Dead Man Down

Dead Man Down
Originaltitel: Dead Man Down – Erscheinungsjahr: 2013 – Regie: Niels Arden Oplev

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Darsteller: Colin Farrell, Noomi Rapace, Dominic Cooper, Terrence Howard, Isabelle Huppert, Armand Assante, Raw Leiba, Franky G, Raymond Mamrak, Luis Da Silva Jr., Jennifer Butler, Jennifer Mudge u.A.

Filmkritik: „Verblendung“ war schon ein großer Wurf für das Krimi/Thriller-Genre. Nicht nur, weil David Fincher davon ein Remake gedreht hat, sondern auch, weil Noomi Rapace damit weltbekannt wurde. Ganz abgesehen davon, dass – besonders der erste Film – ein extrem starkes Stück Film war.

Und so wurde die Erstverfilmung auch zu Niels Arden Oplevs Einstiegsmöglichkeit ins US-Kino. Der Regisseur des ersten Teils der „Millennium“-Trilogie wollte nach eigenen Aussagen „einen amerikanischen Film“ drehen und witzigerweise wirkt „Dead Man Down“ als Endprodukt dann so, als hätte ein Ausländer alle Klischees über die Amis und ihre Kinovorlieben in einen Mix geworfen, unsicher, wie viel er von seinen eigenen Geschmacksvorlieben mit einbringen soll.

Die Geschichte dreht sich um zwei traumatisierte Menschen (Farrel und Rapace), die auf ihre Weise Rache nehmen wollen für das Leid, das ihnen angetan wurde. Farrel selbst ist der klassische „Ein Mann sieht rot“ –Typus, der die Gangster unterwandern und mit einem Master-Plan zur Strecke bringen will. Als er einen Mann tötet, bekommt dies seine Nachbarin mit und erpresst ihn daraufhin ihren Peiniger, der sie nachts angegriffen und entstellt hat, umzubringen. Aus dieser angespannten Situation entwickelt sich dann natürlich eine Beziehung und die Dinge laufen nicht mehr so ab, wie sie anfangs geplant wurden.

Western, Rache, Action, Gangster = amerikanisches Kino

Dabei ist die Inszenierung der zwischenmenschlichen Momente nah an der Intensität der „Millennium“-Reihe, leidet aber etwas daran, dass die Figuren sattsam bekannt sind. In Farrels Charakter findet sich Eastwoods Figur aus „Ein Fremder ohne Namen“ genauso wieder, wie der bereits genannte Paul Kersey. Bei Rapaces Rolle könnte einem Abel Ferraras „Frau mit der 45er Magnum“ einfallen, würde die eigentlich starke Figur nicht auf halbem Weg einknicken und nicht so genau wissen, ob sie nun die taffe Dame oder das „Damsel In Distress“ sein soll. Noomi Rapace spielt so oder so fantastisch, das Bedarf keiner Frage, wird aber eben vom Drehbuch durchaus alleine gelassen.

Colin Farell bewegt sich auf ordentlichem Niveau, wird aber bei vielen Duo-Szenen von seiner Filmpartnerin knallhart gegen, wenn nicht sogar durch die Wand gespielt. Gerade hier wäre etwas mehr Acting als ein „Stone Face“ wünschenswert gewesen, wobei sich das nun deutlich schlimmer liest, als es im Endeffekt wirkt.

Viel ärgerlicher ist da, dass die dreieinhalb Action-Szenen im Geschehen bis auf eine Ausnahme stets so wirken, als seien sie eben hineingeschrieben worden, „weil in amerikanischen Filmen Leute aufeinander schießen müssen“. Dabei wird besonders im Finale die Grenze hin zum „Heroic Bloodshed“-Kino eines John Woo eigentlich bereits überschritten. Dabei wirken die Drama- und Action-Teile deutlich unzusammenpassend und setzen sich von einander ab. Ganz so, als habe man dem Kameramann gesagt, dass er „eine coole Actionszene“ inszenieren soll, während der ausländische Regisseur mit dem dramatischen Film auf seiner Einladungskarte eben für die Dialogszenen zuständig war.

Dabei hätte gerade mit etwas Überarbeitung ein wahrer Vertreter des John Woo’schen Actionkinos hier draus werden können. Dramatisches Potential? Check! Freundschafsbande, die durch Geheimnisse und Unwahrheiten strapaziert werden? Check! Gleich zwei Bösewichte mit etlichen Untergebenen die es abzuschießen gilt? Doppelcheck! Doch statt dessen zerfällt das Geschehen immer wieder in –zugegeben verdammt gut gemachte – Einzelsegmente, die sich nie zu einem homogenen Ganzen zusammenfinden.

Die Erwartungen der Zuschauer – Pro & Contra des „bekannten Ablaufs“

Beim gemütlichen „nach Screening rumsitzen“ kam dann darüber hinaus noch das Thema auf, dass – ohne jetzt zu viel zu spoilern – „Dead Man Down“ bei aller Dramatik oftmals andere Wege einschlägt, als man es im Vorfeld bei der Inszenierung erwartet hätte. Wo hartes erwartet wurde wird es zart und umgekehrt.

Mein persönlicher Ansatz war, dass eben durch die sich nicht zwischen Actionthriller und Thrillerdrama entscheidende Inszenierung beide Varianten zulässt und gerade dadurch eben wieder punkten kann. So wird die inszenatorische Unentschlossenheit in manchen Sequenzen zum Pluspunkt des Streifens, weil er eben in vielerlei Richtung gehen kann, anstatt auf den einen oder anderen Ausgang festgelegt zu sein.

„Aber solche Filme enden doch nicht so!“ war dann die oft gestellte Kritik, die bei mir eher einer der Vorzüge war. So bekannt die eigentlich charakterlichen Archetypen der beiden Hauptfiguren auch sind, gibt es trotz allem noch einige Überraschungen während des Geschehens. Das ist zwar alles nichts, was einem sonderlich lange im Gedächtnis bleiben dürfte, schafft aber eine gewisse Würze. Ganz abgesehen davon, dass die Actionszenen zwar manches Mal deplaziert wirken, aber für sich genommen durchaus Spaß machen und angenehm gefilmt sind.

Es ist mal wieder einer dieser Filme, bei denen die Endbewertung etwas schwerer fällt

…denn die Darsteller sind ordentlich (Farrel), gut (Farrels Filmkumpel und manch ein Gangster-Actor) bis sehr gut/erstklassig (Rapace). Die Inszenierung, wenn auch verworren aufgrund der nicht ganz zusammenpassenden Versatzstücke, abgesehen von diesem Negativpunkt ziemlich gut und am Ende wirkt „Dead Man Down“ trotz der schieren Forciertheit bezüglich dieses Punktes „wie ein klassischer, amerikanischer Film“. Dabei ist er eher verwandt mit 70er Jahre Actionstreifen, welche ihre inhärente Dramatik noch genauso im Zielsucher hatten wie ihre Krawallszenen.
(Und als Tipp am Rande: Unbedingt mal den „Mann mit der Stahlkralle“ antesten!)

Wem die Punkte bislang alle eher zugesagt haben, der könnte an einem guten Tag so auf die sehr knappe

Filmbewertung: 7/10

kommen. Mehr ist wohl nicht drin, manch einer wird sich auch deutlich mehr an den negativeren Punkten stören. Aber, draußen scheint die Sonne, ich habe gerade gute Laune und warum fange ich überhaupt an mich hier zu rechtfertigen? Antwort: Weil man immer transparent bleiben sollte bei seinen Bewertungen. In diesem Sinne: „Dead Man Down“ ist etwas für Leute, die gerne auch älteren Actionkram schauen und denen man nicht unbedingt erklären muss, was ein „Heroic Bloodshed“-Film ist.