeserklärung an das klassische (Riesen)Monsterkino. Dabei finden sich sogar solche Popcorn-Kino Zugeständnisse wie der lustige Sidekick gar nicht im Geschehen und das menschliche Drama ist involvierend und sogar an einigen Stellen überraschend. Nur kommt das bei einem von dem Transformers hibbeligen Over-The-Top-Gehabe sozialisierten Kinopublikum noch an? Es bleibt zu hoffen.

Und um mal ganz persönlich zu werden: Ich liebe Godzilla und kenne alle seine Filme (und eigentlich so ziemlich alle anderen aus diesem Genre). So hatte ich mich schon Wochen im Voraus gefreut und als ich dann im Kino saß geschah etwas faszinierendes: Ich wurde nicht über-euphorisch, oder betrübt ob des Gezeigten, nein, viel mehr war es ein zutiefst beruhigendes Erlebnis, denn Gareth Edwards GODZILLA wirkt so, als sei der Große gar nicht weg gewesen. Und abgesehen von den perfekten High-Budget-Effekten wirkt Edwards Streifen schlicht wie ein weiterer Teil der Reihe. Nicht wie eine brachiale Neuausrichtung, sondern wie das Wiedersehen mit einem guten, alten Freund, bei dem man merkt, dass trotz der vergangenen Zeit sich nichts geändert hat. Das ist ungemein beruhigend. Sogar die letzte Einstellung von GODZILLA ist 1:1 den Klassikern entnommen.

Was die Bewertung angeht, da wären wohl „8 von 10“ besser passend, besonders, weil im Bezug auf die Intensität sowie die Monster-Szenen noch etwas Luft nach oben ist. Nicht etwa, weil das Ganze schlecht wäre, absolut nicht, sondern weil dies schlicht ein kleines Wiedersehen mit alten Bekannten ist. Ein liebevolles Treffen, auf das nun aufgebaut werden kann. Der zusätzliche Punkt kommt als Bonus wegen Edwards absoluter Liebe zur klassischen Monsterfilm-Struktur und Ästhetik. Und ich hoffe so sehr, dass dies dem Streifen international nicht das Genick bricht. Dass die Zuschauer sich auch mal ohne ständige Hibbelei auf ein wirkliches Kino-Erlebnis einlassen können. Dieser GODZILLA lässt die Hoffnung aufkommen, dass auch großbudgetierte Sommerblockbuster wieder etwas zur alten Stärke zurückkommen können. Weg hin vom zappeligen Over-The-Top-Gehabe, mehr hin zu, naja, ernsthaft guten Filmen.

Und zwischendurch würzt Edwards sein Werk dann sogar mit so absolut wunderbaren Szenen wie etwa jener, als die beiden Mutos zu einem Balzritual aufeinandertreffen. Liebevoll nähern sich die beiden und das Männchen übergibt dem größeren Weibchen als Balz-Geschenk eine Atombombe (da sich die Beiden eben von Radioaktivität ernähren). Der Moment ist dabei zwar fast identisch mit einem aus Edwards „Monsters“, aber gerade eben weil dies kein kleiner Indie-Film ist, sondern eine Giga-Millionen-Hollywood-Produktion, macht es das Ganze umso schöner. Denn welcher Mainstream-Monsterfilm konnte denn zuletzt so viel Liebe zu seinen Kreaturen vorweisen? Hoffen wir jetzt nur, dass auch das internationale Kinopublikum diesem wunderbar klassischen Wiedersehen mit der Riesenechse aus Japan so viel Liebe entgegen bringt.

Im Endeffekt ist Gareth Edwards „Godzilla“ nicht die bahnbrechende Neuausrichtung geworden, die sich manche erhofft und viele befürchtet habe. Nein, sein Film wirkt so, als sei der Große eigentlich nie weg gewesen. Und das ist sogar noch viel besser.

Filmbewertung: 9/10