The Beaver – Der Bieber

Der Bieber
Originaltitel: The Beaver – Erscheinungsjahr: 2011 – Regie: Jodie Foster



Darsteller:
Mel Gibson, Jodie Foster, Jennifer Lawrence, Anton Yelchin, Michelle Ang, Riley Thomas Stewart, Paul Hodge, Jeff Corbett, Kris Arnold, Lorna Pruce, John Bernhardt, Ernest E. Brown

Filmkritik: In „The Beaver“ geht es nicht um üppige weibliche Schambehaarung, auch wenn der Titel dies implizieren könnte. „The Beaver“ ist vielmehr das mitreißende Portrait einer tiefen Depression.

Jodie Foster, langjährige Bekannte von Mel Gibson, hat mit ihrem bewegenden Drama versucht ihren Freund aus dem Dauerfeuer der Medien herauszuholen und ihn endlich wieder zeigen zu lassen, was er kann: Schauspielern. Und „The Beaver“ kam bei einigen Kritikern in Übersee auch sehr gut an, doch leider begab sich Mel kurz darauf direkt in die nächste Medien-Schlacht.

“Crazy is being miserable and walking around half asleep, numb, day after day after day. Crazy is pretending to be happy.“ Walter Black

Die Handlung von „The Beaver“ teilt sich in zwei Stränge auf. Es gibt zum einen die Darstellung des schwer depressiven Walter Black (Mel Gibson). Von einer normalen Midlife-Crisis ist er bereits weit entfernt. Sein Job macht ihm keinen Spaß mehr, zu seiner Frau (Jodie Foster) bekommt er keinen Draht mehr und auch seine Kinder finden nicht mehr zu ihm. Er liegt den ganzen Tag im Bett und bekommt nichts mehr hin. Seine Frau versuchte alles, aber sie ist an dem Punkt angelangt an dem sie ihn vor die Tür setzt. Walter zieht in ein Hotel. Er besorgt sich eine ganze Kiste Alkohol und findet in einer Mülltonne eine Stoffpuppe. Mit Pulle in der einen und Puppe in der anderen Hand will er sich schließlich vom Balkon stürzen, doch dann fängt die Puppe plötzlich an zu sprechen.
Parallel folgt der Film zudem noch dem Schicksal von Walters Sohn Porter (Anton Yelchin), der alles daran setzt nicht so zu sein wie sein Alter Herr…

Der Film kommt für ein Drama mit dieser Handlung erstaunlich kurz daher. Nach 90 Minuten ist bereits alles zu Ende. Aber Jodie Foster versteht es, in dieser kurzen Zeit alles zu vermitteln. Der Film hat keine Längen und lebt vor allem vom eindringlichen Schauspiel von Mel Gibson. Er spielt den depressiven Walter mit viel Feingefühl und sehr glaubhaft. Den Bieber, der eine zweite Persönlichkeit darstellt, spricht er mit fiesem britischen Cockney Akzent und haucht der kleinen Handpuppe so ebenfalls Leben ein.

Zunächst sieht Walter die Figur als eine Möglichkeit, im Job und der Familie wieder wahrgenommen zu werden, aber mehr und mehr verliert er auch die Kontrolle über seine verlängerte Persönlichkeit. Der Bieber entwickelt ein Eigenleben. Durch den Bieber droht er sich in noch tieferes Ungemach zu stürzen und er verliert noch mehr die Kontrolle. Was ihm zunächst geholfen hat mi seiner Depression klarzukommen, ja sogar wieder Erfolg im Job und Liebesleben gebracht hat, wird zum neuen Problem.

Derartig dramatisch ist die parallele Handlung um seinen Sohn leider nicht. Trotzdem ist die erzählerische Qualität aber auch hier recht hoch. Dies liegt vor allem auch an der tollen Chemie zwischen Anton Yelchin und Jennifer Lawrence. Besonders Lawrence, die sehr wenig Screentime hat, gelingt es nach dem starken „Winter’s Bone“ sich erneut als vielseitige Darstellerin zu beweisen. Zwar steht für Porter weitaus weniger auf dem Spiel und man hat nie das Gefühl das er die Zügel komplett aus der Hand gibt, aber eine Zerrissenheit wie er sie verspürt ist bei vielen Jugendlichen sich nicht unbekannt und gerade deswegen etwas nahbarer, als das stellenweise schon extreme Abdriften von Walter, der schon eher einen Grenzfall markiert.

„The Beaver“ ist wohl eines der einfühlsamsten Mainstream-Dramen der letzten Jahre. Der Film gibt sich nicht als Independent-Produktion und wurde ganz klar für ein größeres Publikum konzipiert. In diesem Rahmen ist der Film aber erfreulich eigenständig und macht sich nicht krumm um jedem zu gefallen. „The Beaver“ ist konsequent, hat tolle Figuren die eine spürbare Entwicklung durchmachen und an vielen Stellen auch beinahe unaufhaltsam auf einen Abgrund zuschlittern. Der Film ist kein unnahbares Werk sondern in der heutigen Leistungsorientierten Gesellschaft gewiss kein Einzelfall. Auch darum ist „The Beaver“ derart gelungen geworden.

Filmbewertung: 8/10