To The Wonder

To The Wonder
Originaltitel: To The Wonder – Erscheinungsjahr: 2013 – Regie: Terrence Malick

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Darsteller: Ben Affleck, Olga Kurylenko, Rachel McAdams, Javier Bardem, Tatiana Chiline Romina Mondello, Tony O’Gans, Charles Baker, Marshall Bell, Casey Williams, Jack Hines, Paris Always, Samaria Folks, Jamie Conner

Filmkritik: Der Malick mal wieder. Nachdem er offenbar mit „The Tree Of Life“ seine ganz eigene Nische gefunden hat, dreht er nun scheinbar am Stück zahlreiche Werke, die imdb quillt fast über vor neuen Projekten. Die erste Auskopplung ist „To The Wonder“, der sich ebenfalls mit dem berühmt-berüchtigten und auch durch Körperchemie und Messwerten nicht ganz so fassbaren Thema namens Liebe beschäftigt.

Ben und Olga (die im Film zwar Rollennamen haben, was aber nicht weiter stört) lernen sich in Frankreich kennen. Olga hat bereits eine kleine Tochter, verliebt sich aber in Ben und beide ziehen nach Amerika an den trostlosen Allerwertesten der Welt. Dort lebt ebenfalls ein Priester (Bardem), der von seiner Liebe zu Gott abgefallen ist, obwohl er als „göttlicher Mittelsmann“ ja eigentlich das Gebot hat zu Lieben. (Man sieht, die thematische Verbindung wird schon enger.) Irgendwann hält es Olga im Mief der Kleinstadt nicht mehr aus, geht zurück nach Frankreich und ist dann ebenfalls dort unglücklich, weil ihr irgendwas fehlt, während Ben zu Hause ein Beziehung zu seiner ehemaligen Schulfreundin Rachel (jaja, Rollennamen sind Schall und Rauch!) aufnimmt. Irgendwann ist Olga wieder mit ihrem Ben vereint, beide haben Geheimnisse vor einander und Priester Bardem wandelt schlafwandlerisch durch sein unerfülltes, weil nicht mit Liebe gesegnetes Leben und besucht Menschen, zu denen er einfach keine Verbindung aufbauen kann…

Man merkt schon, bereits diese flache Wiedergabe unterstreicht, dass von der Handlung her hier nicht viel zu holen ist, was aber nicht weiter verwundert. Spätestens seit Malick bei „The Tree Of Life“ plötzlich Dinosaurier, Sonneneruptionen und sonstige Elemente eingeschnitten hat, um mehr eine Stimmung, ein Gefühl von Emotionen zu kreieren, anstatt mit einer festen Narration ans Geschehen zu binden, sollte man in etwa wissen, worauf man sich als Zuschauer einlässt. „To The Wonder“ steht dem in Nichts nach. Im Gegenteil.

To The Arthouse!

Sanfte Kamerabewegungen, viele Offkommentare und wenige Dialoge der überschaubaren Akteure, thematische Verzweigungen, während von sanft-sonnendurchfluteten Bildern beinahe der Geruch von frischem Stroh im Sommer aufsteigt. Malick hat, wie bereits eingangs erwähnt, scheinbar seine inszenatorische Nische gefunden, mit welcher er nun verschiedenste Aspekte des Menschen, egal, ob innere oder äußerliche, behandelt.

Dabei ist das Fehlen einer fesselnden Erzählebene hier ein weiterer Bonus, der gewillten Zuschauern es sogar einfach macht sich auf die Art und Weise zu konzentrieren und weniger das „Warum?“ zu behandeln. Dadurch wirkt der Inhalt oftmals prägnanter, sinnhafter und erleuchteter. Afflecks Charakter etwa kümmert sich als Kontrolleur dem Reinheitsgehalt des Grundwassers und der Flüsschen. Dabei wird die direkte Assoziation von dem ins Grundwasser laufenden Gift hin zu der immer weiter faulig werdenden Beziehung zu seiner/seinen Frau/en deutlich.

Bei Bardem als Priester fällt besonders in Auge, dass Malick entweder erschreckend realistische Darsteller, oder, was wahrscheinlicher ist, einige realistisch erschreckende Menschen gefunden hat, die ihre Nöte beichten. Vielleicht als weitergehende Thematisierung des Begriffs „Liebe“. Wie viel Liebe bringen wir diesen Personen entgegen? Wollen wir dies überhaupt? Und sicherlich ist es einfach sich solchen Menschen zu öffnen, wenn die Begegnung nicht live abläuft und eine sichere Leinwand zwischen einem selbst und dem Betroffenen steht.

To The Spinning!

Zu seichten, meditativen Klängen breitet Malick einen Gefühlsteppich aus, der inhaltlich so clever sein möchte, wie er im Endeffekt als belustigend angesehen werden kann. Der gute Terrence scheint eine Musical-hafte Annäherung an seine Filminhalte immer mehr zu bevorzugen und dies auch in die Darstellung der Hauptfiguren einfließen zu lassen. Sind seine Charaktere glücklich, so bewegen sie sich geschwind tollend, um die eigene Achse drehend und kindischer, eigentlich sogar bereits infantiler Freude, ungeachtet der Zwänge einer modernen Gesellschaft.

Dies im Umkehrschluss bedeutet dann freilich auch, dass „unsere moderne Gesellschaft“ die Darstellung dessen als durchaus humorvoll, nein, lächerlich empfinden kann. Speziell Olga Kurylenko dreht sich in ihren „frohen“ Szenen einen Wolf, während sie ansonsten in der „traurig“-Phase ihres Malick-Actings wie die Karikatur einer schizophrenen Hausfrau agieren darf. Angewiesen auf ihren Mann hasst und liebt sie diese Abhängigkeit gleichermaßen, aber ist sich nicht eigener Möglichkeit der Verbesserung bewusst, sondern sucht ihre von Zweifeln zerfressene Ausbruchsmöglichkeit in einem ebenfalls auf einen Mann zurück kommenden Seitensprung. Vielleicht sollen die Figuren auch weniger „Figuren“, sondern viel mehr einzig und allein die Gefühle an sich darstellen? Vielleicht ist diese Art des unbekümmerten Agierens der Darsteller wirklich genau jenes „Schauspiel“, welches spielerisch anschaulich macht, was innerhalb der einzelnen Figuren geschieht?

Oder vielleicht ist das alles auch ganz schlicht und ergreifend ein riesiger Haufen Mist?!? Das Problem bei Malick und besonders gerade dessen momentaner Inszenierung ist, dass die prätentiöse und hochgradig artifizielle Inszenierung wie die Parodie ihrer Selbst erscheint und beinahe mehr Verwandtschaft zu eben überzeichneten Karikaturen enthält, als zu einem wirklich intensiv-bedeutenden Stil. Hier wird man von der ersten bis zur letzten Minute mit der „Dies ist Kunst!“ beschrifteten Keule über die Birne gezogen. Anstatt eines sanften Verführens in die eigene Intention wird hier ein „Friss oder Stirb!“-Gehabe vorgelegt, welches so radikal wie mutig ist.

Malick ist es – scheinbar – komplett egal, wie gekünzelt seine Werke momentan erscheinen. Viel mehr noch, er scheint sogar noch einen Schritt weiter zu gehen als bei „The Tree Of Life“. Wollen wir hoffen, dass diese Entwicklung noch nicht zu Ende ist und vielleicht in ein, zwei Filmen in ihrer starken Überzeichnung selbst die Pariere der Karikatur überschreitet und zu etwas gänzlich anderem wird. „The Tree Of Life“ konnte durch seine lockere, bruchstückhaftere und unzugänglichere Interpretation dieses Stils noch mehr begeistern. „To The Wonder“ ist irgendwie ein Zwischending. Nicht mehr so ungeschliffen wie „The Tree Of Life“, aber auch gefühlt noch nicht so, wie es hätte sein können. Seien wir also gespannt, was Malick in Zukunft noch so abliefern wird!

(Der bei der PV mitgezählte Spinning-Counter kommt auf 21!)

To The Bat-Mobil!

Malick hat zumindest geschafft, was nur wenige vermögen: Sowohl als Kunst- oder neudeutsch eben auch Arthouse-Film kann sein Werk überzeugen, genauso allerdings die etwas juveniler angehauchte “So Bad, It’s Good”-Crowd ansprechen. Sich ständig um die eigene Achse drehende Hollywood-Stars die teils unzusammenhängenden Quatsch reden, während echte Menschen anscheinend von jahrelangem Chrystal-Meth-Missbrauch palavern und ein als Priester verkleideter Javier Bardem daneben sitzt und andächtig nickt? Den guten Grund namens „Kunstfilm!“, damit sich Olga und Rachel, die beiden Damen dies Films, auch mal hüllenlos zeigen? Ganz zu schweigen von dem generell distanzierten (Affleck), verstörten (McAdams) oder kindischen (Kurylenko) Gehabe der Hauptdarsteller?

Da kann man demnächst mal wieder bei einem gemütlichen Trash-Abend als zweiten von drei Filmen einfach „To The Wonder“ zeigen (wenn man zuvor bereits „The Tree Of Life“ durch hatte), denn die „unfreiwillig“ unterhaltsamen Stellen vergolden diesen verrückten Streifen umso mehr.

Und das ist schließlich auch ziemlich selten: Ein Streifen mit Top-Stars, der sowohl als inhaltsschweres Kunstprojekt, genauso wie als filmische Verrücktheit herhalten sowie unterhalten kann. Am Ende wird es, egal für welche der beiden Sichtweisen man sich unterscheidet – wobei das Unterhaltsamste ohnehin ist, sich die zwei Möglichkeiten offen zu halten – auf was eigentlich final Malicks neuer Stil hinsteuert. Ganz spannend scheint ja „Voyage Of Time“ zu werden, welcher mit Emma Thompson und Brad Pitt als Erzähler eine Art Bestandsaufnahme von Geburt und Tod des Universums sein soll. Das kann ja noch heiter werden!  

Filmbewertung: 7/10