Interstellar

Interstellar
Originaltitel: Interstellar – Erscheinungsjahr: 2014 – Regie: Christopher Nolan

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Darsteller: Matthew McConaughey, Jessica Chastain, Anne Hathaway, Wes Bentley, Topher Grace, Michael Caine, Casey Affleck, John Lithgow, Matt Damon, Mackenzie Foy, Collette Wolfe, Ellen Burstyn u.A.

Filmkritik: Nein, ich bin absolut kein Fan von Christopher Nolans Stil. Warum? Das Bedarf einiger Erklärungen, also macht es euch doch gemütlich! Obwohl… nein, so komplex ist es gar nicht, denn es ist die Art und Weise, wie er seine Geschichten verpackt. „Memento“ und „Insomnia“ mal etwas außen vor gelassen, haben alle seine Werke das gleiche Problem: Eine gute, wenn auch nicht sonderlich überdurchschnittlich intelligente Handlung wird so verpackt, dass sie clever wirken soll, während die Inszenierung sich gleichzeitig darum bemüht jedes einzelne Element zu Tode zu erklären, oder – noch viel schlimmer – sämtlich Konsequenzen, Plot-Twists oder ähnliches bereits so stark anzuteasen, dass es jedes Mal erschreckend offensichtlich ist, wohin das Ganze am Ende führt. „Prestige“, „Inception“ und nun auch „Interstellar“ bilden dahingehend in Nolans Schaffen nun schon so etwas wie eine Trilogie.

Doch neben dem pseudo-cleveren Verpacken einer maximal leicht überdurchschnittlich – für das aktuelle Popcorn-Kino – intelligenten Handlung, kommt die Christopher Nolans Schauspielführung als weiteres Ärgernis dazu. In den seltensten Fällen verhalten sich Menschen wie richtige Charaktere, sondern sind viel mehr der Lieferant von unendlichen gar nicht mal so tiefschürfenden Ausführungen, die oftmals mit übertrieben viel Gravitas in der Stimme vorgetragen werden. Kombiniert wird dies anschließend mit einem Inhalt, der eigentlich immer die eigentlichen Themen und Elemente des jeweiligen Geschehens für sein Publikum vorkaut, damit auch am Ende jeder versteht, was Nolan denn Aussagen will. Anstatt darauf zu vertrauen, dass seine Darsteller und Handlung dies transportieren, wird so schnell der gesamte Subtext komplett an die Oberfläche geholt. Ein Paradebeispiel sei etwa die Dinner-Szene aus „The Dark Knight“, in welcher die Charaktere die weitere Handlung sowie den gesamten Grundinhalt des Filmes erklären: „Entweder man stirbt als Held, oder kämpft so lange, bis man schließlich der Bösewicht wird“, oder wie immer das damals auch formuliert war.

Und da eben nichts besser ist, als dem Publikum direkt zu sagen, was genau gerade passiert und – noch schlimmer – was der ach so clevere Twist des Ganzen ist, kann so wortwörtlich jeder Vollidiot diese – wenn überhaupt – maximal leicht überdurchschnittlichen Handlungsentwicklungen verstehen. Ein Grund, weshalb ich persönlich Nolans Stil durchaus gerne als „Idioten-Arthouse“-Beschreibe. Aber bevor ich mich jetzt noch unbeliebter mache: Gemach, ich persönlich finde zwar Nolans Stil etwas, ähem, „dumm“, aber nicht (unbedingt) die Leute die es mögen. (Ok, ich glaube, ich rede mich doch gerade immer tiefer rein….) Wenn ihr das Ganze mögt: More Power To You! Als Fan von trashigen, obskuren und schlicht ergreifend merkwürdigen Werken bin ich wohl der Letzte, der auf irgendjemanden mit den Fingern zeigen sollte.

Christopher Nolan…. IN SPACE!

Aber kommen wir doch endlich zu „Interstellar“. Die Geschichte spielt in einer leicht postapokalyptischen Welt, in der nach und nach sämtliche natürlichen Ressourcen versagen und die Menschheit vor ihrem Ende steht. Aber mysteriöserweise ist innerhalb unseres Sonnensystems plötzlich ein kleines schwarzes Loch entstanden, durch das vielleicht andere bewohnbare Welten erreichbar wären. Also wird schnell ein Team zusammengestellt und durch Zufall kommt Matthew McConaugheys Charakter dazu, oder ist es doch Schicksal? Was wird die Crew auf der anderen Seite des Wurmlochs erwarten? Und was hat das Ganze mit dem „Geist“ zu tun, der anscheinend im Zimmer von McConaugheys Tocher sein Unwesen treibt?

Bevor jetzt zu viel verraten wird – wie leider im Film nach dreißig Minuten – gehen wir doch einfach mal auf die Inszenierung ein: All die typischen Nolan-Elemente sind nach wie vor vorhanden, aber durch die Kombination mit dem dieses Mal auch wirklich epischen Thema kommen die tieftragenden Monologe nicht ganz so gestelzt und unnatürlich rüber und die Momente des Staunens sind durch die Handlung verdienter.

Dabei versucht Nolan hier und da Erinnerungen an Kubricks 2001 zu wecken – oder eher gesagt: sich selbst auf diese Stufe zu heben – was leider nicht so ganz funktioniert. Wo etwa Kubrick zu Beginn seines Films die technischen Gegebenheiten der Weltraum-Station detailliert gezeigt hat, kommen davon immer wieder kleinere Momente in „Interstellar“ vor, die allerdings durch ihre Platzierung in der Handlung stets wenig mehr sind als ein netter Effekt-Moment, der weder die Handlung, noch das Interesse der Zuschauer vorantreibt. Was aber so richtig stört ist eine Nebenhandlung in der zweiten Hälfte des Geschehens. Als nämlich – SPOILER-Alarm – Matt Damons Charakter auftaucht, nutzt „Interstellar“ dies schlicht als Vorlage um noch schnell zwei, drei Actionszenen ins Geschehen zu integrieren, die allerdings komplett gar nicht zur Handlung beitragen. Am Ende sind die Protagonisten genauso schlau wie vorher, an dem gleichen Ort und mehr als den Verlust eines Crew-Mitglieds haben die letzten dreißig Minuten nicht gebracht.
Ein starkes Stück für einen Film, der mit 170 Minuten ohnehin schon sehr lang ist und durch das Weglassen dieses gesamten Handlungsstrangs wohl nur auf gut zwei Stunden gekommen wäre. Aber ökonomisches Storytelling war noch nie Christopher Nolans Stärke und die Inkludierung der Matt Damon-Situation hat eben vor allem den Fokus, damit auch ja für das anvisierte große Blockbuster-Popcornkino-Publikum genug Action im Geschehen ist. Aber was negative Sachen angeht war es das dann auch schon.

Die besten Roboter seit R2 und C3PO

Die Darsteller machen bei „Interstellar“ ihre Sache durch die Bank weg fantastisch und der Soundtrack ist ebenfalls ein absolutes Highlight. Ein Mix aus Synthesizer und Orgel gibt dem Geschehen eine so bedeutungsvolle wie religiös untermauerte Atmosphäre, nicht unpassend für den Exodus der gesamten Menschheit.

Doch daneben gibt es ein Highlight, welches wohl niemand so von „Interstellar“ erwartet hätte: Humor! Denn neben der Forscher-Crew sind zwei Roboter an Bord des Raumschiffs, die auf den ersten Blick aussehen wie laufende Snack-Automaten und sich ausfalten können wie ein Schweizer Taschenmesser. Trockene Kommentare und ein richtig gehend „sympathischer“ Charakter der Blechbüchsen führt dazu, dass die drolligen Roboter wohl von allen Zuschauern direkt ins Herz geschlossen werden. Und wem ganz am Ende die unglaublichen Ähnlichkeiten zu Luke Skywalker und R2 in ihrem X-Wing nicht auffallen, der sollte wohl seine Nerd-Karte wieder zurück an den Absender schicken.

Apropos Ende (und milde Spoiler): Abgesehen von der übergroß telegrafierten End-„Überraschung“ schafft es Nolan noch auf sehr elegante Art und Weise weitere Mysterien der Handlung zu erklären, während der eigentlich Epilog sogar deutlich „happy endiger“ ist, als man das im Vorfeld erwartet hätte. Fast so, als könnte man direkt Teil 2 folgen lassen. Aber bis dahin kann und sollte eigentlich jeder SciFi-Freund sich auf jeden Fall „Interstellar“ im Kino anschauen, denn die große Leinwand ist der Ort, wo man Nolans aktuellstes Werk erleben sollte. Die ausladende Optik in Kombination mit der einnehmenden Musik ist ein absolutes Erlebnis. Und das sage ich, der nun wirklich, wie langsam klar sein sollte, absolut kein Fan des Mannes ist.

So kommen wir im Endeffekt auf die

Filmbewertung: 7/10

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Wer aber ohnehin Nolans Stil mag, der kann mit Sicherheit noch zwei Punkte obendrauf rechnen. Und ganz am Rande: „Interstellar“ hat mit einer momentan zum Kinostart überall auftauchenden Uhren-Werbung sogar mit die passendste Cross-Promotion, die es seit vielen Jahren zu sehen gab.